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Ein Sarg für zwei

Ein Sarg für zwei

Titel: Ein Sarg für zwei
Autoren: Michelle Rowen
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in
Ordnung?«, erkundigte er sich.
    Ich nickte.
»Ich wollte mich gerade zu meinem Bewerbungsgespräch aufmachen.«
    »Hi,
Thierry.« Heather lächelte ihn strahlend an, obwohl ich wusste, dass sie zu der
Abteilung gehörte, die ihn nicht besonders mochte. »Ich warte hier auf dich,
Sarah, okay?« Sie entfernte sich gerade weit genug, um uns ein bisschen
Privatsphäre zu geben.
    Thierry sah
mich an. Seine Augen waren mittelgrau, aber irgendwie schimmerten sie
metallisch-silbrig. Bis man sich daran gewöhnt hatte, war das schon ein
bisschen gruselig.
    »Du brauchst
keinen anderen Job«, erklärte er.
    »Und ob ich
den brauche. Ich benötige einen netten, normalen Job, damit ich meine
Rechnungen bezahlen kann.« Ich fischte den Cent aus dem Saftglas, der sich am
Boden verklemmt hatte, und verstaute das Geld in der Reißverschlusstasche
meiner Geldbörse. »Ich wollte mir ein neues Kleid für das Klassentreffen
kaufen, aber das kann ich mir nicht leisten. Deshalb muss ich Amy fragen, ob
sie mir etwas leihen kann.«
    In zwei
Tagen fand mein zehnjähriges Schultreffen statt. Obwohl ich in den letzten
zweieinhalb Monaten seit meiner Metamorphose zum Vampir in ständiger
Lebensgefahr schwebte, hatte sich die Lage doch so weit beruhigt, dass ich das
Ereignis auf keinen Fall verpassen wollte. Es war mein letzter Auftritt als
»normale« Person, bevor ich unfreiwillig und unwiderruflich mein neues Leben
als Vampir annehmen würde. Genau, mein Leben als Vampir. Dass Vampire
Un-Tote wären, war nur ein unseliges Gerücht, genau wie die Unterstellung, dass
ich eine wandelnde Massenvernichtungswaffe wäre.
    Im Moment
kursierte gerade das Gerücht in der Szene, ich wäre die »Schlächterin der
Schlächter«. Tztz. Da legte man nichtsahnend in Notwehr einen miesen
Vampirjäger um, was die Legende zu zwölf Jägern aufbauschte, die ich .angeblich
allein mit meinen zwar ordentlich manikürten, aber todbringenden Händen ermordet
hätte, und schon ist der Ruf eines Mädchens ruiniert.
    Ich fand das
zwar furchtbar, aber vermutlich war es einer der Gründe, aus dem Heathers
Freund Josh eingewilligt hatte, mich nachts um diese verrückte Uhrzeit zu einem
Vorstellungsgespräch zu empfangen. Er war von meinem Ruf schwer beeindruckt.
Von mir aus! Wenn es mir half, einen coolen Job zu finden, würde ich meinen
Ruf, so gut es King, ausnutzen.
    Thierry
runzelte die Stirn. »Natürlich solltest du etwas Neues zum Anziehen haben.
Wieso hast du mir nicht früher etwas gesagt?« Seine Hand glitt in die
Vordertasche seiner schwarzen Anzugjacke, kam mit einer Geldklammer wieder
heraus, und mit der anderen zupfte er ein paar Scheine ab. »Wie viel brauchst
du? Sind tausend genug?«
    »...ja, das
dürfte genügen.« Beim Anblick der Geldscheine lief mir das Wasser im Mund
zusammen, aber ich zwang mich, es herunterzuschlucken. »Warte, Thierry, bitte.
Ich ... ich möchte kein Geld mehr von dir annehmen.«
    »Wie meinst
du das?«
    Neunzig
Prozent meines Wesens gierten nach diesem Geldclip, und zwar nach dem ganzen,
aber zehn Prozent hielten mich zurück. Es waren erstaunlich starke zehn
Prozent. »Ich ... ich habe das Gefühl, dass ich dich die letzten zwei Monate
genug geschröpft habe. Und jetzt bietet sich mir die Chance, mich bei Heathers
Freund vorzustellen und mein eigenes Geld zu verdienen. Du darfst mir nicht
immer Geld geben, wenn ich des Inhalts meines Kleiderschranks mal wieder
überdrüssig geworden bin.«
    »Es macht
mir aber nichts aus«, erklärte er.
    »Nein, aber
mir. Ich muss auf eigenen Beinen stehen, wenn es um solche Dinge geht.«
    Gott, ich
war ja so erwachsen. Es war fast schon widerlich. Mein ganzes Leben lang hatte
ich gedacht, ein reicher Freund wäre die perfekte Lösung all meiner Probleme.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es war wirklich fantastisch.
Aber ich fühlte mich so ... unanständig. Und das nicht auf eine angenehme Art.
Ich hatte das Gefühl, wenn ich sein Geld nahm, als Person weniger wert zu sein.
Oder als Vampir. Oder als was auch immer.
    Vor zehn
Wochen war ich gefeuert worden, aus einem Job, der zwar schlecht bezahlt wurde,
aber bei dem wenigstens die Gehaltsschecks regelmäßig kamen. Meine Ersparnisse
hatten sich praktisch in nichts aufgelöst. Seitdem war ich auf Trinkgelder und
Thierrys Großzügigkeit angewiesen. Dass ich wieder eine richtige Arbeit annahm,
war längst überfällig.
    Thierry
verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen. »Willst du damit sagen, dass
du mich nicht wegen
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