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Besessen

Besessen

Titel: Besessen
Autoren: Jennifer Armintrout
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aufbewahrte. So leise wie möglich bewegte ich mich in diese Richtung, aber all das Glas knirschte unter meinen Schuhen. Im Labyrinth der Bücherregale hinter mir scharrte etwas.
    Das Geräusch ließ mich für einen Moment erstarren. Ich wog die Entfernung zur Tür gegen meine Chancen, mich erfolgreich mit einer Axt zu verteidigen. Dann ließ ich jeden Gedanken an Flucht fahren. Ich konnte Nathan nicht im Stich lassen, nicht, wenn es auch nur die leiseste Hoffnung gab, ihn zu retten.
    Die letzten paar Schritte sprintete ich zum Regal und schnappte mir die Axt, packte sie fest am Stiel und versuchte Mut in meine steifen Finger zu pumpen. Was immer hier eingebrochen war, es war noch im Laden.
    Meine Nackenhaare richteten sich auf. Das Ding, das sich im Schatten verbarg, knurrte.
    Die Uhr hinter dem Ladentisch schlug. Ich fuhr zusammen. Die Kreatur stürzte sich auf mich.
    Mein Kopf schlug hart auf den Boden, als das Ding mich niederwarf und ein Feuerwerk aus Schmerz in meinem Bewusstsein explodierte. Der Geruch von Nathans Blut, sonst ein willkommener, vertrauter Duft, füllte meine Nase mit saurem Dunst, und ich würgte. Mit zusammengekniffenen Augen spannte ich alle meine Muskeln an und versuchte, mich nicht zu übergeben.
    Das Gewicht des Dings, das mich niederdrückte, verschwand. Ich machte die Augen auf und sah es gerade noch über den Tresen springen. Sein rasselnder Atem übertönte beinah die immer noch schlagende Uhr.
    „Nathan?“, kreischte ich und erkannte meine Stimme in ihrer Panik kaum wieder. Erneut schrie ich seinen Namen und bekam keine Antwort.
    Mit glasklarer Bestürzung erkannte ich, dass Nathan mir nicht zu Hilfe kommen konnte. Ich war allein mit dieser Kreatur und elendig schlecht für meine Verteidigung ausgerüstet.
    Ein lautes Fauchen war hinter dem Tresen zu hören, und in nacktem Entsetzen schleuderte ich die Axt danach. Sie traf die Registrierkasse, fiel zu Boden und lag nun außerhalb meiner Reichweite.
    Ich war allein. Unbewaffnet. Und dann auch noch unverzeihlich dumm.
    Mir blieb keine Zeit für Selbstvorwürfe. Die Kreatur sprang mich über die Tresenplatte an. Mein Atem entwich mit lautem Zischen, und durch einen Schleier aus Schmerz sah ich über mir das Ding, das mich niederdrückte.
    Ein Mann. Ein nackter, blutender Mann.
    Die Kreatur hatte Nathan nicht umgebracht. Die Kreatur war Nathan.
    Sein Gesicht hatte sich zur Raubtierfratze verzerrt. Seine Augen waren kalt, und er erkannte mich nicht. Mit einer Faust umklammerte er eine bluttriefende Glasscherbe. Blutige Symbole verunstalteten seine Arme und seine Brust, und mir wurde aufs Neue übel, als ich begriff, dass er sie sich selbst ins Fleisch geschnitten hatte.
    Er neigte den Kopf in meine Richtung, und ich wandte mich ab. Er beugte sich herunter, bis sein Atem die Haare an meiner Schläfe bewegte, und schnupperte an mir. Mit deutlichem Knurren hob er die Scherbe hoch über seinen Kopf.
    „Nathan, bitte nicht“, flüsterte ich, aber ich wusste, er konnte mich nicht hören. Dieses Ding war nicht Nathan. Es war ein Monster mit dem Gesicht meines Schöpfers.
    Die Scherbe stieß herab, und ich zuckte zusammen, als sie auf dem Boden neben meinem Kopf zersprang. Aus seiner zerschnittenen Handfläche sprühte warmes, frisches Blut über mein Gesicht. Er ergriff mein Kinn und zwang mich, ihn anzusehen. Dann krächzte er etwas in einer Sprache, die sich gefährlich anhörte, doch ich verstand kein Wort. Abrupt stand er auf und bewegte sich von mir weg.
    Obwohl ich mich in Sekundenschnelle aufsetzte, war er verschwunden, bevor ich ihn hinausgehen sah. Der einzige Beweis für seine Anwesenheit waren die blutigen Fußabdrücke auf der Treppe zur Straße.
    Zitternd hob ich eine Hand, als wollte ich nach ihm greifen. Sie war nass von seinem verunreinigten Blut. Normalerweise tröstete mich der Geruch von Nathans Blut. Jetzt aber war es von irgendetwas verdorben, und mir wurde schlecht von dem Gestank. Ich zog mir das T-Shirt über die Nase und kroch zur Tür. Glasscherben stachen in meine Arme, doch ich fühlte sie kaum.
    Wie ein Zombie stolperte ich die Treppen zur Wohnunghinauf. Das Blut, das aus meinen zerschnittenen Händen tropfte, nahm ich kaum wahr. Meine Geistesgegenwart kehrte so weit zurück, dass ich die Tür aufschließen konnte und den Riegel hinter mir vorlegte. Dann ging ich in Nathans Zimmer, setzte mich auf die Bettkante und packte das schnurlose Telefon. Ich wählte mechanisch und fixierte eine Teppichfalte nahe der Kante
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