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Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02

Titel: Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
Autoren: Rachel Hawkins
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    An einer normalen Highschool ist es ziemlich genial, wenn der Unterricht an einem schönen Maitag im Freien stattfindet. Es bedeutet, dass man in der Sonne sitzt, vielleicht ein paar Gedichte liest und sich eine sanfte Brise durchs Haar wehen lässt …
    An der Hecate Hall, auch bekannt als »Jugendknast für Monster«, bedeutete es allerdings, dass ich in einen Teich geworfen wurde.
    »Verfolgung von Prodigien« stand auf dem Stundenplan, oder besser, wie wir Prodigien – also alle Monster oder Ungeheuer wie Hexen, Zauberer, Elfen, Gestaltwandler und Vampire – diese Verfolgung überlebten. Meine ganze Klasse hatte sich an dem trüben Tümpel auf unserem Schulgelände versammelt, und die Lehrerin, Ms Vanderlyden – oder die Vandy, wie wir sie nannten – drehte sich gerade zu Cal um. Cal war mit seinen knapp neunzehn Jahren der Gärtner unserer Schule und hielt ein aufgerolltes Seil in den Händen, das ihm die Vandy nun abnahm. Er hatte am Teich auf uns gewartet und mir bei unserem Eintreffen kaum merklich zugenickt. Das war die Cal-Version einer stürmischen Begrüßung.
    Er gehörte definitiv zu den starken, schweigsamen Typen.
    »Haben Sie es mit den Ohren, Miss Mercer?«, fragte die Vandy und knetete das Seil in ihren Fäusten. »Ich hatte doch gesagt: Kommen Sie nach vorn!«
    »Also, Miss Vanderlyden«, erwiderte ich und gab mir alle Mühe, meine Nervosität zu verbergen, »sehen Sie das hier?« Ich deutete auf meine Lockenpracht. »Das ist eine Dauerwelle. Die habe ich erst gestern machen lassen, und insofern … na ja, meine Haare sollten also lieber nicht nass werden.«
    Ich hörte gedämpftes Gekicher, und neben mir murmelte meine Mitbewohnerin Jenna: »Nicht schlecht.«
    Als ich in Hecate noch ganz neu war, hätte ich mich garantiert nicht getraut, der Vandy einfach so zu widersprechen. Aber noch während des ersten Halbjahres hatte ich miterleben müssen, wie meine Urgroßmutter meine beste Freundfeindin getötet hat und wie der Junge, in den ich verliebt war, mit einem Messer auf mich losgegangen ist.
    Mittlerweile war ich also ein bisschen abgebrühter.
    Allerdings fand die Vandy offenbar keinen Gefallen daran. Ihre ohnehin schon mürrische Miene verfinsterte sich noch weiter und sie blaffte: »Hierher, und zwar sofort!«
    Leise gab ich ein paar erlesene kleine Flüche zum Besten und schob mich zwischen den anderen hindurch. Am Ufer kickte ich achtlos die Schuhe von den Füßen und streifte die Socken ab, bevor ich mich neben die Vandy in das seichte Wasser stellte. Unwillkürlich verzog ich das Gesicht, schleimiger Schlick quoll zwischen meinen Zehen hervor.
    Die Vandy fesselte mich derart schroff an Händen und Füßen, dass mir das Seil in die Haut schnitt. Sobald ich komplett verschnürt war, erhob sie sich und betrachtete mit Zufriedenheit ihr Werk. »So. Dann mal ab in den Teich.«
    »Ähm … und wie jetzt?«
    Ich hatte schon Angst, sie könnte von mir verlangen, durchs Wasser zu hüpfen, bis ich ganz darin versank. Diese Demütigung wollte ich mir lieber gar nicht weiter ausmalen. Doch da trat Cal vor – bestimmt wollte er mich retten.
    »Ich könnte sie vom Steg stoßen, Ms Vanderlyden.«
    Oder auch nicht.
    »Gut«, sagte die Vandy und nickte energisch, so als sei das die ganze Zeit schon ihr Plan gewesen. Dann beugte sich Cal vor und nahm mich auf die Arme.
    Wieder hörte ich die anderen kichern – einige seufzten sogar. Mir war durchaus bewusst, dass die meisten Mädchen ein lebenswichtiges Organ dafür gegeben hätten, einmal von Cal in die Arme genommen zu werden, aber ich lief trotzdem knallrot an. War das wirklich weniger peinlich, als ohne fremde Hilfe in den Teich zu stolpern?
    »Du hast ihr gar nicht zugehört, oder?«, fragte er leise, als wir uns von den anderen entfernten.
    »Stimmt«, erwiderte ich. Während die Vandy erklärt hatte, warum überhaupt einer von uns in den Teich gehen sollte, hatte ich gerade versucht, Jenna davon zu überzeugen, dass ich tags zuvor eben nicht deshalb zusammengezuckt war, weil mich irgendjemand »Mercer« genannt hatte, so wie Archer Cross es immer tat. Es war nämlich nicht deswegen gewesen. Und in der letzten Nacht hatte ich definitiv auch keinen durch und durch realistischen Traum von diesem einen Kuss, zu dem es im November zwischen Archer und mir gekommen war. Denn in dem Traum hatte die Tätowierung auf seiner Brust gefehlt, die ihn als Mitglied von L’Occhio di Dio ausgewiesen hätte, und so gesehen hatte es ja auch eigentlich
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