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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben
Autoren: Kim Wright
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Kelly, dass Elyse dich hat, sie wird dich jetzt brauchen.‹«
    »Was ist daran falsch?«
    »Warum hat er ›jetzt‹ gesagt? So als hättest du mich nicht gebraucht, während du mit seinem wunderbaren, großartigen und fantastischen Selbst verheiratet warst. Ich will dich ja nicht beleidigen oder so oder überkritisch wirken, aber manchmal kann dein Mann ein bisschen unsensibel sein.«
    Und das von der Frau, die Fotos von meinen Blutergüssen gemacht hat. »Süße, bist du betrunken?«

    »Und was wäre wenn? Wir sind nicht mit dem Auto unterwegs.«
    »Phil redet Blödsinn. Am meisten habe ich dich gebraucht, als ich noch bei ihm war.«
    »Genau das macht mir Angst.« Sie wirft ihren Kopf zurück und schleudert ihre Haare so heftig zurück, dass sie die Schulter des Mannes treffen, der auf dem nächsten Barhocker sitzt. »Jetzt, wo du von ihm getrennt bist, brauchst du mich vielleicht nicht mehr.«
    Komisch, dass sie das Gleiche sagt, das Gerry gesagt hat. Komisch, dass die beiden Menschen, die mich am besten kennen, mich in diesem Punkt so falsch verstehen. »Genau, Kelly, ich habe zwei Wochen bei dir gelebt, du hast mir Geld geliehen und mir einen Anwalt besorgt, jeden Tag mein Kind abgeholt, meinen ganzen Mist zusammengepackt und umgezogen, für mein Ketchup bezahlt, dieses Haarteil für mich gefunden, von dem ich nicht einmal gewusst habe, dass ich es besitze, und es mir an den Hinterkopf gesteckt. Richtig, ich brauche dich überhaupt nicht.«
    Der Barkeeper stellt eine Platte zwischen uns. Thunfisch, Marcona-Mandeln, Oliven und geringelte Streifen Zitronenschale, die sorgfältig auf einer langen weißen Platte angeordnet sind. »Schau dir das an«, sage ich zu Kelly. »Es ist perfekt.« Ich atme langsam und tief ein.
    »Du wirst irgendwohin verschwinden und ein großartiges Leben führen.«
    Die Bar verschwimmt. Ich krümme meinen Rücken, rutsche auf dem Stuhl hin und her. Meine Energie, die in diesen vergangenen Tagen und Wochen so schwach ausgeprägt war, scheint mich wieder mal im Stich zu lassen. »Stopp mal für einen Moment und wirf einen Blick auf diese Platte. Sie ist so herrlich. Wie ein Gemälde.«
    Kelly sieht brav nach unten. Der Thunfisch ist von einem
leuchtenden Rosa, die Oliven glänzen schwarz, und wenn ich auf die Zitronenschale drücke, schickt diese einen feinen Zitrusnebel in die Luft. Ich nehme die Gabel, tauche sie ins Essen. Es wird nicht andauern. Nicht der Thunfisch, nicht dieser Abend, nicht diese plötzliche Welle der Freude. Alles geht vorüber. Der Preis dafür, dass du etwas genießt, ist, dass du es aufbrauchst. Letzten Endes gleitet dir jede Freude aus den Händen, und vielleicht ist das ja die größte Freude überhaupt, dieses Gefühl, dass dir etwas aus den Händen gleitet.
    »Gib mir deinen Lippenstift«, bittet Kelly.
    Ich hole ihn aus meiner Handtasche und gebe ihn ihr. Kelly beugt sich näher zum Barspiegel und beginnt, ihre Lippen anzumalen.
    »Ich kann doch heute bei dir übernachten, oder nicht?« Der Lippenstift rutscht ihr vom Mund, während sie spricht und hinterlässt einen Klecks, der fast bis zu ihrer Nase reicht. Während der letzten Monate habe ich sie in eine Reihe von unmöglichen Situationen gebracht. Ich habe sie in Angst und Schrecken versetzt, und ich habe sie ausgepowert, genauso wie sie im Lauf unserer langen Freundschaft mich manchmal in Angst und Schrecken versetzt und ausgepowert hat.
    »Schau uns an«, bitte ich sie.
    »Ich habe gedacht, ich soll mir den Thunfisch anschauen.«
    »Wir sind fertig mit dem Thunfisch-Anschauen. Jetzt will ich, dass du uns beide im Spiegel ansiehst.« Sie legt den Lippenstift weg und schaut mit zusammengekniffenen Augen auf die Bar. Wir waren immer wie Fotonegative zueinander, sie so hell und ich so dunkel, doch heute Abend sehen wir uns seit Jahren zum ersten Mal ähnlich. »Jetzt schau dir diese Frauen vor uns an. Sie sind wunderschön, stark und jung. Es sind sehr bedeutende Leute. Bald wird irgendetwas mit ihnen geschehen. Mit beiden.«

    »Bist du betrunken?«
    Ich lange mit der Serviette in der Hand hinüber, um ihren Lippenstift abzuwischen: »Nicht im Geringsten.«
    »Es geht in Ordnung, wenn ich heute Nacht bei dir bleibe, oder?«
    »Natürlich. Aber Kelly …«
    »Ich weiß, ich weiß. Wir sind bedeutend. Irgendein Mist wird bald mit uns geschehen. Wir sind die Helden unseres eigenen Lebens.«
    Während sie spricht, gestikuliert sie wild und trifft mit ihrem Arm beinahe den Thunfisch, den Steinkrug und die
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