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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen
Autoren: Helen Brooks
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im Grunde immer noch ein Fremder für sie. Nur: Konnte er ihr überhaupt helfen? Sie wusste ja nicht einmal, ob sie ihm vertrauen durfte.
    Und eine andere Wahl hatte sie wohl auch nicht. Außer ihm gab es in diesem Land doch niemanden, den sie kannte. Nein, so schwer es ihr auch fiel, sie musste akzeptieren, dass Gerard Dumont im Moment der einzige Mensch war, an den sie sich wenden konnte …
    … und der in ihrem Zimmer bereits auf sie wartete, als sie jetzt mit der Schwester zurückkehrte und sich ins Bett legte. „ Alors, wie wäre es denn mit einem Frühstück?“, begrüßte er sie gut gelaunt. „Ich habe schon in der Küche nachgefragt, nur …“
    „Dort hat man Ihnen gesagt, dass es nichts mehr gibt, stimmt’s, Monsieur?“, unterbrach ihn die Schwester mit einem wissenden Lächeln. „Die Frühstückszeit ist nämlich vorbei. Aber ich werde mal sehen, was ich noch auftreiben kann. Madame muss ja schließlich wieder zu Kräften kommen.“ Damit war sie auch schon zur Tür hinaus.
    Und Kit wieder allein mit Gerard Dumont. Die Art, wie er sie musterte, während sie ihre Bettdecke ein wenig höher zog, machte sie erneut befangen.
    „Ich habe übrigens mit der Polizei telefoniert.“ Er zog sich einen der Besucherstühle heran und setzte sich. „Die Beamten geben ihr Möglichstes, aber bisher sind sie mit ihren Ermittlungen noch nicht weitergekommen. Und da keine Vermisstenanzeige zu Ihnen passt, konnte Ihre Identität noch nicht festgestellt werden. Aber eine gute Nachricht habe ich wenigstens: Der Arzt wird Sie gleich untersuchen. Wenn er feststellt, dass Ihre körperlichen Verletzungen gut verheilt sind, könnten Sie bereits heute die Klinik wieder verlassen.“
    „Und wohin soll ich dann gehen?“ Kit spürte nicht nur Panik, sondern auch Tränen aufsteigen. Vielleicht konnte sie sich ja an die britische Botschaft wenden? Allerdings würde man ihr dort auch nur weiterhelfen, wenn sie tatsächlich die englische Staatsbürgerschaft hatte.
    Dumont reichte ihr ruhig ein Taschentuch. „Frühstücken Sie erst mal. Ich bin mir sicher, wir werden gemeinsam eine Lösung finden.“
    „Was meinen Sie damit? Was meinen Sie mit gemein sam?“ Gedankenverloren ergriff Kit das Taschentuch. Tief in ihrem Unterbewusstsein aber schrillten leise Alarmglocken, und unwillkürlich reckte sie kämpferisch das Kinn – was er mit einem amüsierten Funkeln seiner Augen kommentierte.
    Betont abwehrend hob er beide Hände. „Ich will wieder nur nett sein, das schwöre ich.“ Ohne Kit aus den Augen zu lassen, ging er zum Fenster und öffnete die Jalousie, sodass auf den weißen Wänden das Licht der Morgensonne schimmerte. „Fakt ist doch, dass Sie das Land nicht verlassen können, solange die Polizei Ihre Identität nicht festgestellt hat“, fuhr er fort, wobei er sich wieder neben Kit ans Bett setzte. „Und wenn Ihr Verbleib hier in der Klinik nicht mehr sinnvoll erscheint, brauchen Sie einen anderen Ort, an dem Sie in Ruhe das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abwarten können, oder?“
    „Wahrscheinlich. Nur: Kein Hotel wird mir ein Zimmer vermieten, wenn ich es nicht bezahlen kann. Und wie Sie wissen, habe ich im Moment kein Geld. Es befand sich ja wohl in der Handtasche, die mir gestohlen wurde.“
    „Nicht doch. Hab ich etwas von einem Hotel gesagt?“ Er beugte sich leicht vor und fixierte Kit.
    „Okay, Mr. Dumont, könnten Sie mir jetzt endlich sagen, worauf Sie hinauswollen?“, fragte sie und zerknüllte verärgert das Taschentuch in ihrer Faust.
    „Ich lade Sie ein, Gast in meinem Haus in Marrakesch zu sein“, erwiderte er und lehnte sich lässig zurück. „Dort ist genügend Platz. Vorgestellt habe ich mich Ihnen schon. Und für die Polizei gehöre ich zu den angesehensten Persönlichkeiten des Landes, es dürfte also kein Problem …“
    „Wie bitte?“ Er lud sie in sein Haus ein? „Das kann nicht Ihr Ernst sein!“
    „Ich mache keine Witze über und auch nicht mit Engländerinnen! Hatte ich Ihnen das nicht schon gesagt?“
    „Dann haben Sie entweder den Verstand verloren oder – Sie sind gar nicht so uneigennützig, wie Sie tun!“, brauste sie auf. „Ich werde doch nicht … ich meine, nur weil Sie meinen Aufenthalt hier in der Privatklinik bezahlen, dafür Ihnen als … als Gegenleistung …“
    „Sagen Sie mal, was soll das eigentlich?“, fragte er verärgert. „Zuerst suchen Sie händeringend nach einem Aufenthaltsort, sobald Sie aus der Klinik entlassen sind, aber wenn ich Ihnen
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