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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben
Autoren: Kim Wright
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emporhebt. Das Gras wächst um meine Ohren herum in die Höhe und dämpft den Laut eines Schreis, den verklingenden Jazz aus dem Auto. Ich schließe meine Augen und atme. Das Gras ist weich und kühl. Es riecht sauber. Es riecht wie Gnade.
    Damals, als Kelly und ich Chearleaderinnen waren, stand ich immer am Fuß der Pyramide, weil ich kräftig und imstande war, jemanden hochzuheben. Ich schaute immer zu Kelly hoch und beneidete sie um den Mut zu springen. Sie besaß etwas, das ich nicht besaß, Vertrauen in die unten Stehenden.
    »Das Schwierige ist, darüber nachzudenken«, sagte sie ein ums andere Mal, und ich bin überzeugt, dass ich all das später verstehen werde, wenn ich alt bin, wenn ich in Sicherheit bin, wenn ich tot bin. Es kam einmal ein Mädchen zur Welt, und an den heißen Nachmittagen, an denen wir uns auf dem Schulsportplatz trafen, um die neuen Abläufe zu erlernen, sagte Kelly manchmal: »Willst du denn nicht einmal versuchen, ganz nach oben zu kommen? Elyse, man hat nur ein Leben.« Man hat nur ein Leben, man hat nur ein Leben … Ich habe nur ein Leben, aber es ist gewaltig.

    Einmal fragte ich Kelly, ob der Augenblick, in dem man loslässt und sich fallen lässt, nicht beängstigend ist? Und sie antwortete, Nein, wenn es schließlich so weit sei, sei es nicht das, was du erwartet hättest. Du sähest alles klar, und du hättest alle Zeit der Welt. Sie hatte Recht.

Kapitel 42
    Nach zwei Wochen in Kellys Gästeflügel ziehen Tory und ich in die Wohnung. Nicht in die, die ich mir an dem Tag, an dem Pascal gestorben ist, reserviert hatte, sondern in eine andere, die den Vorteil hat, dass sie eben jetzt frei geworden ist - vermutlich deshalb, weil sie einen abscheulich leuchtend türkisfarbenen Teppich hat.
    Ich fahre zu Target. Du kannst einen Mann lieben und einen anderen verlassen, einen Mann lieben und ihn trotzdem verlassen, und einen Mann verlassen, obwohl du ihn nie geliebt hast, du kannst mit jedem, der dir begegnet, ins Bett gehen oder wie eine Nonne leben, und am Ende landest du doch bei Target. Ich kaufe einen Toaster, einen Fernseher und einen Dosenöffner, eine Mikrowelle, Töpfe und Pfannen und eine Muffinform, drei Handtücher, drei Waschlappen, eine Badematte, zwei Bettwäschegarnituren, eine Waage, diese billigen Tupperware-Imitationen, ein Sieb, zwei Weingläser und einen Staubsauger. Ich kaufe Socken, Unterwäsche und Jeans für Tory, kaufe außer Schuhen und Mantel alles so, dass sie es zweifach hat, damit wir zwischen den beiden Häusern nicht so viel Zeug hin und her schleppen müssen, was es einfacher macht. Einen Einkaufswagen schiebe ich, einen anderen ziehe ich, Schrubber und Besen schauen heraus und stoßen an alles, woran ich vorbeikomme. Die Leute gehen mir aus dem Weg. Ich
komme auf über siebenhundert Dollar und lasse alles über meine Visa Card laufen, die neue, die auf meinen Mädchennamen ausgestellt ist. Es dauert einen ganzen Nachmittag, die Küche einzurichten und die Geräte auszupacken und in Gang zu bringen. Der Staubsauger liegt auf seiner Seite, als wäre er erschossen worden. Vorhin war Kelly da, um mir zu helfen, aber wir haben ihn zusammengeschraubt, bevor wir kapiert haben, dass wir die Walze falsch eingebaut haben, so dass wir die linke Seite wieder aufmachen und von vorne anfangen müssen. Sie hat eine Flasche Wein mitgebracht, doch ich habe vergessen, einen Korkenzieher mitzubringen. Sie ist gegangen, um einen zu kaufen, und kommt mit einer Tüte Lebensmittel zurück - Ketchup und Salz, Cola light und Toilettenpapier, all das, was man braucht, wenn man sich ein neues Zuhause einrichtet. Ich habe Angst, sie zu fragen, wie viel ich ihr schulde.
    Seit wir gegangen sind, ist es die erste Nacht, in der Tory bei ihrem Vater übernachten wird, und Kelly hat angeboten, sie von der Schule abzuholen und bei ihr zu bleiben, bis ihr Vater von der Arbeit nach Hause kommt. Tatsache ist, dass Kelly jeden Nachmittag in mein altes Haus gefahren ist, um die Lichter anzuschalten. Als ich sie das erste Mal gebeten habe, das zu tun, hat sie mir zugestimmt - wie im Moment jeder zustimmt, alles für mich zu tun, worum ich bitte -, aber ich habe ihr angesehen, dass sie es als sonderbare Bitte empfindet.
    »Dreh einfach nur die Strahler draußen und ein paar drinnen an«, habe ich zu ihr gesagt. »Vielleicht das Fernsehen.« Ich kann mich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass Phil sein Auto in der leeren Auffahrt abstellt, dass Phil die dunklen und stillen Stufen hochsteigt,
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