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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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hinzufügen konnte. Später war ich ein Jahr lang im Whipsnade-Zoo als Hilfswärter tätig, um mit größeren Tieren wie Löwen, Bären, Büffeln und Straußen, die sich nicht so leicht zu Hause halten ließen, vertraut zu werden. Als ich dort fortging, hatte ich glücklicherweise genügend eigenes Geld, um meine erste Reise zu finanzieren, und seither war ich regelmäßig unterwegs.
    Obwohl der Beruf des Tierfängers keineswegs leicht ist und vielerlei Enttäuschungen bringt, muß er doch allen jenen Zusagen, die Tiere und Reisen lieben. In diesem Buch versuche ich zu zeigen, daß die anstrengende Arbeit und die Enttäuschungen fast immer mehr als wettgemacht werden, weil man einerseits die Spannung einer erfolgreichen Jagd erlebt und andererseits das Vergnügen, die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen.

Erster Teil

TIERFANG IN KAMERUN

    Erstes Kapitel

Seilziehen mit einem Waran

    Bevor der Tierfänger eine Reise antritt, muß er wissen, welche Tiere von den Zoologischen Gärten gewünscht werden; wenn er dann weiß, wo sie Vorkommen, wählt er ein Gebiet aus, in dem nicht nur die gesuchten Exemplare zu finden sind, sondern auch andere seltene Geschöpfe. Zoologen und Biologen haben im allgemeinen weder Zeit noch Geld, diese fernen Erdenwinkel zu bereisen und das Wildleben an Ort und Stelle zu beobachten. Also müssen die Tiere gefangen und ihnen gebracht werden, so daß sie im Zoo auf bequemere Weise erforscht werden können. In fast allen Zoologischen Gärten sind die größeren und gewöhnlicheren Geschöpfe aus den meisten Teilen der Welt vertreten, und man weiß eine ganze Menge über sie. Deshalb wollte ich die kleineren und selteneren Tiere fangen, über die wenig bekannt ist. Von ihnen will ich hier erzählen.
    In vielerlei Hinsicht beeinflussen gerade die kleinen Tiere das Dasein des Menschen in stärkerem Maße als die großen. So richtet die Ratte alljährlich weitaus mehr Schaden an als manch ein größeres Tier. Aus diesem Grunde befaßte ich mich auf meinen Reisen als Tierfänger besonders mit den kleineren Lebewesen. Für meine erste Expedition wählte ich Kamerun, einen kleinen, beinahe vergessenen Winkel Afrikas, der mehr oder weniger noch genauso aussieht wie vor dem Eindringen der Weißen. Hier führen die Tiere in den riesigen Regenwäldern das gleiche Leben wie vor Jahrtausenden.
    Es ist sehr wertvoll, das Wildleben vor dem Einfluß durch die Zivilisation kennenzulernen und zu erforschen, denn wildlebende Tiere sind der Wandlung ebenso unterworfen wie Menschen. Wenn Wälder gerodet, Städte gebaut, Flüsse eingedämmt und Straßen durch Urwald gelegt werden, wird ihre Lebensweise gestört, und sie müssen sich den neuen Umständen anpassen, oder sie sterben aus.
    Ich hatte die Absicht, so viel wie möglich über die Bewohner der großen Wälder herauszufinden und eine möglichst reichhaltige und große Sammlung ihrer Kleintiere zurückzubringen, nämlich die Geschöpfe, die der Afrikaner «kleines Fleisch» nennt.
    Kamerun ist ein verhältnismäßig kleines Gebiet, beinahe schachtelförmig, eingeklemmt zwischen Nigerien und Französisch-Westafrika. Es liegt im sogenannten Regenwaldgebiet; man findet dort den gleichen dichten, feuchten Urwald wie im Kongo.
    Als ich zum erstenmal in Kamerun ankam, fielen mir vor allem die lebhafte Färbung des Unterholzes und die ungeheure Größe der Bäume auf. Das Laub spielte in allen denkbaren grünen und roten Schattierungen, von Flaschengrün zu hellem Jade, von Rosa zu Purpurrot. Die Bäume ragten bis zu hundert Meter auf, die Stämme hatten fast den Umfang eines Fabrikschornsteins, und die massiven Äste wurden von Blättern, Blüten und Schlingpflanzen niedergedrückt.
    Ich ging in dem kleinen Hafen von Victoria an Land und verbrachte dort eine Woche mit den Vorbereitungen für die Reise ins Innere. Viele Dinge mußten erledigt werden, bevor ich mit dem eigentlichen Tierfang beginnen konnte. Ich brauchte Dienerschaft und Gehilfen, außerdem Vorräte und Ausrüstungen. Überdies mußte ich mir die Jagd- und Fangbewilligungen beschaffen, denn in Kamerun sind alle Tiere streng geschützt, und ohne Erlaubnis der Regierung darf man kein einziges Tier fangen oder erlegen. Nach Erledigung all dieser Dinge wurde ein Lastwagen gemietet, auf den wir Vorräte und Ausrüstung luden, und endlich brach ich auf. Damals gab es nur einen einzigen Weg ins Innere von Kamerun, der, wenn man ihm weit genug folgte, zum Dorf Mamfe am Ufer des Cross führte, etwa
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