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Ein mörderisches Komplott (German Edition)

Ein mörderisches Komplott (German Edition)

Titel: Ein mörderisches Komplott (German Edition)
Autoren: Claus H. Stumpff
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hasste alles, was seinem Empfinden
für Normalität entgegenstand. Dazu gehörten sowohl Glatzen, lange Haare oder
Koteletten, aber auch jeglicher Bartwuchs. Noch nie hatte Paul O’Brien Bärte
sowie Zigarrenrauch leiden können, weil ihn das an seinen ungeliebten Vater,
den Butcher (Metzger) Alan O’Brien erinnerte, der ihn dazu ausersehen
hatte, einmal die elterliche Metzgerei in dem nordirischen Küstenstädtchen
Larne zu übernehmen. Er war noch ein kleiner Junge, als er zuschauen musste,
wie sein Vater lachend und mit einer unter seinem bauschigen Schnauzbart
hervorlugenden Zigarre ein Kälbchen zur Schlachtbank führte. Anschließend
drückte er – vor sich hin pfeifend – die Zigarrenglut auf dem Fell des
zuckenden und sich vor Schmerzen aufbäumenden Tieres aus, hob die Axt, und mit
einer fast belustigten Miene brachte er es durch einen gewaltigen Schlag auf
die Stirn zu Fall. Und was danach an blutigem Gemetzel geschah, hatte sich fest
in Pauls kindlichem Gemüt eingeprägt. Später wurde diese unmenschliche Art der
Betäubung gesetzlich verboten, doch nicht weniger grausam erschien Paul der
spitze Eisendorn, den der Vater mit einem wuchtigen Hammerschlag in den Schädel
des Schlachttieres hineintrieb. Manchmal rutschte der Dorn ab, das Tier knickte
brüllend ein und der Vorgang wiederholte sich an dem am Boden liegenden Opfer.
Etwas humaner erschien Paul dann die Tötung mittels eines Bolzenschussgerätes,
wobei er sich wegen des scharfen, metallischen Knalls jedesmal die Ohren
zuhielt. Als sein Vater das bemerkt hatte, lachte er ihn aus. Doch vor der
nächsten Schlachtung umwickelte er den Schussapparat mit einem dicken, feuchten
Lappen, so dass nur ein schwächeres › Klack‹ zu vernehmen war. Mit genau
dieser Erfahrung sollte Paul O’Brien eines Tages einen der größten
Kriminalfälle des Landes aufklären.
       Aber Pauls Leben verlief völlig anders, als vom alten
Alan O’Brien geplant war. Zwar hatte sich der junge Paul bereits den ruppigen
und lauten Umgangston seines Vaters angeeignet. Aber gerade dadurch gelang es
ihm, sich trotz seiner untersetzten, etwas fülligen Figur in seinem späteren
Beruf mit Erfolg zu behaupten.
     
    Die Erinnerung an den Vater wurde auch jetzt wieder wach,
als er den Festsaal der Town Hall (Rathaus) betrat und von einer
rotblonden, vollschlanken jüngeren Dame in dunkelblauem Kostüm an einen Platz
in der vordersten Reihe geführt wurde. Etwas verwirrt starrte er auf den
Schnauzbart seines Chefs, der ihn mit wohlwollendem Lächeln begrüßte und mit
einladender Handbewegung auf den freien Stuhl neben ihm hinwies. Beide waren
sich heute noch nicht begegnet und DSupt Gordon Bayne reichte Paul O’Brien
lässig die Hand. Dann saßen beide schweigend nebeneinander, bis ein Murmeln
durch die Sitzreihen ging und Klänge von Bagpipes (Dudelsacks) den Saal
erfüllten, denn jetzt schritten zehn Piper (Pfeifer) und drei Drummer (Trommler) in ihren farbenprächtigen Kilts (Schottenröcke) nacheinander durch den
Mittelgang nach vorne. Nachdem sich die Gruppe auf dem Podium aufgestellt
hatte, spielte sie einige der bekanntesten schottischen Melodien, wonach die
Gäste lang anhaltend applaudierten. Anschließend gab das Polizeimusikkorps eine
Kostprobe seines Könnens. Nach flott gespielter, traditioneller Tanz- und
Marschmusik trat endlich Lord Mayor (Oberbürgermeister) Robert Polson
ans Rednerpult. Das Stadtoberhaupt rief nun einen Namen nach dem anderen auf,
lobte jede einzelne auf die Bühne geholte Person für diese oder jene besondere
Leistung, überreichte Urkunden und entließ die so geehrten Damen oder Herren
mit gönnerhafter Gestik. Dann wandte sich sein Blick auf die erste Reihe,
zuerst auf Paul O’Brien, dann aber auf DSupt Gordon Bayne. Der Lord Mayor
räusperte sich kurz und begann endlich mit seiner Ansprache:
     
    » Meine
sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,
    wir
haben uns hier versammelt, um einige Frauen und Männer aus unserer Stadt für
besondere Leistungen zu ehren. Wie jedes Jahr will ich auch diesmal wieder eine
Persönlichkeit besonders würdigen, die in uneigennütziger Weise und für die
Sicherheit unserer Stadt ihr Leben aufs Spiel setzte. Sie alle haben von dem
scheußlichen Verbrechen erfahren, das an dem Mitglied unseres Stadtrates, dem
Juwelier Harold Thompson verübt wurde. Es ist Detective Superintendent Gordon
Bayne vom hiesigen CID zu verdanken, dass er Thompsons Mörder so schnell und
unter mutigem Einsatz seines Lebens zu
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