Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02

Mund anglotzen. Er strich mit dem Daumen über meine Unterlippe, und ein kleiner Funkenschauer blitzelte durch mich hindurch. »Bis bald, Sophie.«
    Dann trabte er auf Thorne Abbey zu und verschwand in dem brennenden Haus. Noch ein Name also, den ich mit auf meine Liste der Vermissten schreiben konnte.
    Ich habe einmal gehört oder gelesen, dass sich das Gehirn in traumatischen Situationen einfach abschaltet und direkt in den Überlebensmodus geht. Und genau das musste bei mir passiert sein, denn plötzlich hatte ich das Gefühl, als hätte mir jemand eine riesige Dosis Betäubungsmittel geradewegs ins Gehirn gespritzt.
    Ich wandte mich von Thorne Abbey ab und ging in Richtung Mühle. Ich lief nicht, ich rannte auch nicht. Ich ging einfach nur. Setzte einen Fuß vor den anderen. Geh zu Aislinn Brannick, hatte er gesagt. Da ist deine Mutter. Okay, na gut. Dann würde ich eben zu Aislinn Brannick gehen.
    Nachdem ich die Mühle erreicht hatte, fand ich die Kette ziemlich schnell. Nur ein paar Schritte davon entfernt lag Archers Schwert. Stimmt, er hatte es hier in dieser schrecklichen Nacht zurückgelassen, in der diese ganze Katastrophe ihren Anfang nahm.
    Als ich mich bückte und es hochhob, die stabile Klinge wog schwer in meiner Hand, waren meine Finger genauso taub wie der Rest von mir. Ich würde es einfach mitnehmen, nur für den Fall, dass ich Archer jemals wiedersah.
    Und im selben Augenblick spülte wieder dieses Gefühl über mich hinweg, dieser seltsam hellseherische Impuls, den ich verspürte, seit ich Graymalkin verlassen hatte. Aber diesmal war es kein Grauen, das über mir zusammenschlug, und auch keine Furcht.
    Es war Glück. Hoffnung.
    Ich würde ihn wiedersehen. Keine Ahnung, woher ich das wusste. Ich wusste es einfach.
    Meine Magie flackerte nutzlos in mir auf, doch sie war immerhin noch da, und ich spürte, wie die Taubheit von mir abfiel und zugleich eine stählerne Entschlossenheit an ihre Stelle trat. Wenn Archer diese Nacht überleben konnte, dann konnten Dad und Cal es möglicherweise auch. Und Jenna, wo immer sie sein mochte, ebenso.
    Und gemeinsam hatten wir ja vielleicht sogar eine Chance, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Mit einer Hand hielt ich das Schwert fest und mit der anderen legte ich mir die Kette um den Hals.
    »Aislinn Brannick«, murmelte ich leise vor mich hin. »Wo immer du auch bist, ich hoffe wirklich sehr, dass Cal dich richtig eingeschätzt hat.«
    Dann trat ich in den Itineris.

 
    Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel
    »Demonglass« bei Hyperion Books, New York,
    an imprint of Disney Book Group
     
     
    Deutschsprachige Erstausgabe März 2011 bei LYX
    verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH,
    Gertrudenstraße 30–36, 50667 Köln
    Copyright © 2011 by Rachel Hawkins
    Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
    bei EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
    Alle Rechte vorbehalten
     
    Umschlaggestaltung: HildenDesign, München
    www.hildendesign.de
Umschlagillustration: © Birgit Gitschier
    unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock
    Redaktion: Joern Rauser
    Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln
    ISBN 978-3-8025-8454-1
     
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