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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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runter.«
    Ich nahm die Chips, setzte mich zurück und warf tausend auf Ungrade. Der Croupier, ein hagerer Typ mit Schnurrbart und kalten Augen, taxierte uns kurz, dann ließ er die Kugel rollen und schenkte uns während der nächsten Stunde keine Beachtung mehr. Es schien zweifelhaft, ob er überhaupt mitbekam, auf welche Felder wir setzten. Aber er bekam es mit, und als wir den Laden gegen zwei verließen, war Slibulsky seine Schulden los.
    Die Luft war noch immer mild, und über dem Bahnhof leuchtete der Mond. Die Frau im weißen Lackleder war verschwunden. Wir machten uns zu Fuß auf den Weg zu Raouls HAITI-CORNER, ein kleines Restaurant, wo es guten Rum und gute Bohnen gab. Eine Weile stapften wir wortlos nebeneinanderher. Slibulsky hatte die linke Hand im Mantel vergraben und die Schultern angezogen. Als wir den Bahnhofsrummel hinter uns ließen und in eine Seitenstraße einbogen, sagte er schließlich: »Okay, gewonnen - aber bei den nächsten Schwierigkeiten, aus denen du meinst, mich rausziehen zu müssen, gib doch bitte vorher Bescheid.«
    Ich blieb stehen.
    »Ungefähr so, wie du Bescheid gegeben hast?«
    »Hätte ich dir etwa was sagen können, wenn ich, nach deinen Worten, Leuten die letzte Socke klaue und sie krepieren schicke?«
    »Kaum. Aber wenn du ’n Vermögen verspielst, und bevor du bei Typen wie Charly versuchst, für Typen wie Schlumpi Geld aufzutreiben, während Schmitz und Wang zusammen in ihrer Burg hocken und sich mit Banknoten den Hintern abwischen.«
    Er runzelte die Stirn, dann, nach einer Pause: »Ja, da könnte was dran sein.«
    Wir liefen weiter, und wir liefen schneller. Unsere Schritte begannen zu federn. Mein Magen knurrte, als hätte ich seit Tagen nichts gegessen.
    Als wir am SPIEL- UND SPORTCENTER ELLERMANN mit Billardsaal im zweiten Stock vorbeikamen, meinte Slibulsky: »Vielleicht trainieren wir mich doch auf links. Schon, weil ich ’n neuen Job brauche. Gegen einen mit Gips spielt jeder um Geld. Die ersten Partien kriegt der andere, dann der große Einsatz und plötzlich…!«
    »Mhmhm. Wenn man allerdings bedenkt, daß du schon mit rechts dauernd verlierst…«
    »Idiot! Doch nicht hier. In so Studierten-Kneipen, wo sie sich großartig vorkommen, abends ’n bißchen im Filz zu stochern, mit Freundin und so. Die sind zwar geizig wie nix und feige dazu, aber wenn’s ’ne hundertprozentige Abstauberchance gibt - schlimmer als Hausfrauen beim Schlußverkauf. Gina hat mich mal zu ’nem Klassentreffen mitgeschleppt, oder was das war; die trinken ihr Bier nicht, die rechnen’s. Wenn der Kellner kassiert, weiß jeder auf den Pfennig, wieviel er und jeder andere am Tisch hatte. Sicher gute Skatspieler. Aber wehe, einer hat nicht gerechnet, dann wird gnadenlos zugelangt. Als ich meinte, ich wüßte nicht, wieviel ich getrunken habe und würde zahlen, was übrigbleibt, haben gleich drei noch was zu essen bestellt.«
    Wir schwangen uns über eine Trambahnabsperrung und rannten über die Straße.
    »… und was wär da der große Einsatz? Zehn Mark und Hausaufgaben abschreiben?«
    »Die haben doch Geld - versteckt in irgendwelchen Beutelchen. Zahlen tun sie mit Groschen, aber guck dir die Klamotten an, dafür kannst ’n Haus bauen. An die Beutelchen muß man ran.«
    »Na schön, können’s ja versuchen. Morgen abend bei Ellermann.«
    Slibulsky kratzte sich am Nacken. »Na ja, morgen abend… Vielleicht besser, wenn ich erst mal aus der Stadt verschwinde. Wenigstens bis raus ist, ob Charly dichthält.
    Und Manne is ’n Choleriker. Wenn der erfährt, seine Kohle ist weg, der ist zu allem fähig. War übrigens kein schlechter Trick.«
    »Ja, nicht schlecht.«
    »Nur, daß Manne keine Uhr trägt, aber da bin ich erst später draufgekommen.«
    »Warum eigentlich ’n Schwulenpuff?«
    »Weil mir in solcher Entfernung kein anderer Laden eingefallen ist. Charly hat neulich davon erzählt. Die Gäste würden da gefilmt und so…«, er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Ich hatte gehofft, is so ’ne abwegige Spur, da könntest du dich ’ne Weile festbeißen. Und außerdem…«, er boxte mir gegen die Schulter, »… man soll nichts unversucht lassen.«
    »Schönen Dank.«
    »Hab so was inner Zeitung gelesen. Jeder wär irgendwie schwul, man müßte sich nur richtig erforschen, dann käme man bei sich selber auch drauf. Was so Leute für ’ne Zeit haben müssen… sich zu erforschen, worauf man Lust hat.«
    »Was sie vor allen Dingen für ’ne Lust haben müssen.« Wir bogen um
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