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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen
Autoren: Helen Brooks
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kennenzulernen.“ Kits Retter musterte sie für einen Moment nicht mehr wie ein Arzt, sondern blickte von seinen geschätzten eins neunzig mit einem Funkeln in den Augen so auf sie hinab, dass ihr vor Verlegenheit das Blut ins Gesicht schoss.
    „Aber …“ Kit räusperte sich angestrengt. „Ich kann Ihnen … meinen Namen …“ Ihre Stimme erstarb. Am liebsten hätte sie nur noch geheult. „Ich weiß nicht, wer ich bin.“
    „Ganz ruhig. Das ist jetzt alles ein bisschen viel für Sie – kein Grund zur Panik.“
    Kit zwang sich, tief durchzuatmen. Sie wollte auf keinen Fall, dass der Mann mitbekam, wie charmant sexy sie sein Englisch mit französischem Akzent fand. Dann sagte sie leise: „Haben Sie Erfahrungen mit Gehirnerschütterungen?“
    „Nun, ich bin kein Arzt“, antwortete Gerard, „aber in der Regel verschwinden alle Symptome nach einigen Tagen Bettruhe und körperlicher Schonung von allein. Sie werden sehen, sobald die Beule abschwillt, wird auch Ihre Erinnerung zurückkehren.“ Dann lächelte er plötzlich, und Kit blieb fast die Luft weg. Wusste dieser Kerl eigentlich, welch atemberaubende Wirkung er auf Frauen ausüben konnte?
    Oh nein!, dachte sie, warum weiß ich das denn – wo sie sich ansonsten doch an nichts mehr erinnern konnte? Verlegen blinzelnd schaffte sie es dennoch, ihren Blick von seinem olivbraunen Teint abzuwenden. „Ich … ähm, das ist mir alles so entsetzlich peinlich. Ich kann doch nicht Ihre Zeit …“
    „Keine Ursache“, unterbrach er sie, „die Polizei müsste bald eintreffen. Dummerweise wurden leider nicht nur Sie überfallen, sondern gleichzeitig auch das stadtbekannte Traditionsgeschäft eines unserer besten Juweliere. Und so leid es mir für Sie tut, ma belle, ich fürchte, da war Ihr Fall erst mal zweitrangig.“
    Kit konnte ihn nur anstarren. Irgendwie hatte sie das Gefühl, ihr Kopf würde gleich platzen. „Wo … wo …?“ Konnte sie denn nur noch stottern? Kit riss sich zusammen. „Wo sind wir hier?“
    „Nun, in meinem Büro. Können Sie sich denn an überhaupt nichts mehr erinnern? Was ist mit Ihrer Kleidung? Kommt die Ihnen vielleicht bekannt vor?“
    „Hm.“ Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe und musterte sich stirnrunzelnd von oben bis unten. Sie trug eine legere weiße Hose aus luftigem Leinen, ein passendes Top mit einem wirklich nur ganz dezenten Ausschnitt und mokkafarbene Riemchensandaletten. Alles in allem ein Outfit, das wohl dem heißen Klima angemessen war, und – ja, soweit sie das beurteilen konnte – auch teuer wirkte. Leider war das alles, was ihr dazu einfiel. Immer noch herrschte in ihrem Kopf Chaos. Keine der Fragen, die sie sich selbst stellte, konnte sie beantworten. Und als besonders befremdlich empfand sie es, Kleidungsstücke an sich zu sehen, an die sie sich nicht erinnern konnte, die sie selbst aber offensichtlich gekauft und auch angezogen hatte. Nur, wer zum Teufel, war sie?
    „Nein“, sagte sie kopfschüttelnd und schloss für einen Moment die Augen. „Tut mir leid, aber ich kann dazu nichts …“
    „Dafür müssen Sie sich doch nicht entschuldigen. Es ist sicher nicht einfach für Sie. Aber sie sollten sich nicht so unter Druck setzen.“ Dumont nickte ihr aufmunternd zu.
    Sie quälte sich ein Lächeln ab, aber innerlich war sie mit ihren Nerven am Ende.
    Und wenige Minuten später kam auch noch die Polizei, die sie immer wieder fragte, ob sie sich nicht doch ein bisschen erinnern könnte. Zuerst hatte sie geantwortet, so gut sie konnte. Doch irgendwann war ihr wieder schwarz vor Augen geworden, und sie hatte sich hinlegen müssen. Schließlich hatte der Mann – Gerard Dumont, wie sie ja inzwischen wusste – veranlasst, dass man sie ins Krankenhaus brachte. Anfangs hatte sie sich zwar dagegen gesträubt, aber inzwischen kannte sie ihren Retter gut genug, um zu wissen, dass er mit eben der Stärke, die er ausstrahlte, auch seine Entscheidungen umsetzte. Außerdem hatte er natürlich auch recht – und musste zu einem anderen Termin, wie sie erfahren hatte.
    Sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass sie am liebsten allein zur Tür gegangen wäre. Nicht nur, um ihre Genesung zu demonstrieren, sondern auch, weil sie ihn nicht länger aufhalten wollte. Dummerweise jedoch hatte sich das Zimmer um sie herum plötzlich im Kreis gedreht. Dann war sie gestolpert, und er hatte sie mit seinen Armen aufgefangen. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war, dass er noch etwas in seiner Muttersprache geraunt
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