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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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das…« Er räusperte sich unwillig. »Genaues weiß ich da auch nicht.«
    »Und Ungenaues?«
    »Na ja… er war immer stolz auf seine Familie, glückliche Ehe, drei Kinder… aber irgendwann ging das in die Brüche, von wegen Seitensprüngen.«
    »Gar nicht der Typ für Frauengeschichten.«
    »Eben.«
    »… ach so.«
    Wir gingen zum Bus. Die Uniformierten beobachteten uns durch die Scheiben und redeten dabei.
    »Übrigens sollten Sie die Namensschilder auswechseln.«
    »Das sagt mein Hausmeister auch schon seit zwei Tagen.« Ich klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter. »So ist’s recht, immer schön aufmerksam bleiben.«
    Er lächelte zögernd, »… danke.«
    Ich grinste. »Nichts zu danken. Auf Wiedersehen.«
    »Wiedersehen.«
    Ich drehte mich um und lief die Straße hinunter. Es war immer noch ein warmer, blauer Tag. Ich zog die Jacke aus und warf sie über die Schulter. In meiner Brieftasche lagen jetzt ein Scheck über zwanzigtausend Mark und der Tausender von Weidenbusch. Zuerst kaufte ich mir davon unterwegs ein Eis, und während der Eismann durch die Nachbarschaft flitzte, um den Schein zu wechseln, suchte ich mir in der Drogerie nebenan eine Sonnenbrille aus und pfiff ›Say a little prayer for you‹. Mit soviel Geld in der Tasche pfeift’s sich leicht. Es sollte sich nicht mehr lange so pfeifen.
    Ich schloß die Bürotür auf, warf Post und Zeitungen in den Besuchersessel und öffnete die Fenster. Ein Geruch aus Vanille und Gebratenem strömte herein. Das CHICKEN IN gegenüber hatte die Softeismaschine rausgestellt. Ich ging zum Waschbecken, spülte ein Glas ab, zog die Flasche Chivas aus der Schreibtischschublade und schenkte großzügig ein. Dann stellte ich mich ans Fenster, trank und ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Feierabend. Und die nächsten Wochen, dachte ich, könnte ich tun und lassen, was ich wollte. Ich würde schlafen, Billard spielen und im Café sitzen, und vielleicht sogar mal ins Grüne fahren. Außerdem wollte ich gut essen und feine Zigaretten, die Packung für acht Mark. Und Gina mußte ich fragen, wie das Buch mit dem alten Burschen in der Pariser Kloake hieß. Oder ich würde wirklich endlich in den Süden fliegen. Wenigstens für ein, zwei Wochen.
    Ich trank das Glas aus und wollte die Post durchsehen, als das Telefon klingelte.
    »Herr Kayankaya?«
    »Ja.«
    »Olschewski, ich verbinde mit Herrn Schmitz.«
    Die Leitung knackte. Ich schenkte schnell Whisky nach und fingerte eine Zigarette aus der Packung, dann meldete sich Schmitz’ vornehme Stimme. »Guten Tag, Herr Kayankaya. Wie den Zeitungen zu entnehmen ist, sind in einem Gellersheimer Bunker mehrere Dutzend Asylanten aufgegriffen worden. Jemand soll sie dort eingesperrt haben, nachdem sie vorher in einer nicht näher beschriebenen Villa untergebracht waren. Ich vermute, die Meldung ist Ihnen zu verdanken?«
    »Sagen wir, ich habe dafür gesorgt, daß die Presse mit den Flüchtlingen reden konnte.«
    »Haben Sie vergessen, was ich Ihnen erklärte?«
    »Sie meinen, das mit dem Unterschied…«, ich zündete die Zigarette an, inhalierte tief und stieß den Rauch aus.
    »So groß ist der gar nicht. Sie machen Ihren Job, so gut Sie können, und ich mach meinen, so gut ich kann. Der Rest ist nur ’ne Frage, ob man Goldnippes in der Wohnung braucht und ’n Grüßonkel an der Tür. Ich hab nichts dagegen, aber ich mache meine Tür gerne selber zu. Und falls Sie mich aus’m Weg haben wollen, werden es bezahlte Killer versuchen, wogegen ich Sie hochgehen lassen würde, weil ich es persönlich will oder muß. Mal sehen, wer bei seiner Aufgabe mehr Ehrgeiz entwickelt.«
    »Sie drohen mir?«
    »Ich stelle nur klar, was Ihr Vortrag von neulich abend wert ist. Ich mache meine Arbeit, und wenn Sie mir dafür ans Leder wollen, wehre ich mich. Vielleicht trete ich ihnen damit nur ans Schienbein, aber möglicherweise treffe ich auch Ihren Kopf.«
    Er räusperte sich und fragte dann wie leicht amüsiert: »Man könnte meinen, Sie hätten meinen Anruf geradezu erwartet?«
    »Hab mit ihm gerechnet.«
    »Nun, eigentlich sollte ich wütend sein, aber Sie imponieren mir. Nach unserem Gespräch hätte ich nicht geglaubt, Sie würden die Geschichte weiterverfolgen. Und um die Wahrheit zu sagen, ich bin nicht nur durch die Zeitungen informiert. Auch Herr Köberle hat mich über alles unterrichtet.«
    Ich spürte einen Kloß im Hals. »… alles?«
    »Wie Sie der Bande das Geld abgenommen haben, meine ich. Sehr mutig, einer gegen drei.
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