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Ein Schlag ins Herz

Ein Schlag ins Herz

Titel: Ein Schlag ins Herz
Autoren: Ilkka Remes
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Als Sicherheitsberater des Weißen Hauses hatte er mehrere geheime Berichte gelesen, die alle denselben Tenor hatten: Die Taliban wurden stärker. Und jetzt konnte er sich selbst davon überzeugen.
    Der Afghane kam mit seiner Videokamera näher. Er filmte jeden Gefangenen einzeln.
    »Redet in die Kamera, sagt etwas zu euren Angehörigen und eurem Präsidenten«, verlangte der Mann.
    Die anderen Afghanen standen etwas abseits um eine Karte und einen Laptop herum und diskutierten. Alles, was Pearson sah, bewies: Diese Männer waren bestens ausgebildet und verfügten über potente Geldgeber.
    Die Kamera näherte sich Pearson. Er überlegte, was er seiner Frau und seinen beiden Töchtern sagen sollte. Konnte er den Analytikern der CIA eine versteckte Botschaft übermitteln?
    Er versuchte auszurechnen, in welchem Teil des Landes sie sich genau befinden mochten, aber das war unmöglich. Eventuell waren sie sogar auf der pakistanischen Seite. Außerdem verfügten die Taliban über ein effektives Spionagenetz. Auch wenn Pakistan ein Verbündeter der Vereinigten Staaten war, gaben seine Geheimdienstagenten doch immer wieder detaillierte Informationen über die Bewegungen und Strategien der amerikanischen Truppen in Afghanistan an die Taliban weiter. Gäbe er also dem CIA einen Positionshinweis, konnte eine geplante Befreiungsaktion der Amerikaner über den pakistanischen Geheimdienst bis zu den Taliban durchsickern.
     
    Patrik starrte auf das Gesicht der bewusstlosen Sandrine, bis er merkte, dass der Helikopter zur Landung ansetzte.
    Mitten in der ebenen Sandwüste war ein großes Zeltlager zu erkennen. Man sah Helikopter, Düsenjäger und Panzerwagen in Reihen stehen. Gerade waren zwei weitere Chinook-Helikopter gelandet, aus denen verwundete Soldaten zum Feldlazarett getragen wurden.
    Sobald die Räder des Hubschraubers den Boden berührten, liefen Sanitäter mit Rollbahren auf sie zu. Ein Stück entfernt stand eine Gruppe von Soldaten vor einem weißen Zelt. Einige von ihnen trugen hellgrüne Westen. Auch zwei Männer in Zivil waren unter ihnen, einer davon filmte mit einer Videokamera den Transport von verwundeten Soldaten zum Lazarettzelt.
    »Trauma eins bereit machen!«, rief der Sanitätsleutnant den herbeilaufenden Leuten zu.
    »Dort herrscht ziemliches Gedränge, es gibt mehrere Schwerverwundete. Splitterbomben und so weiter   …«
    Sandrine wurde auf eine Bahre gelegt. Patrik versuchte aufzustehen, aber seine Beine knickten ein. Er hätte sagen wollen, dass Sandrine zuerst in den OP gebracht werden müsse, aber er wusste, dass gerade sie das nicht gewollt hätte.
    Die Soldaten halfen ihm auf die andere Bahre.
    »Ich bin nicht verletzt«, beteuerte er.
    »Wir untersuchen das«, sagte die Frau, die seine Bahre schob. »Bleiben Sie nur liegen.«
    Patrik hob den Kopf. Sandrine wurde vor ihm transportiert. Der Sanitätsleutnant, der neben ihrer Bahre herlief, hielt einen Infusionsbeutel in die Höhe.
    »Die Frau dort«, sagte Patrik zu der Krankenschwester, die neben ihm ging. »Sie ist Ärztin   … Sie hat Hunderten Menschen das Leben gerettet, genau unter solchen Feldlazarettbedingungen wir hier, nur in Afrika.«
    Die Krankenschwester nickte. Dann lief sie zu dem Sanitätsleutnant hinüber und sagte etwas zu ihm.
    Der Mann warf einen raschen Blick auf Patrik und eilte weiter auf die Gruppe vor dem Zelteingang zu.
    Die Krankenschwester kam zu Patrik zurück.
    »Sie wird von den Chirurgen erwartet«, erklärte sie. »Die werden die Situation beurteilen.«
    Der Sanitätsleutnant sprach mit den Leuten vor dem Zelt. Sandrine wurde sofort hineingebracht.
    Gewaltige Hitze und Feuchtigkeit schlugen Patrik entgegen, als der Zelteingang geöffnet wurde. Hinzu kamen der Geruch von Blut und Kot. Die Zustände waren schlichtweg chaotisch. Männer und Frauen in grünen Westen hantierten um zahllose verwundete Soldaten herum. Die Gesichter vieler Schwerverletzter spiegelten blankes Entsetzen wider. Auch afghanische Zivilisten lagen in denBetten: Männer, Frauen und Kinder, deren Schreien und Jammern den Raum erfüllte. Neben Patrik hatte sich eine Krankenschwester über einen schlimm verwundeten Soldaten gebeugt, sie hielt ihm die Hand.
    Zwei Männer in grauen Schutzwesten standen bei Sandrine und justierten ein elektronisches Gerät über ihrem Oberkörper.
    »Das ist ein mobiler digitaler Röntgenapparat«, sagte die Schwester zu Patrik.
    »Was für ein Ort ist das hier?«
    »Camp Bastion, das Feldlazarett der britischen
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