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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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Verstand geraubt haben. Mit bis zum Anschlag geweiteten Augen zischte er: »Das wagst du nicht noch mal«, und sein Schatten kroch auf mich zu. »Wir haben uns lange genug verscheißern lassen! Guck, wie deine Knie zittern. Bist doch nur ’n schlechter Aprilscherz. Na los, sag April, April und gib mir die Kanone und verdufte!«
    Es fehlten nur noch Zentimeter, dann hätte seine Hand die Pistolen erreicht. In meinen Ohren begann das Blut zu kochen. Plötzlich sagte eine Stimme hinter mir »April, April«, es krachte zweimal, und Axels Kopf schlug getroffen zurück. Ein Brei aus Hirn und Haaren quoll hervor. Er war tot, ehe die Schüsse zwischen den Regalen verhallten.
    Charly bebte. Vom Stuhl aufgesprungen, starrte er auf den großen blutenden Körper, der zu Boden fiel. Er wurde bleich, wie ein vor Angst bebender Mann im schmutziggelben Licht nur bleich werden konnte. Um Axels Kopf bildete sich eine rote Lache. Ich drehte mich um. Slibulsky saß, wie er die ganze Zeit gesessen hatte, nur daß seine linke Hand jetzt eine Pistole hielt. Langsam ließ er sie in die Jackentasche gleiten und nahm das Streichholz aus dem Mund. Seine Lippen befiel ein leichtes Zucken.
    Schweigend schleppten wir den Leichnam an Kotflügeln und Radkappen vorbei zu einer grasbewachsenen Stelle, wo der Boden lockerer war. Während Charly sich zwischen zwei Autowracks erbrach, schaufelten Slibulsky und ich eine Grube. Genau über uns stand der Mond. Langsam entwickelte ich mich zum Totengräber.
    Nachdem die Erde wieder glattgeklopft und die Schaufeln an ihren Platz zurückgebracht waren, gab Slibulsky mir meine Brieftasche wieder. Dann lief ich ins Büro, um zwei Taxis zu bestellen. Slibulsky holte unterdessen einen schwarzen Koffer aus dem Toyota. Anschließend gingen wir noch mal ins Lager, packten den Hundekadaver in eine Plastiktüte und nahmen den Schmuck mit.
    Zu dritt traten wir auf die Straße, und ich stopfte die Tüte in einen öffentlichen Papierkorb. Charly stand, ganz grün im Gesicht, gegen eine Laterne gelehnt und zerbröselte mit abwesendem Blick einen Zigarillo zwischen den Fingern. Slibulsky hockte am Bordstein. Ich trat unter die Laterne und zündete mir eine Zigarette an.
    »Wenn was rauskommt, schieb ich Ihnen das Ding in die Schuhe - Streit um die Beute oder so. Außerdem käme Schmitz’ Name in die Zeitungen, und ich bin mir nicht sicher, auf wen von uns beiden er dann wütender wäre.«
    Charly nickte.
    Wenig später kam das erste Taxi, und Charly stieg ein. Kurz darauf das zweite. Slibulsky und ich schoben uns mit Geldkoffer und Schmuckbeutel auf die Rückbank, und ich sagte »Zum Flughafen, bitte.«
    Eine Weile fuhren wir schweigend, und der Taxifahrer sah mehrmals mißtrauisch in den Rückspiegel. Ganz alleine begann er ein Gespräch über den Unsinn von Winterund Sommerzeit, und ganz alleine brach er es auch wieder ab. Schließlich stellte er das Radio an.
    Als wir auf die Autobahn kamen, fragte ich: »Warum hast du die Pistole nicht rausgerückt?«
    Den Kopf leicht vorgebeugt, pulte Slibulsky am Gips.
    »Du hattest schon zwei«, antwortete er, ohne aufzusehen, »drei kann man nicht halten.«
    »Und wenn ich dich durchsucht hätte, was glaubst du, auf was für ’n Gedanken ich gekommen wäre?«
    Slibulsky schwieg. Ich sah aus dem Fenster, an dem die Lichter amerikanischer Wohnkasernen vorbeiflogen. Mein Arm pochte, und im Hintern spürte ich noch die Einstiche von Tetanus-  und Tollwutspritzen.
    »Was ich nicht verstehe, warum Schmitz euch die Villa gegeben hat. Egal, wie viele Prozente er bekommt, für ihn sind das doch alberne Summen.«
    »Weil Axel sein Neffe war.«
    Ich fuhr herum. »Du hast den Neffen von Eberhard Schmitz…?!« Gerade noch rechtzeitig verschluckte ich den Rest. Dennoch fing der Taxifahrer an, unruhig im Sitz hin-  und herzurutschen. Slibulsky mußte ihn vergessen haben, oder es war ihm im Moment sowieso alles egal. Jedenfalls zuckte er die Schultern und sagte: »Axel hätte dich fertiggemacht. Schon den ganzen Tag war er am Schimpfen, daß er vorm Bunker ’n schwachen Moment gehabt hat. Und als dann auch noch seine Töle in Fetzen flog - mir blieb keine Wahl. Außer du hättest geschossen, und danach sah’s nicht aus.«
    Als wir vorm Flughafen hielten und ich das Geld vorreichte, schaute der Fahrer mich nicht an, und seine Hand zitterte.
    Auf dem Weg zur Polizeiwache kaufte ich zwei Fußballzeitschriften. Dann mußten wir eine Weile warten, bis Benjamin Weiss eine Reporterin, der es
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