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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben
Autoren: Kim Wright
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sie beide draußen auf dem Treppenabsatz stehen. »Wollt ihr zwei nicht reinkommen? Wir können alle zusammen auf dem Bett sitzen.«
     
    »Liegt es an mir, oder ist jeder hier wunderschön?«
    Kelly sieht sich um. »Es liegt an dir.«
    Wir sind drei Blocks weiter in ein spanisches Restaurant gegangen. Einer der Vorteile am Dasein einer Stadtmaus liegt darin, dass man innerhalb eines zehnminütigen Fußwegs von der Wohnung aus zu einem Dutzend Restaurants kommt. Als Kelly zurückkommt, nachdem sie mit Tory gewartet hat, findet sie mich in meinem lächerlich sauberen weißen Badezimmer, wo ich versuche, mir ein Haarteil an meinem Hinterkopf festzustecken. Ich habe nicht einmal gewusst, dass ich ein Haarteil besitze, doch an einem der Tage, an denen Kelly hingefahren ist, um das Licht anzumachen, hat sie einen Müllbeutel gepackt und ein paar von meinen Sachen hineingeworfen. Ich kippte den Beutel mitten auf meinem Bett aus, und da fiel das Haarteil heraus, zusammen mit ein paar anderen Dingen, von denen ich vergessen hatte, dass ich sie besaß, etwa eine lilafarbene Tunika und Jeans, die mir zu eng gewesen sind.
    »Schau dich an - in Levi’s und mit langen Haaren. Du siehst aus wie sechzehn. Woher hast du das Zeug?«
    »Das hast du mir in dem Müllbeutel mitgebracht.«
    »Tatsächlich? Verdammt, ich habe gar nicht so recht gewusst, was ich da einpacke, so war ich in Eile. Ohne dich im Haus zu sein, ist ziemlich gruselig, Elyse.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Großartig. Sie ist zu ihm gelaufen. Sie haben ausgesehen, als wäre nichts passiert.«
    »Gott sei Dank.«
    »Den ganzen Nachmittag lang schien sie …«

    »Glücklich darüber zu sein, zu Hause zu sein? Du kannst es ruhig laut sagen.«
    Kelly nahm einen Lippenstift, zog den Deckel ab und drehte ihn heraus. Ein glänzender roter Zylinder, der sich langsam drehte und verlängerte und am Ende in der Form meiner Lippen abgerundet war. »Das sieht obszön aus, findest du nicht auch?«, fragte sie. »An dem Tag, an dem du mit dem hier auf den Lippen aus New York heimgekommen bist, habe ich gewusst, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.«
    »Möchtest du ihn haben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht meine Farbe.«
    Doch sie half mir, meine Haare festzustecken, und weil ich die Levi’s trug und sie ein Kleid anhatte und wir nicht ganz zusammenpassten, wühlten wir nochmals in dem Müllbeutel herum, bis wir eine Jeans und ein T-Shirt für sie fanden. Anschließend gingen wir die drei Blocks bis zu dem Restaurant, wo wir vor die Wahl zwischen einer einstündigen Wartezeit oder einem Essen an der Bar gestellt wurden, weil dort jeden Freitagabend eine Band spielt. Kelly sagte, dass sie nicht gern an Bars äße, und bestellte einen Summer, aber ich überredete sie, ihn zurückzugeben. An einer Bar zu essen, ist ein Stück Freiheit.
    Vor allem an dieser Bar, wo in meinen Augen alle wunderschön aussehen.
    »Nein, das tun sie nicht«, entgegnet Kelly. »Du bist wunderschön. Schau dich an.« Sie zeigt auf den Spiegel, der sich hinter den Spirituosenflaschen befindet, und ich halte einen Moment inne, um mich zu mustern. Die langen Haare sind ein Schock, ebenso das Lila der Tunika. Normalerweise trage ich Brauntöne oder Schwarz. Ich sehe anders aus, das ist richtig, allerdings bin nicht ich diejenige, die wunderschön ist.

    Wir befinden uns in einem ziemlich steifen, rustikalen Restaurant, sie servieren uns Wein in einem Krug. Eine Menge weißen Sangria, der so klar ist wie Wasser, und als Kelly mir nachfüllt, ist der Krug so schwer, dass sie teilweise am Glas vorbeizielt und ihn auf der gefliesten Theke verspritzt.
    »Weißt du, was Phil machen wollte, als er mich auf eurer Couch hat sitzen sehen?«, fragte sie. »Du glaubst es nicht, er hat allen Ernstes versucht, sich mit mir zu unterhalten.«
    »Tatsächlich?«
    »Er hebt Tory hoch, dreht sich mit ihr im Kreis. Er hat Grillhähnchen mitgebracht, deshalb mache ich mich auf den Weg, doch er folgt mir zur Auffahrt und versucht mit mir zu reden. Ihr beide wart rund eine Million Jahre verheiratet, während dieser Zeit haben er und ich nicht ein einziges Mal ein Gespräch geführt, an das ich mich erinnern kann, und jetzt, urplötzlich, sucht er es. Ich soll dir ausrichten, dass du noch immer kommen und tagsüber dein Atelier benutzen kannst, wenn du möchtest. Als ob das was Großartiges wäre …«
    »Es ist etwas Großartiges.«
    »… und er sagt, dass es gut sei, dass du mich hast. Er sagt: ›Ich bin froh,
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