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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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Abteilungsleiter Z. Minister und Staatssekretär sind schon seit einigen Tagen auf Dienstreisen.«
    »Danke«, sagte Freiberg und legte den Hörer zurück. »Scheint ein vernünftiger Kerl zu sein, das erleichtert uns die Arbeit. Und nun der Griff in die Wundertüte: Brief Nummer zwei. Jetzt dürfen wir nicht nur, jetzt müssen wir ihn öffnen.«
    »Leute, laßt den Kaffee nicht kalt werden«, mahnte Fräulein Kuhnert. »Wer weiß, ob er später noch schmeckt.«
    »Sie haben recht. Prost Kaffee! Und nun zuhören bitte, ich lese vor: Anschrift fehlt, Datum von Mittwoch, Uhrzeit 13 Uhr. Absatz.
    Wer mit den Verhältnissen des Posteingangs in einem Ministerium vertraut ist, dürfte wissen, daß mir dieser Brief ungeöffnet zugeleitet wird. In diesem Fall werde ich Gelegenheit haben, selbst darüber zu entscheiden, ob die Aufzeichnung als Dokument erhalten bleibt, oder ob ich sie im Sinne meines Auftrages vernichte. Absatz.
    Für den Fall, daß der Brief nicht in meine Hände gelangt, teile ich der Polizei folgendes mit: Auf Grund eines persönlichen und streng vertraulichen Auftrags meines Ministers habe ich 25 Millionen DM, die nach dem Haushaltsgesetz für Staatsausgaben in Deutschland bestimmt waren, über das Bankensystem zur Verfügung der Regierung eines Ostblockstaates transferiert. Der Geldtransfer sollte dazu dienen, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu verbessern und beim Abbau von internen Schwierigkeiten des Empfängerlandes selbstlos zu helfen. Der nach einem Jahr pünktlich zurückgezahlte Betrag wurde von mir als Abwickler in den Haushalt des Bundes zurückgeschleust.
    Ich stelle fest: Das Empfängerland hat seine Verpflichtungen nach Ablauf des Jahres voll erfüllt. Die 25 Millionen DM stehen der Bundesregierung wieder zur Verfügung. Absatz.
    Nunmehr ist eine Entwicklung eingetreten, die nicht vorhersehbar war. Ich habe am Freitag gegen 15 Uhr die telefonische Nachricht erhalten, daß das Empfängerland 1000000,- DM Zinsgewinn sofort an die Bundesrepublik abführen wolle, und zwar noch vor dem Wahltag. Das Empfängerland möchte sich im Falle eines Regierungswechsels der neuen Bundesregierung gegenüber nicht im Obligo fühlen. Absatz.
    Auf Grund der im Rahmen meiner Vollmacht mit dem Kontaktmann der Gegenseite, Michail Artanow von der Firma Comport in Beuel, getroffenen Absprache, habe ich noch am Freitagnachmittag 1000000,- DM in bar auf dem Petersberg (bundeseigenes Gelände) entgegengenommen und darüber eine mit meiner Unterschrift und dem Dienstsiegel Nr. 26versehene Empfangsbestätigung erteilt.
    Ich hatte bisher keine Gelegenheit, meinen Minister über den Vorgang zu informieren. Ihm gegenüber habe ich mich durch Handschlag verpflichtet, mit keinem Dritten über dieses Staatsgeheimnis zu sprechen. – Wenn der an mich adressierte Brief in die Hände der Polizei gelangt, ist meine ehrenwörtliche Schweigepflicht hinfällig. Die Polizei wird nur auf Grund meiner Informationen in der Lage sein, ein möglicherweise begangenes Verbrechen aufzuklären.«
    »Das ist ja spannender als jeder Krimi im Fernsehen«, unterbrach Freiberg seine Vorlesung und bat um eine zweite Tasse Kaffee. Dann las er weiter: »Wegen der Besonderheit dieses Staatsgeschäfts war es mir nicht möglich, den unerwartet eingegangenen Betrag von 1 Mio DM bei Banken oder Sparkassen einzuzahlen. Ich habe jedoch einen Teilbetrag von 100000,- DM mit einer Laufzeit von einem Monat verzinslich anlegen können. Empfänger des Geldes ist Freddy Nelson in Königswinter, der einen kurzfristigen Kreditbedarf hatte, um die fällige Rate für das Gästehaus ›Sonnentiegel‹ zahlen zu können. Ich habe in Anbetracht der besonderen Umstände davon abgesehen, etwas schriftlich festzuhalten. Zeugin für die getroffenen Vereinbarungen ist Evelyn Wohlfahrt, die im Gästehaus für den Restaurationsbetrieb zuständig ist und mein volles Vertrauen hat. Absatz.
    Der Kreditnehmer Nelson hat nun am Dienstag und Mittwoch versucht, mich unter Druck zu setzen. Er verlangt von mir weitere 300000 DM. Absatz.
    Ich habe den Eindruck gewonnen, daß Nelson davon ausgeht, ich hätte den ihm bereits gewährten Betrag von 10000 DM durch unredliches Verhalten erlangt und sei daher erpreßbar. Er hat mir für die Zahlung der weiteren 300000 DM eine letzte Frist bis heute 20 Uhr gesetzt. Ich rechne damit, daß Nelson äußersten Druck ausüben wird, um mich zu dieser Zahlung zu nötigen. Diesem Druck werde ich unter keinen Umständen nachgeben. Absatz.
    Der
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