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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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der Luftzug war immer stärker zu spüren.
    Doch auch die Stimmen in seinem Rücken wurden lauter. Die Afghanen kamen.
    »Lass mich hier und geh allein weiter«, hauchte Sandrine schwach.
    Patrik sah ihr schmerzverzerrtes Gesicht im Halbdunkel. Von irgendwoher fiel schwaches Licht ein.
    Er nahm alle Kraft zusammen und versuchte schneller zu gehen. Die Höhle wurde immer heller, und nach einer Biegung sah Patrik endlich, worauf er gehofft hatte: Der Gang führte steil nach oben, und in etwa hundert Metern Entfernung war ein Stück Himmel zu erkennen.
    Für einen Augenblick wurde Patrik von einem Gefühl des Triumphes erfasst, aber nur kurz. Selbst wenn sie es schafften, rechtzeitig den Höhlenausgang zu erreichen – was käme danach?
    Er umfasste Sandrine fester, holte tief Luft und begann mit dem Aufstieg. Mit aller Kraft schleppte er sich vorwärts, obgleich das Gefühl aus seinen Armen und Beinen wich.
    Der Himmel rückte immer näher und war doch so fern. Jeden Moment konnte er von einem Schuss getroffen werden, und dann würde er mit Sandrine in ewiger Finsternis versinken.
    Als er es endlich nach draußen geschafft hatte, blendete ihn das Tageslicht. Vorsichtig legte er Sandrine auf demFelsboden ab und ließ sich neben sie fallen. Für einen Moment lag er reglos da, vollkommen erschöpft.
    Dann öffnete er wieder die Augen und schaute Sandrine an. Ihre Augen waren geschlossen, die Haare klebten an der feuchten Stirn, über die sie mit der blutverschmierten Hand gewischt hatte. Aber sie atmete, ihr blutender Oberkörper hob und senkte sich.
    Von unten näherten sich Stimmen.
    Patrik sah sich um. Neben der Höhlenöffnung lagen große Felsbrocken. Er rappelte sich hoch, obwohl ihm die Knie versagen wollten. Er versuchte, einen der Steine zu bewegen, doch der rührte sich nicht vom Fleck. Keuchend sammelte er neue Kräfte und probierte einen anderen, kleineren Stein. Der bewegte sich, und Patrik gelang es, ihn in die Höhlenöffnung zu wälzen.
    Dort prallte er gegen andere Steine und setzte eine Lawine in Gang. Die würde die Verfolger eine Weile aufhalten, aber nicht lange.
    Und ihm fehlte die Kraft, weitere Steine zu bewegen.
    Dann hörte er von irgendwo ein gleichmäßiges rhythmisches Geräusch. Patrik traute seinen Augen nicht: Am Himmel sah er einen Hubschrauber näher kommen. Ob es ein amerikanischer war oder nicht, er schwenkte beide Arme und schrie aus Leibeskräften, obwohl er wusste, dass Rufen sinnlos war. Zu seiner enormen Erleichterung stellte er bald fest, dass man ihn gesehen hatte. Der Helikopter kam näher und landete, eine Staubwolke aufwirbelnd.
    Patrik taumelte zu Sandrine.
    »Halt noch ein bisschen durch«, stammelte er erschöpft und wollte gar nicht daran denken, was für ein Risiko er eingegangen war, falls sich diese Retter als Amerikaner entpuppen sollten.
    Sobald der Hubschrauber gelandet war, stürzten bewaffnete Soldaten mit Helmen heraus.
    »Taliban-Kämpfer«, sagte Patrik und deutete mit letzter Kraft auf die Höhle.
    »Wer seid ihr?«, fragte ein Soldat, dessen Akzent nicht amerikanisch klang.
    Patriks Blick fiel auf den Union Jack an der Uniform des Mannes. »Wir waren in dem entführten Flugzeug, eine Gruppe von Taliban hat uns gefangen genommen   …«
    Der Brite schaute seine Kameraden an und sagte: »Das hat anscheinend mit der Operation der Amerikaner zu tun, über die sie uns keine Informationen geben wollen. Holt die Bahre!«
    Ein Soldat rannte zum Hubschrauber zurück. Zwei andere Männer näherten sich mit ihren Waffen dem Höhleneingang.
    Patrik spürte, wie die Erschöpfung sein Bewusstsein trübte. Er kämpfte gegen die Ohnmacht an und sah, wie Sandrine auf eine Bahre gelegt und zum Helikopter getragen wurde.
    Ein Soldat bot Patrik Hilfe an, aber er schüttelte den Kopf, stand auf und folgte taumelnd den Männern, die Sandrine trugen. Man zog ihn in den Hubschrauber, wo er sich neben Sandrines Bahre auf den Boden fallen ließ.
    »Sanitätsleutnant Winters«, stellte sich der Mann vor, der sich um die Patientin kümmerte. »Was ist passiert?«
    »Die Taliban haben uns gefangen genommen   … wir sind geflohen. Eine Kugel hat Sandrine getroffen   …«, bekam Patrik heraus.
    »Sind Sie auch verletzt?«
    Patrik schüttelte den Kopf. »Konzentrieren Sie sich auf sie   …«
    Die Soldaten zogen sich vom Höhleneingang zurück, offenbar hatten die Verfolger aufgegeben, als sie den Hubschrauber hörten. Sobald alle an Bord waren, stieg der Chinook mit dem Doppelrotor
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