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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Kräften zerrten. Erst als das vierte Mitglied unserer Gruppe auf dem Schauplatz erschien und mit seinem Jagdmesser das Loch vergrößerte, konnten wir das Tierchen hervorholen. Da kam es wie ein knallender Pfropfen mit solcher Plötzlichkeit heraus, daß wir alle auf den Rücken fielen und es unwillkürlich losließen, so daß es beinahe zum zweitenmal entwischt wäre.
    Die beiden Gürteltiere, die wir gefangen hatten, gewöhnten sich sehr bald ein und wurden bemerkenswert zahm. Ich hielt sie in einem Käfig mit abgetrennter Schlafkammer; dort lagen sie den ganzen Tag nebeneinander auf dem Rücken; ihr Mäulchen zuckte, und sie ließen ein ersticktes Schnarchen hören. Es war erstaunlich, wie tief sie schliefen, denn mochte man auch an den Käfig donnern, die Tiere anschreien und sie sogar am runzligen rosa Bäuchlein stupfen, sie blieben trotzdem liegen, als ob sie tot wären. Die einzige Möglichkeit, sie zu wecken, bestand darin, mit einer Futterschüssel zu rasseln, und so leise das auch geschah, sie waren beide sofort wach und im Nu auf den Beinen.
    In Südamerika wird das Fleisch aller Gürteltierarten gegessen. Ich hatte nie Gelegenheit, es zu kosten; doch soviel ich weiß, schmeckt es, wenn man das getötete Gürteltier im eigenen Panzer sorgsam brät, wie gebratenes Spanferkel. Viele Gauchos fangen die Gürteltiere und halten sie in erdgefüllten Tonnen auf Vorrat, so daß sie bei besonderen Anlässen diese Delikatesse zur Verfügung haben.
    Als wir uns mit unserem ersten Gefangenen auf dem Heimweg befanden, hörte ich in der stillen Nachtluft ferne Hufschläge, die allmählich näher kamen und dann plötzlich einige Meter von uns entfernt anhielten. Das war geradezu unheimlich, und einen Augenblick lang fragte ich mich wahrhaftig, ob es wohl der Geist eines alten Gauchos sein könnte, der da ewig über die Pampas galoppierte. Als ich meine Gefährten fragte, wo eigentlich das Pferd sei, das ich zu hören glaubte, zuckten sie die Schultern und sagten im Chor: «Tukotuko.»
    Nun wurde mir die Ursache des seltsamen Geräusches klar. Der Tukotuko, der zur Familie der Trugratten gehört, ist ungefähr so groß wie eine Ratte, hat ein rundes, dralles Gesicht und einen kurzen, flaumigen Schwanz. Er durchwühlt den Boden und höhlt gerade unter der Erdoberfläche riesige Gänge aus; in diesen Höhlen lebt er, und nur nachts kommt er hervor, um sich die Pflanzen und Wurzeln zu suchen, von denen er sich ernährt. Dieses sonderbare Tierchen hat ein sehr empfindsames Gehör, und wenn es die Vibration von Schritten auf der Oberfläche über seinem Bau wahrnimmt, stößt es seinen Warnlaut aus, um allen andern Tukotukos in der Gegend die drohende Gefahr zu verkünden. Wie er diese vortreffliche Nachahmung eines galoppierenden Pferdes hervorbringt, ist ein Rätsel; aber es mag sein Ruf sein, der durch Entfernung und Widerhall in seinem Bau verzerrt wird und wie das Klopfgeräusch galoppierender Pferdehufe wirkt.
    Tukotukos sind außerordentlich wachsam, und obwohl wir uns bemühten, sie mit vielen verschiedenen Methoden zu fangen, glückte es mir nie, einen Vertreter dieser Gattung zu erlangen, die zur gewöhnlichsten der Pampafauna gehören muß.

    Während meines Aufenthalts in Argentinien lag mir ganz besonders daran, eine altmodische Gauchojagd zu filmen. Der altüberlieferte Jagdstil der Gauchos ist heute fast ausgestorben, obwohl viele ihn an sich noch beherrschen. Das Tier wird von Reitern verfolgt. Ihre Waffen bestehen aus den mörderischen Boleadoras, das sind drei Kugeln an drei Schnüren, die miteinander verknüpft werden. Die Jäger lassen sie über dem Kopf kreiseln und werfen sie dann. Wenn das Geschoß die Beine der Beute trifft, wickelt sich jede Kugel an ihrer Schnur in einer anderen Richtung herum, so daß das Tier infolge des Gewirrs zu Boden fällt.
    In Südamerika kommt ein Verwandter des Straußes vor, Nandu genannt. Er ist nicht so groß wie sein afrikanischer Vetter, und sein Gefieder ist nicht schwarzweiß, sondern aschgrau, aber etwas haben die beiden gemeinsam, und zwar ihre Fähigkeit, außerordentlich schnell zu laufen. Als man die Nandus auf den Pampas noch in großen Scharen fand, bildeten sie die Hauptbeute für diesen Jagdstil.
    Auf der Ranch eines meiner Bekannten gab es immer noch eine recht große Anzahl dieser Vögel, und der Besitzer erbot sich, die Gauchos zu fragen, ob sie eine Nandu-Jagd veranstalten würden, damit ich sie filmen konnte.
    Wir brachen eines frühen Morgens auf, ich
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