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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Überraschung erschien er am folgenden Tage kurz vor dem Mittagessen im Lager; er zog ein kleines Geschöpf hinter sich her. Das war unser versprochener junger Fuchs. Äußerlich glich er einem Schäferwelpen; er hatte derartige Angst, daß er zum Beißen neigte. Wir setzten ihn in einen Käfig, gaben ihm Fleisch und Milch und verließen ihn, damit er sich beruhigte. Aber wir beobachteten ihn. Am meisten schien es das Füchslein zu interessieren, welches der zahmeren Tiere, die sich seinem Käfig näherten, zu erlangen wäre. Obwohl er bis zum Platzen voll war, schaute er fortwährend nach einer noch schmackhafteren Mahlzeit aus. Wir hatten damals mehrere zahme Vögel, die im Lager frei herumlaufen durften; aber das mußten wir ändern, da wir immer wieder ein Gekreisch hörten und einem Vogel zu Hilfe eilen mußten, der sich dem Käfig des Füchsleins zu sehr genähert hatte. Als der kleine Fuchs später zahmer wurde, hielten wir ihn auch an einem Strick im Freien, aber in großem Abstand von Puh und Cai.
    Zu unserer Verwunderung benahm er sich genauso wie ein Hund; denn wenn wir morgens erschienen, winselte er aufgeregt, bis wir zu ihm gingen und mit ihm sprachen, worauf er uns wild umtanzte und heftig mit dem Schwanz wedelte — ein höchst unfüchsisches Benehmen.

    Unter den Tieren, die wir von unseren Ausflügen ins Lager zurückbrachten, waren drei große grüne Papageien, alle sehr gesprächig und voller Schabernack. Zuerst brachten wir alle in einem Käfig unter, weil wir dachten, daß sie sehr gut miteinander auskommen würden. Fast sofort fingen die drei Papageien Streit an, und sie vollführten einen derartigen Lärm, daß wir gezwungen waren, den Rädelsführer herauszunehmen und in einen gesonderten Käfig zu setzen. Wir nahmen an, dadurch würde eine bessere Atmosphäre im Lager geschaffen werden. Aber wir hatten nicht mit dem einen der beiden andern gerechnet. Dem Anschein nach verbrachte er seine ganze Freizeit damit, wütend am Gitter des Käfigs zu nagen, und eines Tages gab es einen gewaltigen Plapperschwall, und der Vogel flog davon. Wir bemühten uns sehr, ihn wieder einzufangen; doch er war zu flink für uns und entflatterte mit aufgeregtem Gekreisch über die Bäume. Damit waren wir unseren Papagei los, wie wir dachten.
    Als wir am folgenden Morgen aufstanden, waren wir baß erstaunt, den Papagei wiederzusehen; er saß auf seinem Käfig und unterhielt sich durchs Gitter mit seinem Gefährten. Als wir die Tür aufmachten, huschte er eiligst hinein. Offenbar hatte er entschieden, daß die Nahrungsmenge, die er bei uns erhielt, die Gefangenschaft zu einem besseren Dasein machte als das Leben im Urwald.

    Kurz vor der Abreise aus Paraguay brachte uns ein Indianer ein Tier, das sich als unser entzückendstes Exemplar entpuppte. Es war ein junger Großer Ameisenbär, der erst ein paar Tage alt sein konnte. Wir tauften das kleine Weibchen Sarah Huckepack, denn da sie sich nicht an ihre Mutter klammern konnte, wie es bei Ameisenbären in diesem Alter üblich ist, wollte sie sich die ganze Zeit an uns klammern oder huckepack getragen werden. Sarah mußte das Gefühl haben, sich an etwas festzuhalten, und wenn man sie auf den Boden setzte, wackelte sie hinterdrein, quietschte entrüstet, und sowie man stehenblieb, kletterte sie herauf, bis sie ihre Lieblingslage quer über den Schultern gefunden hatte. Da sie sehr lange, scharfe Klauen hatte und fest damit zupacken konnte, war das ein recht schmerzhafter Vorgang. Wir mußten Sarah mit der Flasche aufziehen. Sehr bald nahm sie die Flasche an, die ihr viermal am Tag gereicht wurde. Beim Saugen ließ sie die lange, klebrige, schlangenartige Zunge neben der Flasche baumeln.
    Sie wuchs recht schnell, und bald betrachtete sie uns als ihre Adoptiveltern, mit denen sie nach der Mahlzeit spielen wollte. Sie liebte es, auf den Rücken gerollt und am Bäuchlein gekrault zu werden. Wenn man sie aufhob und in den Armhöhlen kitzelte, hob sie die Vorderpfoten und schlug sie über dem Kopf zusammen wie ein Boxer, der soeben einen Kampf gewonnen hat. Zog man sie am Schwanz oder kitzelte sie an den Rippen, so richtete sie sich auf den Hinterbeinen auf und machte einen Ausfall, wobei sie vor Vergnügen schnaubte.
    Als ich schließlich nach England zurückkehrte, kam Sarah zusammen mit Puh und Cai in den Paignton-Zoo, wo sie eine große Rolle spielte. Das letztemal sah ich Sarah bei einem Vortrag über Tierfang in der Festival Hall; bei dieser Gelegenheit zeigte ich auch
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