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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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Zigaretten griff, fiel mein Blick auf die danebenliegende Tageszeitung. Rechts unten war das Ergebnis vom Spiel Becker gegen Steeb von vor zwei Tagen abgedruckt. Sechs zwei, sechs zwei für Becker, und plötzlich begriff ich Sri Daos schlechte Laune. Wenn Slibulsky das Spiel nicht zu Ende gesehen, aber Weidenbuschs Anruf entgegengenommen hatte, konnte zwischen meinem Abgang und dem Anruf höchstens eine halbe Stunde vergangen sein. Zeit, die gerade gereicht haben mochte, für Slibulsky in Gellersheim Alarm zu schlagen und dafür, daß die Villa panikartig geräumt wurde, aber nicht noch für einen Mord und zwei Telefonate. Das hieß, wie auch immer sie bei dem Durcheinander ans Telefon gekommen war, Sri Dao mußte Weidenbusch während der Räumung angerufen haben. Und nachdem Weidenbusch mich nicht erreicht hatte, war er selbst nach Gellersheim gefahren.
    Ich sah die beiden an. Jeder schaute auf seine Art gespannt. Weidenbusch zog aus meinem Zögern den für ihn üblichen Schluß und erklärte hastig: »Nehmen Sie ruhig alles, und wenn Sie noch mehr wollen…«
    »Bleiben Sie sitzen.«
    Sri Dao hielt ihre Tasse mit aufgestützten Ellbogen vor der Nase und verfolgte uns wie eine Pingpong-Partie, über den Rand.
    »Ich glaube, Frau Rakdee ist der Meinung, Sie hätten mir noch was zu sagen.«
    Irritiert wandte er den Kopf. »Sweetheart?« Aber Sweetheart reagierte nicht.
    »… wie meinen Sie das?«
    »Nun, es ist vielleicht nicht gerade der Beginn einer wunderbaren Liebe, wenn einer den anderen als Mörder durchgehen läßt.«
    Er machte den Mund auf. Dann nickte er langsam. Zehn Minuten später hatte Weidenbusch drei Zigaretten geraucht und nacheinander erzählt, wie er in der Villa angekommen war, sich in den Keller geschlichen hatte und sehen mußte, wie Manne Greiner Sri Dao vergewaltigte. Was folgte, war Reflex: dem bäuchlings Liegenden das Knie in den Nacken, die Hände um die Stirn und ein kräftiger Ruck.
    Während er sprach, war seine Stimme fester geworden, jetzt drückte er die Zigarette im Aschenbecher aus und wirkte zum ersten Mal seit unserer Bekanntschaft fast gelassen.
    »Das hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.«
    Er hob die Schultern. »Ich mir auch nicht. Nehmen Sie mich jetzt mit?«
    »Nein.« Dann steckte ich die Zigaretten endgültig ein.
    »Aber kommen Sie nicht auf die Idee, ’n Gedicht drüber zu schreiben, wenn Sie wieder auf den Beinen sind.«
    Ich war im Begriff aufzustehen, da hielt mich Sri Dao am Arm zurück und deutete fragend auf die Tageszeitung. Ich tippte auf das Tennisergebnis, und sie schaute verwirrt. Im nächsten Augenblick klingelte es an der Tür. Weidenbusch sah mich an. Ich lief zum Fenster. In der Einfahrt stand ein grün-weißer Bus.
    »Polizei. Ich kümmere mich drum. Aber langsam sollten Sie sich was zur Aufenthaltsverlängerung einfallen lassen. Viel Glück.«
    »Aber…« Weidenbusch räusperte sich, »… ich meine, wollen wir uns nicht nochmal sehen?«
    Ohne mich umzudrehen, mit letztem Blick auf die bemalten Frühstücksbrettchen, antwortete ich: »Liegt ganz bei Ihnen. Sie wissen ja, zweihundert Mark am Tag plus Spesen.«
    Vor der Tür standen drei Uniformierte und ein Ziviler. Der Zivile hatte ein freundliches Gesicht und trug einen Schnurrbart. Wir sahen uns überrascht an.
    »Nanu, Herr Inspektor, was machen Sie denn hier?«
    »Das wollte ich Sie auch gerade fragen.« Ich zog die Tür hinter mir zu.
    »Meine neue Wohnung.«
    Klaase reckte den Hals nach dem Namensschild. »Ach…
    und Herr Weidenbusch?«
    »Ich glaube, er ist nach München gezogen. Warum?«
    »Tja, weil…« Er faltete ein Papier auf. Die Uniformierten betrachteten mich, als wäre es für mich, würde es nach ihnen gehen, strafbar, auf zwei Beinen zu stehen.
    »… ich habe einen Abschiebebescheid gegen Frau Sri Dao Rakdee. Nach unseren Informationen soll sie sich hier aufhalten.«
    Ich zuckte die Schultern. »Kenne ich nicht. Kommen Sie mit runter?«
    Auf der Treppe hakten wir die üblichen WiegehtsDankegehtBaldWochenendezumGlück-Hülsen ab, bis Klaase mich nach der Haustür beiseite nahm und die Uniformierten zum Bus winkte.
    »Ich hoffe, Sie haben meine Informationen vertraulich behandelt?«
    »Natürlich.«
    Er betrachtete mich nicht gerade überzeugt. »Höttges hat mich heute morgen gefragt, ob ich jemand von Gellersheim erzählt hätte…«
    »Tatsächlich?… apropos Höttges. Sie sagten am Telefon so barmherzig, er hätte es nicht immer leicht gehabt. Was meinten Sie damit?«
    »Ach
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