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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent
Autoren: Jacques Berndorf
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Ein Wort vorab
    Dies hier ist ein älteres Manuskript, geschrieben im Jahre 1992, erschienen bei Bastei-Lübbe im Jahre des Herrn 1993. Niemand suchte mich bei diesem Verlag, kaum jemand erfuhr, dass das Buch überhaupt erschienen war. Kurioserweise wurden nur etwa 1.300 Exemplare verkauft – und ich hatte Schwierigkeiten mit mir selbst. Ich dachte, ich sei schlecht geworden, ausgeschrieben, erschöpft. Aber so ganz schlecht kann es nicht gewesen sein, denn das Hamburger Abendblatt meinte: »Lakonisch, witzig, milieusicher. Mach’s noch einmal, Siggi!«
    Aber: Kann man der Leserschaft erneut einen Krimi zumuten, der kurz nach der so genannten Wiedervereinigung spielt, und den ehemalige Agenten aus der DDR und Leute des BND bevölkern? Mein Freund, der Autor und Verleger Ralf Kramp, meint, dass Krimi eben Krimi sei und dass das Manuskript gut und schnell und flüssig laufe, also lesenswert sei. Wir haben uns darum entschlossen, den Text erneut herauszubringen, denn es ist ein typischer Eifelkrimi, zeitlich ganz nah an EIFEL-BLUES, mit Spiegeleiern à la Elvis Presley nach »Good Rockin Tonight«, mit Pfeifen, Katzen und viel, viel Eifel.
    In diesem Schmöker werden Sie auf ekelhafte Morde mit einem Plastikstoff stoßen, die Ihnen wahrscheinlich sehr weit hergeholt vorkommen werden. Aber Vorsicht: Mit diesem Stoff sind tatsächlich in Deutschland Versuche an Schweinen, die allesamt nicht überlebten, gemacht worden. Es geht eben nichts über eine gründliche Recherche.
    Sie werden übrigens auch lesen, wie sich eine gewisse Tante Anni in das Leben des Siggi Baumeister einmischt.
    Lange bevor sie in den späteren Büchern erneut in der Eifel auftaucht. Die Tante ist Kriminalrätin a. D.
    Auch so eine unglaubliche Kiste, oder? Aber auch hier muss ich Sie enttäuschen: Eine solche Tante hat es in meiner Familie tatsächlich gegeben. Das wirkliche Leben sollte man also nicht zu erfinden versuchen, es ist bunt und lebhaft genug, und es bietet immer einen Grund zum Lachen.
     
    Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.
     
    Jacques Berndorf
     

1. Kapitel
    Meine Katze Krümel sprang auf den Küchenschrank und zog mit einer ganz spitzen Tatze die Glastür im Oberteil auf. Dann stellte sie sich mit beiden Pfoten hoch, um die Lage zu inspizieren, und verteilte sich schließlich malerisch über einen Stapel Untertassen und Kuchenteller, wobei sie ihren Schwanz um eine ziemlich kostbare alte Milchkanne drapierte, die ich gerade auf einem Krammarkt erstanden hatte.
    Mir war nicht klar, wie ich reagieren sollte. Ich konnte sie auf Kosten meines gesamten Porzellans verprügeln, ich konnte sie aber auch wegen der ausgesprochen artistischen Leistung loben. Ich entschied mich, ich sagte bewundernd: »Du bist ein ganz phantastisches Weib!« Da schloss sie die Augen, blinzelte arrogant und rülpste dann leise.
    Im Radio spielte Chet Baker ›Misty‹, der Milchwagen hielt gegenüber, pumpte eine große Kanne leer und röhrte dann weiter. Irgendjemand wünschte irgendwem lautstark einen schönen guten Tag. Das Wetter war sehr warm, irgendein Politiker, der sich der Stimme nach zu urteilen für wichtig hielt, bemerkte im Radio, der Krieg am Golf sei nun längst vorbei, obwohl Tausende von Kurden in den Bergen krepierten und mindestens sechs große Clans darauf warteten, den Diktator Saddam Hussein abschlachten zu dürfen. Politiker sind gelegentlich unpassend.
    Erwin hatte mir zwei Eisenkeile und einen Aluminiumkeil vor die Haustür gelegt, auf dass ich einigen Buchen zu Leibe rücken konnte. Erwin konnte nicht wissen, dass er mich damit festnagelte. Bis jetzt hatte ich der Arbeit an den Buchenstämmen aus dem Weg gehen können, schließlich war das ohne Keile nicht zu machen. Jetzt musste ich mich auf die Seite der arbeitenden Bevölkerung schlagen, war aber eigentlich viel zu faul. Ich konnte mich nur noch retten, indem ich schleunigst eine Grippe kriegte, oder irgendetwas in der Art. Aber leider war ich ziemlich gesund.
    Meine Katze Krümel starrte mich aus dem Küchenschrank an, und ich schloss die Glastür vor ihrer Nase und erklärte: »Jetzt bist du mein Schneewittchen.« Es machte keinen Eindruck auf sie, wahrscheinlich kennt sie sich mit deutschen Märchen nicht aus. Außerdem verspürte ich keine große Neigung, sie zu küssen. Also machte ich die Schranktür wieder auf, und ich wette, ihre grünen Augen waren voller Spott.
    Da mir mein Gesicht beim Rasieren ungefähr so altbacken vorgekommen war wie ein Sechskornbrötchen
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