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Ein Tag und zwei Leben (Episode 1)

Ein Tag und zwei Leben (Episode 1)

Titel: Ein Tag und zwei Leben (Episode 1)
Autoren: Adriana Popescu
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zumindest treu. Daran sollte sie sich ein Beispiel nehmen. Damian packt Simone am Arm und zieht sie in Richtung Tür.
    »Hör auf, so einen Mist zu reden!«
    »Aber es stimmt doch! Und alle wissen es!«
    Wieso Simone jetzt so laut wird, kann ich nicht nachvollziehen. Oder klingt es nur in meinem Kopf so laut, weil es mir nicht gut geht? Damian stellt sich zwischen sie und mich; mir bleibt nur der Blick auf seinen langen, schwarzen Mantel. Was mir ehrlich gesagt um einiges lieber ist, als die Szene, die ich eben ertragen musste. Zumindest hat er seine Hosen wieder an. Ob ich die Bilder so schnell wieder vergessen kann?
    »Sie ist meine beste Freundin. Gewöhn dich endlich dran!«
    Damians Stimme gleicht einem Zischen. Ich bin seine beste Freundin! Er stellt sich auf meine Seite. Obwohl ihm genau die Frau, die ihm gerade gegenüber steht, soeben einen geblasen hat. Ich nehme an, neunzig Prozent der Männer wären jetzt nicht mal in der Lage, einen Satz am Stück über die Lippen zu bringen. Aber Damians Gehirn scheint noch (oder wieder) zu funktionieren.
    »Wenn du großer Bruder für sie spielen willst, weil ihrer auf die Gleise gesprungen ist, schön und gut, aber ….«
    Weiter kommt sie nicht, denn ich schubse Damian aus dem Weg und werfe mich mit meinem ganzen Körpergewicht von 54 Kilo, bei einer Größe von 1,68 Meter, gegen sie. Sie prallt gegen die Wand und sieht mich aus großen Augen an. Nein, ich neige nicht zu solchen Ausbrüchen und bin eher eine ruhige Person. Aber was sie gerade gesagt hat, das hat in meinem Inneren einen Schalter umgelegt. Zwar dreht sich noch immer alles, aber in eine andere Richtung. So, als würde die Zeit zurückgedreht werden, als würden alle Erinnerungen noch einmal abgespult.
    Damians Hand packt meine Schultern und er versucht, mich von Simone wegzuziehen, aber ich will, dass sie sich entschuldigt. Dass sie es zurücknimmt. Sie soll es laut und deutlich sagen! Aber sie bleibt stumm und ihre Augen sind ängstlich. Damians Arme legen sich um meine Hüfte. Diesmal gelingt es ihm mit viel Kraft, mich über den Flur ins Badezimmer zu ziehen. Schnell schlägt er die Tür zu und lehnt sich von innen dagegen, während ich einen zweiten Versuch starte und ihn von seinem Platz ziehen will. Meine Wut ist enorm, und ich meine zu erahnen, dass es eine Mischung aus all den widersprüchlichen Gefühlen ist. Simone hat den letzten entzündeten Nerv in einem Bündel von entzündeten Nerven getroffen. Wieder spüre ich die Tränen und wieder will ich nicht weinen, aber ich bin zu wütend, um mich zu beruhigen! Erst als Damian beide Arme um mich legt und mich fest an sich drückt, fühlt es sich an, als ob jemand den Stecker gezogen hat. Meine Energieversorgung ist durchtrennt. Ich sinke zu Boden und einmal mehr ist es Damian, der mich hält.
    »Sie hätte das nicht sagen dürfen. Und sie hat es ganz sicher nicht so gemeint.«
    Es spielt für mich keine Rolle, ob Leute es meinen oder nicht. Sie sagen es. Sie denken, Timo war verrückt oder krank, als er damals einen endgültigen Schlussstrich gezogen hat. Dabei war er nur hilflos. Unendlich hilflos … Das muss niemand verstehen, ich tue es selber auch nicht. Aber sie sollten es nicht bewerten. Sie kannten ihn nicht, nicht so wie ich. Sie wissen nicht, wie es ihm ging und wie sehr er das Leben geliebt hat, bevor er keinen Ausweg mehr gesehen hat. Und sie wissen nicht, wie sehr er mir fehlt. Aber ich muss nichts sagen, weil Damian das alles weiß. Weil er damals da war und stumm meine Hand gehalten hat, als alles gesagt war, und mir die unendlichen Wiederholungen der Beileidsbekundungen wie auswendig gelernte Sprüche vorkamen.
    »Es tut mir leid.«
    Er fährt mir kurz über die Wange und lächelt mich dann sanft an.
    »Du hast dem Begriff catfight eine ganz neue Bedeutung gegeben.«
    Tatsächlich bekommt er für diese Bemerkung ein leichtes Lächeln. Nicht weil es besonders witzig ist, sondern weil er mich aufmuntert und mich in seinen Armen hält. Und weil er nie etwas Schlechtes über Timo gesagt hat. Nicht damals, nicht alle Tage danach und nicht heute. Er wühlt eine Packung Kaugummis aus seiner Hosentasche und reicht mir einen Streifen.
    »Den könntest du gut gebrauchen.«
    Dabei zwinkert er mir zu. Dankend packe ich einen Kaugummi mit meinen noch immer zittrigen Fingern aus.
    »Es tut mir leid, dass ich so ausgeflippt bin.«
    »Schon okay. Es ist doch keine echte Party, wenn nix zu Bruch geht.«
    »Lea? Lea! Bist du da drinnen?«
    Es
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