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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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    Kapitel 1
     
     
     
    Andreas Falkenhorst führte eine Bilderbuchehe mit einer Frau zum Vorzeigen, einer ehrgeizigen Künstlerin, in einem gediegenen Haus mit Atelier und Swimmingpool. In dieser Welt suchte er seine Zuordnung und Selbstdarstellung. Er glaubte, in Bonns besseren Kreisen wisse niemand von seinem karrierebedrohenden Hang zu den geschmeidigen Damen im »Sonnentiegel« am Rhein. – Das war sein Irrtum!
    Falkenhorst hielt sich für einen Beamten der Spitzenklasse, für eine Führungskraft mit Zukunft. – Das war zunächst kein Irrtum! In der Gunst des Ministers stand er ganz oben an, weil er geübt war, Geheimnisse zu wahren. Eines zumindest teilte er mit seinem Dienstherrn: ein Staatsgeheimnis! Keine Akte gab Kunde von der Transaktion. Viel Geld war bewegt worden – vorbei am Parlament und am Haushaltsplan, dem Schicksalsbuch der Nation. Zuviel Geld für ein Geheimnis!
    Da die Staaten hinter dem Eisernen Vorhang auch solche Transfers peinlich genau abzuwickeln pflegen, hätte die Frage nach Gebühren und Zinsen mehr Aufmerksamkeit erfordert, als ihr bisher zugewendet worden war.
    Bis zum Telefonanruf am Freitag, ausgerechnet auch noch dem Dreizehnten des Monats, hatte Andreas Falkenhorst durchaus im Einklang mit seiner Neigung und seiner Pflicht gelebt.
    Der Anruf erreichte ihn an seinem Schreibtisch im Ministerium. Das Gespräch war nicht über die Zentrale gelaufen, sondern direkt auf seiner Durchwahlnummer angekommen. Weil sich ihm der Akzent der etwas harten und rollenden Stimme eingeprägt hatte, vermochte er den Anrufer schon bei den ersten Worten zu identifizieren und brauchte nicht nach dem Namen zu fragen.
    »Herr Ministerialrat«, klang es spröde in einem fast korrekten, wenn auch von der Sprachmelodie her etwas fremden Deutsch, »Sie erinnern sich meiner? Sie hatten unserer Firma vor einiger Zeit einen Auftrag erteilt.«
    »Gewiß«, antwortete Falkenhorst. »Aber ich habe keine Fragen mehr. Ihre Firma hat ordnungsgemäß abgerechnet – zu meiner vollen Zufriedenheit.«
    »Auch uns hat der Auftrag sehr gefreut. Dank der Vorkasse konnten wir sehr günstig disponieren, so daß wir jetzt die Möglichkeit haben, Ihnen angemessene Zinsen gutzubringen. Wir haben uns an der Bankenüblichkeit orientiert und zahlen Ihnen neben den Gebühren zusätzlich weitere vier Prozent.«
    Falkenhorst rechnete blitzschnell nach: Bei fünfundzwanzig Millionen für ein Jahr stand jetzt ein unverhoffter Gewinn von einer Million ins Haus. »Ich erinnere mich im Moment nicht, ob und wie eine Zinsvereinbarung konditioniert war«, antwortete er vorsichtig und zurückhaltend.
    »Wir unterstellen allgemeine Geschäftsbedingungen und Vorzugskonditionen für erste Adressen«, sagte die spröde Stimme. »Ich habe mich jedenfalls eines klaren Auftrages zu entledigen und bitte Sie, mir den Zahlungsweg anzugeben. Der Betrag ist sofort verfügbar und kann von Ihnen selbstverständlich auch in bar übernommen werden.«
    Nach einer nur kurzen Pause sagte Ministerialrat Falkenhorst: »Ich werde das im Hause klären. Wann und wo kann ich Sie erreichen?«
    »Sie wissen«, ließ sich die Stimme vernehmen, »mein Außendienst läßt mir wenig Zeit. Ich werde mich um vierzehn Uhr wieder melden. Die Angelegenheit sollte möglichst noch heute, spätestens jedoch morgen erledigt werden. Am Sonntag könnten sich die Verhältnisse zu sehr geändert haben. – Ich habe einen gestrengen Chef.«
    Obwohl sein Gesprächspartner es nicht wahrnehmen konnte, nickte Falkenhorst einige Male. »O ja, ich weiß«, sagte er verständnisvoll. »Also dann erwarte ich Ihren Anruf in drei Stunden.«
    Es machte »klick« in der Leitung – der Teilnehmer hatte aufgelegt. Das Gespräch war sicher in der »Firma« elektronisch aufgezeichnet worden. Auch der klärende Rückruf würde sich im Eisenoxyd des Tonbandes wiederfinden lassen. Binnen drei Stunden mußte Klarheit geschaffen werden.
    Falkenhorst folgte einem durch Diensteid und Routine gesteuerten Impuls. Er begann, den Fall zu bearbeiten. Doch das war nicht so einfach. Eine Gesprächsnotiz durfte nicht angefertigt werden; den Amtsboten durfte er nicht mit einem »Dringend – sofort auf den Tisch!« zum Registraturleiter in Marsch setzen, denn von dort war keine Akte zu erwarten. Im Ministerium gab es keinen Vorgang in den sorgfältig beschrifteten Ordnern. Dieser Fall hatte, jedenfalls für die deutsche Seite, eine großartige Dimension des Unwirklichen, eine Dimension mit einer Eins und sechs
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