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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
Autoren: Laura Mundson
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Zeitpunkt meines Lebens noch nicht veröffentlichten Romanen publiziert sähe. Natürlich für einen immensen Honorarvorschuss, mit ungeheurem Presseecho und einer Welttournee. Ach, und bevor ich’s vergesse, mit einem Pulitzer. Oder auch nicht. Das ist mir eigentlich nicht mehr wichtig. Ich habe ja mit dem Leiden aufgehört. Tatsächlich. Habe ich Sie überzeugt? Bin ich davon überzeugt? Nun, wir werden es ja sehen, nicht wahr?)

    Bevor wir hier völlig in Sarkasmus abgleiten, lassen Sie mich noch eines sagen: Ja, mir ist durchaus bewusst, dass es noch viel schlimmeres Leid gibt als das hier beschriebene. Und ja, es stimmt, dass ich im weißen Tennisdress in einem stinkfeinen Country Club in Chicago aufgewachsen bin, eine Prep School in New England besucht habe und Debütantin war, auch das. Aber glauben Sie mir, all diese Faktoren erleichtern einem das Glücklichsein nicht. Nicht in dem Sinne, wie ich Glück verstehe. Nicht frei. Genau genommen verleiten einen solche Dinge sogar dazu, vorzugeben, man sei glücklich. Und diese Täuschung bedeutet natürlich wieder Leid. Leid ist übrigens ein relativer Begriff; es kommt immer darauf an, wie betroffen man letztlich persönlich ist – und das ist man ziemlich, wenn man – wie ich – die Welt verändern möchte. Aber bevor wir uns dem großen Horizont widmen können, müssen wir dort beginnen, wo wir Kontrolle und Verantwortung haben, das ist mal wieder der erste Punkt, um anzusetzen.
    Das gilt für Sie genauso. Für Sie und mich. Wir brauchen einander, zumindest auf den Seiten dieses Buches. Da müssen wir jetzt gemeinsam durch. In welcher seelischen und geistigen Verfassung befindet sich denn Ihr Ehemann/Ihre Ehefrau/Ihr Partner/Ihre Partnerin/Ihr Freund/Ihre Freundin/Ihr Kind/Ihr Bruder/Ihre Schwester/Ihre Mutter/Ihr Vater/Ihr Verwandter? Und sind Sie sich da ganz sicher?
    In diesem Moment meines Lebens besitze ich zum ersten Mal überhaupt Fingernägel und nicht nur gerötete Stummel, wie ich sie sonst liebevoll zu nennen pflege. Unbewusst habe ich mit einer vier Jahrzehnte währenden Gewohnheit gebrochen. Ich habe einfach neulich hinuntergeblickt und gesehen, dass ich welche besitze. Und sobald ich mit diesem Kapitel fertig bin, werde ich mir, anstatt sie alle wieder abzubeißen, meinen ersten Termin für eine Maniküre buchen.

    Bislang war ich der Ansicht, Glück sei ein Mythos, den sich die Leute bei Walt Disney ausgedacht haben. Wir waren mal in Disney World. Und hatten uns für das Abendessen mit Dornröschen angemeldet, doch das sah aus, als hätte es schon ein paar Psychopharmaka geschluckt. Nicht gerade glücklich jedenfalls.
    Mir ging es ähnlich. Ich hätte mir gewünscht, Onkel Walt hätte im Magic Kingdom ein paar alkoholische Getränke vorgesehen. Nicht mal bei den Piraten der Karibik gab es irgendeinen Drink mit Rum. Aber diese Vorstellung hatte damit zu tun, dass ich Glück damals noch für eine Art Ausrede hielt. Oder mit anderen Worten: etwas, das man von außen in sich hineinholen musste. Und das selbst für den Fall, dass es je existiert hatte, am Ende von Disney gekillt worden war.
    Genauso hielt ich Freiheit für eine Ausrede. Und wenn der eigene Mann der Mülltonne und der Bar oder seiner Bürocouch oder sogar einer anderen Frau den Vorzug vor einem selbst gab und das nicht das Bedürfnis weckte, sich und vielleicht auch ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen … dann war man nur eines: eine dumme Nuss. Eine dumme Nuss, die ein bescheuertes Leben führte. Und so läuft es nun einmal.
    Also gießen Sie sich ein Glas ein und jammern Sie ihrer ballastlosen, mit 41 immer noch ranken und schlanken Freundin die Ohren über Ihren Mann voll. Es ist wahrscheinlich dieselbe, die jetzt gerade in irgendeinem billigen Motel am Stadtrand neben ihm liegt und Komplimente über ihren immer noch knackigen Po, ihre glatten Wangen und ihre immer noch beachtlichen Beine einsackt.
    O nein! Nicht die Opferrolle! Ich bin entgleist. Ich … ich … kann mich einfach nicht zurückhalten.
    Dieser Mistkerl!
    Atmen. Koch dir einen Tee.

    Ich will aber nicht atmen. Und ich will auch keinen Tee.
    Ich will Kaffee! Schwarz und stark und … aufbrausend.
    Ich will, ich will, ich will! Wie soll ich diese Strategie nur jemals in die Praxis umsetzen?
    Aber ich weiß … man darf nur von einem Moment zum nächsten schauen. Und dann wieder zum nächsten.

    9.30 Uhr. Derselbe Morgen.

    Meine zwölfjährige Tochter kommt weinend zu mir, weil eine ihrer besten Freundinnen nicht
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