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Besessen

Besessen

Titel: Besessen
Autoren: Jennifer Armintrout
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PROLOG
    Willkommen zurück
    Er wusste nicht, wie lange er schon tot war. Es gab keine Tage, keine Jahreszeiten, keine Veränderung, nur Ewigkeit.
    Auf der anderen Seite des Schleiers wankten Schatten um ihn herum. Zwei fielen ihm besonders ins Auge. Er wusste, was sie waren. Früher war er einer von ihnen gewesen.
    Sie hatten Zugang zu dem Leben, nach dem er sich verzehrte. Wie damals, als er ein lebendiger Toter gewesen war, wollte er die Sterblichen aussaugen, die sich nicht schützen konnten. Wenn er dieses untote Paar beneiden könnte, würde er es tun, aber für derartige Gefühle hatte er keine Zeit. Sie besaßen kein Leben, also waren sie irrelevant für ihn.
    Für die Wesen auf der anderen Seite war er unsichtbar. Als er nicht mehr lebendig, aber noch Teil der Welt gewesen war, hatte er diejenigen, die vor ihm gestorben waren, auch nicht sehen können. Doch obwohl sie blind waren, schienen sie ihm zu folgen. Er entfernte sich von ihnen, denn er suchte nach Leben.
    Seine endlose Suche nach dieser sterblichen Energie machte ihn zum Narren. Das Leben pochte in Menschen und Tieren, die er jeden Tag sah, aber nicht berühren konnte. Auch wenn der Schleier hauchdünn war, trennte er ihn doch von dem, was er so sehr begehrte. Er konnte danach greifen, es sogar für einen kurzen Moment in seinen Händen halten, aber der Schattenvorhang ließ ihn nie wirklich herankommen.
    Farbe war unbekannt in seiner Form der Existenz, sie würde seine Sinne überfordern, wenn er welche hätte. Zwischen den beiden Leblosen öffnete sich etwas, das furchterregendschimmerte wie das flammende Schwert des Engels an den Toren von Eden. Dieses Etwas zog die Schatten an wie die Motten das Licht. Eigentlich hasste er solche Klischees. Aber noch mehr hasste er, dass das Ding auch ihn anzog. Der leuchtende Riss wurde breiter, und eine Hand, die zwar nicht lebendig, aber dennoch real war, fuhr hindurch.
    Die anderen Schatten stürzten laut schreiend darauf zu, glitten darüber. Wie Wasser auf einem Ölfilm perlten sie an seiner Haut ab. Als würde er nur nach ihm suchen, schob der Eindringling die anderen zur Seite, packte ihn und blieb an ihm hängen.
    Seit seinem Tod war Angst ein Fremdwort für ihn. Verzweiflung hatte er zum letzten Mal gespürt, als sie ihn verraten hatte. Doch während ihn jetzt die rauen Finger durch den Riss hinauszogen empfand er eine schreckliche Panik.
    Vergessen geglaubte Gefühle brachen mit einem Mal stark und intensiv über ihn herein. Ungreifbare, heiße Empfindungen, die er als angenehm in Erinnerung hatte, erfassten ihn. Seine körperlose Existenz wurde in eine Form gepresst, die ihm bekannt war und gleichzeitig entsetzlich fremd.
    Zu hell. Zu kalt. Zu wirklich.
    Und zu laut.
    Das Lachen der einen Person klang wie zersplittertes Glas. „Wir haben’s verdammt noch mal geschafft! Ich kann’s nicht fassen, wir haben ihn wieder!“
    Das Licht brannte in seinen Augen. Er blinzelte, konnte aber seine Umgebung nur verschwommen wahrnehmen. In seiner Brust schlug ein menschliches Herz, obwohl er doch seit Jahrhunderten ohne eines ausgekommen war.
    Leben. Er war am Leben.
    Entsetzt fiel er zu Boden, schrie und griff verzweifelt nach dem sterblichen Gefängnis seines neuen Körpers.
    Derjenige, der ihm das angetan hatte, beugte sich über ihn und klopfte ihm auf den Rücken. Die Berührung war wie ein Nadelstich, der sein Fleisch bis zu den Knochen durchbohrte.
    „Willkommen zurück, Cyrus.“

1. KAPITEL
    Albtraum
    „Du hast heute Morgen von ihm geträumt, Carrie.“
    Als ich Nathans Stimme hörte, erstarrten meine Finger auf der Tastatur. „Beobachtest du mich wieder, wenn ich schlafe?“
    Ich war beunruhigt. Zum einen war es wahnsinnig unheimlich. Zum anderen regte sich die Gewohnheit meines Erschaffers, meine Albträume auszuspionieren, für gewöhnlich dann, wenn es Ärger gab. Vor zwei Monaten, vor unserem großen Streit mit ihm , war ich oft aufgewacht, weil Nathan im Bett neben mir lag und mich anstarrte, als würde ich verschwinden, wenn er mich aus den Augen ließ. Nur drei Wochen später, als unser neuer Blutspender in der Absicht bei uns eingebrochen war, uns im Bett zu pfählen, hatte Nathan in meinem Schreibtischstuhl gesessen und mich im Schlaf bewacht, während er darauf wartete, dass irgendetwas, was auch immer, geschah.
    Damit er nicht länger wie eine Erscheinung in der Tür stand, kam er herein und setzte sich auf mein Bett – einen anderen Platz gab es nicht, denn das Zimmer war sehr klein
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