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Besessen

Besessen

Titel: Besessen
Autoren: Jennifer Armintrout
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aber sie verbrannte nicht. Ein Mensch. Seine Erleichterung war enorm. Auf keinen Fall wollte er den Kreaturen, die er einst beherrscht hatte, als Futter dienen.
    „Ich bin hier, um Ihnen zu helfen“, sagte sie. Ihre Stimme war kaum ein Flüstern.
    Cyrus betrachtete sie mit Verachtung. Leise sprechende Frauen konnte er nicht ertragen: Sie hielten keine Überraschungen für ihn bereit, und gewöhnlich gab er sich mit nichts ab, das kein außerordentliches Amüsement versprach. Er streckte eine erbärmlich zitternde Hand aus, um ihr das Haar aus dem Gesicht zu streichen, und berührte die dunkle Quetschung um ihr Auge. „Ich sehe schon, du hörst nicht gut zu.“
    Ihre Hände ballten sich zu wütenden Fäusten, die für einenMoment seinen Respekt entfachten. Dann schauderte sie und zerstörte die Illusion von Mut. Er wusste gleich, es war nicht das erste blaue Auge, das sie sich in ihrem Leben eingehandelt hatte.
    „Stützen Sie sich auf mich“, flüsterte sie und half ihm auf die Füße. „Die haben gesagt, Sie können nicht gehen.“
    Wie erniedrigend. Einst war er tödlich und mächtig gewesen. Jetzt war er ein Mensch. Die Vampire, die in den Schatten lauerten, wussten es. Obwohl sie auf Distanz blieben, konnte er ihre Gier fast riechen. Er wusste, was er an ihrer Stelle fühlen würde. Verlangen, Neugier. Nicht viele Vampire kehrten aus dem Totenreich zurück, in dem er gefangen gewesen war. Schon das machte ihn zu einer Delikatesse.
    Einer der Vampire knurrte. Cyrus hörte das Klirren von Ketten, als sich die Kreatur näherte, und richtete sich auf. Das Mädchen neben ihm zitterte und schrie auf. Hätte er allein stehen können, hätte er sie ihnen zum Fraß vorgeworfen.
    „Er darf keinen Schaden nehmen“, kommandierte ein anderer Vampir, worauf der Herankommende innehielt.
    „Wo bin ich?“, fragte Cyrus und hasste sich für seine Abhängigkeit von diesem Mädchen.
    „St. Anne’s“, flüsterte sie. „Eine Kirche.“
    „Schon klar. Es gibt nicht viele Autowaschanlagen, die St. Anne’s heißen.“
    Die Tür öffnete sich, und er musste wegen des hereinquellenden Gestanks von Tod heftig würgen. Er sah eine Reihe chromblitzender Motorräder, die in der Eingangshalle der Kirche geparkt waren. Nur mühsam konnte er sich auf Einzelheiten konzentrieren, seine Augen waren von den vielen Eindrücken überfordert.
    „Die haben gesagt, sie würden sie beerdigen, wenn dieSonne untergegangen ist“, sagte das Mädchen leise. „Haben sie aber nicht.“
    Cyrus warf einen flüchtigen Blick auf die beiden verrenkten Körper auf dem Boden. Einer war schwarz gewandet und trug den weißen Kragen des Klerus. Der andere gehörte einer weißhaarigen Frau. Ihre Bluse und die hausmütterliche Strickjacke waren aufgeschlitzt, darunter war die runzlige Haut ihrer Brust zu sehen. Ihr Rock wickelte sich um die Schenkel und stellte die Kniestrümpfe zur Schau.
    „Vater Bart und Schwester Helen“, wisperte das Mädchen unter Tränen. „Sie …“
    „Ich weiß, was mit ihnen ist.“ Er wandte sich ab und streckte einen Arm aus, um sich an der Wand abzustützen. „Deck sie zu.“
    Hallo, Gewissen. So trifft man sich wieder.
    Als das Mädchen zu ihm zurückkam, zitterte sie. Cyrus wollte sie für ihre Schwäche schlagen, in seinem letzten Leben hätte er das getan. Jetzt schaffte er es kaum, aus eigener Kraft den Arm zu heben. So peinlich es auch war, er war auf sie angewiesen. Wenn sie ihm nicht mehr half, weil er sie schlecht behandelt hatte, würde das seine Situation nicht gerade verbessern.
    „Das Rektorat ist unten.“ Sie wischte sich die Tränen ab, als sie die Tür öffnete. Mit Teppich belegte Stufen führten nach unten in die Dunkelheit. „Ich glaube, da wollen sie uns einsperren. Mich haben sie jedenfalls dort festgehalten.“
    Sein Verstand rotierte. Mühsam stückelte er Informationen aus den Erinnerungen seiner früheren Existenz zusammen und überlegte, was davon zu seiner aktuellen Lage passte. „Wer sind sie denn?“
    „Ungeheuer.“ Das Wort kam leiser als ein Flüstern.
    Am liebsten hätte er sie die Treppe hinuntergeschubst.Doch blöderweise würde er dann direkt hinterherfallen. „Ja, Vampire. Ich weiß. Aber wer genau?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was Sie …“
    „Wer sind sie? Wessen Verbündete sind sie? Sind es Fangs oder Kelten oder Coveners?“ Er suchte in seinem Gedächtnis nach weiteren Namen von Vampirgangs, und Angst ergriff sein Herz. „Sie sind doch nicht etwa
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