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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Das größte, das wir fingen, hätte eine normale Untertasse bedeckt. Schmuckhornfrösche haben eine sehr schöne Färbung, nämlich auf hellem Untergrund smaragdgrüne, silbrige und schwarze Zeichnung. Von allen Amphibien haben sie wohl das größte Maul; es ist so breit, daß sie zu grinsen scheinen, wenn sie es öffnen. Über den Augen bildet die Haut eine kleine Pyramide, so daß es aussieht, als hätten sie zwei spitze Hörner auf dem Kopf.
    Der Schmuckhornfrosch ist wahrscheinlich das bösartigste und wildeste Amphibium nicht nur im Chaco, sondern in der ganzen Welt. Er verbringt den größten Teil des Tages in weichem Lehm, wo nur seine Hörner und Augen hervorragen. Wenn man ihn entdeckt und ausgräbt, wird er sehr böse und greift sofort an. Er steht dann auf seinen dicken Stummelbeinen, vollführt kleine Sprünge auf den Feind zu, bläst sich auf und reißt das Maul weit auf, so daß der gelbe Schlund zu sehen ist; gleichzeitig stößt er Laute aus, die wie das zornige Gekläff eines Pekinesen klingen.
    Die Eingeborenen vom Chaco sind überzeugt, daß der Schmuckhornfrosch giftig sei. In der ganzen Welt gibt es keine giftigen Frösche, und deshalb wollte ich, als ich meinen ersten Schmuckhornfrosch fing, den Leuten zeigen, daß er ein ganz harmloses Tier ist. Ich nahm ihn aus seinem Kasten, und sogleich begann er sich in meiner Hand zu wehren, wobei er sein durchdringendes Kläffen ausstieß und das Maul weit öffnete. Sowie sein Maul geöffnet war, steckte ich einen Finger hinein, um zu zeigen, daß sein Biß harmlos wäre. Zwei Sekunden später bereute ich meine Demonstration bitterlich, denn wie ein Schraubstock hielten die Kiefer meinen Finger fest, und die winzigen, aber scharfen Zähnchen gruben sich ins Fleisch. Es fühlte sich genauso an, als ob ich mir den Finger in einer Tür geklemmt hätte, und es dauerte etwa eine Minute, bis ich die Kiefer des Frosches auseinanderbringen und meinen Finger hastig zurückziehen konnte. Inzwischen hatte er mir einen Bluterguß zugefügt, der seine Zeit zur Heilung brauchte. Danach behandelte ich den Schmuckhornfrosch, wenn ich ihn aufhob, mit mehr Achtung.
    Natürlich findet man dort, wo Frösche in großen Mengen Vorkommen, auch Schlangen, die sich ja von Amphibien ernähren, und der Chaco ist keine Ausnahme von dieser Regel, denn hier treten sehr schöne Schlangen auf. Da gibt es zum Beispiel ¡die Klapperschlange, die wunderhübsche graue und schwarze Lanzenschlange (Bothrops atrox), vielleicht die tödlichste Schlange Südamerikas, außerdem viele ungewöhnliche Wasser- und Baumschlangen, manche mit leuchtenden, manche mit stumpfen Farben.
    Die wirklich gefährlichen Giftschlangen lassen sich in zwei Gruppen teilen. Die sogenannten Solenoglyphcn haben lange Hohlzähne mit einem Giftkanal. Diese Zähne, mit technisch vollkommenen Injektionsspritzen zu vergleichen, sind nicht fest im Oberkiefer verwachsen, sondern können mittels einer besonderen Muskulatur bei geschlossenem Maul zurückgeklappt werden. Die Giftzähne der zweiten Gruppe, Proteroglyphen genannt, sind kleiner und können nicht zurückgelegt werden. Sie sind nicht hohl, sondern haben eine längs verlaufende Furche, durch die das Gift in die Wunde fließt. Die Proteroglyphen benutzen das Gift weniger zur Verteidigung als zum Fang ihrer Beute; folglich ist ihr Gift gewöhnlich milde, und manchmal wird sogar ein so kleines Tier wie eine Eidechse dadurch nur leicht gelähmt. Immerhin besteht die Gefahr einer Blutvergiftung, wenn man von einer solchen Giftschlange gebissen wird; deshalb sollte man das Experiment lieber vermeiden.
    Zu den schönsten Schlangen, die man im Chaco findet, gehören die Korallenschlangen, die sehr gefährlich sind, aber in grellen Farben leuchten, so daß man gewarnt wird. Sie sind etwa sechzig Zentimeter lang und vom Kopf bis zum Schwanzende hellgelb, kohlschwarz und rosa oder grellrot geringelt. Dann gibt es natürlich noch die riesige Anakonda, eine Verwandte der afrikanischen Python, die ihre Beute auf dieselbe Weise fängt und erdrosselt. Über die Anakonda sind viele Geschichten geschrieben worden, die größtenteils ganz unwahr sind. Wie alle Riesenschlangen ist die Anakonda nicht bösartig; sie greift nicht an, wenn man sie in Ruhe läßt. Wird sie aber von einem Menschen gereizt, so ringelt sie sich um ihn, und ein großes Exemplar kann sich dann als ein sehr böser Kunde erweisen.
    Im überschwemmten Teil des Chacos gab es eine ganze Menge Anakondas, und eines Tages
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