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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen
Autoren: Helen Brooks
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– oder geflucht? – hatte, und schon war sie wieder ohnmächtig geworden.
    Als sie wieder aufwachte, sah Kit über sich die weiß getünchte Decke eines Zimmers, in dem es nach Desinfektionsmitteln roch. Es dauerte einen Moment, bis ihr Blick allmählich klarer wurde und sie auch ihre übrige Umgebung wahrnahm.
    Offenbar befand sie sich in einem Krankenzimmer. Wie lange sie hier wohl schon lag – halb wach, halb in einer anderen Welt? In den wenigen Momenten, in denen sie bei Bewusstsein gewesen war, hatte sie immer wieder verschwommene Umrisse wahrgenommen, aus weiter Ferne Stimmen gehört und unentwegt bohrende Kopfschmerzen gehabt. Letztere schienen jetzt zumindest erträglich. Ansonsten fühlte sie sich eigentlich auch ganz gut. Nur den Kopf bewegen oder sich aufrichten – wie jetzt – das sollte sie wohl besser noch unterlassen. Das Stechen in ihren Schläfen, das sich dann einstellte, war fast unerträglich.
    Seufzend ließ sie sich zurück in ihre Kissen sinken und zog an der Klingelschnur dicht neben ihrem Bett. Dann blickte sie stirnrunzelnd zum Fenster. Wie spät es wohl sein mochte? Der Dämmerung nach zu urteilen war es entweder früher Morgen oder früher Abend. Sie fühlte, wie Panik in ihr aufstieg. Sie lag in einem Bett, ja, aber sie kannte weder die Uhrzeit noch wusste sie, wie spät es war. Sie hatte auch keine Ahnung, wo und wie sie hierhergekommen war. Und das Schlimmste: Sie hatte immer noch nicht ihr Gedächtnis wiedergefunden. Bei diesem Gedanken krampfte sich ihr Herz zusammen.
    Kit schloss die Augen und versuchte, sich durch regelmäßiges Atmen zu beruhigen. Sie konnte sich noch erinnern, dass es heiß gewesen und sie mit dem Kopf auf den kantigen Bordstein einer staubigen Straße gefallen war. Wie es aber dazu gekommen war, wusste sie nicht mehr.
    Umso deutlicher sah sie das Zimmer vor sich, in dem sie danach gelegen hatte. Angenehm kühl war es dort gewesen, und nur wenig Licht war durch die Ritzen der hölzernen Fensterläden gedrungen und … Sie atmete tief durch. Ja, sie erinnerte sich auch an Gerard Dumont. Nur was hatte das …?
    Das leise Knarren der Tür unterbrach ihre Gedanken. Mühsam öffnete sie die Augen und blinzelte überrascht, als sie eine Krankenschwester und einen Mann erblickte. Das musste ein Traum sein, oder?
    „Monsieur, sehen Sie! Madame ist aufgewacht. Madame ist wach!“
    Kit registrierte nur am Rande, wie die hellblau gekleidete Schwester ein Fieberthermometer zückte. Jemand anders zog sie völlig in seinen Bann.
    „Wie fühlen Sie sich? Geht es Ihnen gut?“ Sein Lächeln war genauso umwerfend wie in ihrer Erinnerung und machte sie schon wieder schwach. „Der Arzt wollte mich erst zu Ihnen lassen, wenn Sie sich erholt haben.“
    Zaghaft richtete sie sich auf und machte sich schon auf das Stechen in ihren Schläfen gefasst. Doch offenbar stellte es sich nicht ein, wenn sie sich langsam bewegte. „Arzt?“, fragte sie verstört. „Welcher Arzt? Wovon reden Sie eigentlich?“
    „ Alors, davon, dass ich Sie gestern Abend hier in die Klinik gebracht habe. Können Sie sich denn daran auch nicht mehr erinnern?“, antwortete er stirnrunzelnd. „Der Arzt hat eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt und …“
    „Bitte, Monsieur, Sie werden gleich genug Zeit haben, sich mit Madame zu unterhalten. Wenn ich Sie bitten dürfte, kurz zu warten, während ich bei ihr Temperatur und Blutdruck messe?“ Und schon schob die Schwester Kit ein Fieberthermometer in den Mund und legte ihr eine Blutdruckmanschette an.
    „Kein Problem.“ Dumont lehnte sich an die Wand und verschränkte – für Kits Geschmack eine Spur zu lässig – die Arme vor der Brust. „Ich werde Sie ganz bestimmt auch nicht stören.“
    Das war gelogen. Er störte sie mit jedem Blick, jedem Wimpernschlag seiner goldbraunen Augen. Wie Laserstrahlen brannte ihr Blick auf Kits Wangen, und gleichzeitig stieg Zorn in ihr auf. Nicht stören hatte er wollen? Und wieso schaute er dann nicht weg? Überhaupt – mit welchem Recht hielt er sich eigentlich in ihrem Zimmer auf? Schließlich war das ein Krankenhaus, und da konnte doch nicht einfach jeder – schon gar nicht ein wildfremder Mann! – in das Zimmer einer Dame. Außerdem: Hatte er nicht gestern gesagt, er habe einen Termin? Wie konnte er sie dann selbst hierher gebracht haben?
    Sobald sie wieder frei sprechen konnte, machte Kit ihrem Herzen auf die höfliche Art Luft. „Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen, Mr. Dumont, aber Sie müssen
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