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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord
Autoren: Jakob Arjouni
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gelungen war, in den Anwaltsraum vorzudringen, zum Teufel gejagt hatte. Wie sie erklärte, arbeitete sie für die Illustrierte SCHAMPUS und wollte sich die Exklusivrechte an einer ›Picturestory‹ über die Flüchtlinge im Bunker sichern. Die Flüchtlinge, soweit sie freikamen, sollten Szenen des ›heavy Aufenthalts‹ nachstellen; der ›Clou‹ dabei sei, ›alle tragen die neue Gaultier-Winterkollektion, dazu Sonnenbrillen, die Frauen oben mit Schleier, aber untenrum möglichst sexy‹.
    Als sie fort war, übergaben wir Weiss Geld und Schmuck. Er trank einen Schnaps mit uns, spülte mit Aspirin nach und erzählte kettenrauchend, daß bisher niemand abgeschoben worden war und daß, nach Ansicht der Anwälte, das auch in den nächsten Tagen und Wochen nicht geschehen würde. Anschließend ging ich zu den Zellen und brachte Abdallah die Fußballzeitschriften, danach verließen wir die Wache. Um das Gebäude herum standen alle fünf Meter Polizisten mit Helm und Pistole. Gegenüber lümmelte sich ein Dutzend Reporter um einen Palmentopf und ließ Thermoskannen rumgehen. Der Platz dazwischen war mit Flugblättern übersät.
    »Und jetzt? Gehn wir was trinken?«
    Slibulsky schüttelte den Kopf: »Ich hab ’n Termin bei Schlumpi.«
    »Um zwölf Uhr nachts?«
    Die Schiebetüren stoben auseinander, und wir kamen in die Ankunftshalle. Slibulsky blieb stehen und erklärte mit verbissenem Gesicht: »Ich meine, wir sind jetzt quitt, und wenn ich nachts um zwölf ’n Termin bei Schlumpi habe, dann hab ich den eben. Danach können wir gerne was trinken gehen.«
    »Falls du dann noch ’n Glas halten kannst.«
    Er musterte mich argwöhnisch. Dann fuhr seine Hand mit fahriger Bewegung zur Decke. »Denk, was du willst, aber misch dich nicht ein.«

15
    Das Bahnhofsviertel platzte. Die Amis hatten freien Tag, und die Eintracht war in Mannheim null zu eins badengegangen. Frustrierte Soldaten und noch frustriertere Fußballfans schaukelten betrunken über die Bürgersteige, von Musik bebende Autos standen einmal um den Block im Stau. An den Straßenecken verursachten Hütchenspieler Aufläufe. Neonflackern, Hupkonzerte, Geschrei und Gesang vermischten sich zu einem wogenden bunten Strudel. An zwei Pennern vorbei, die sich um eine Büchse Bier stritten, während sie sich ein dritter übers Hemd kippte, gelangten wir vor den Eingang zum LÄCHELNDEN WÜRFEL.
    Slibulsky ging hinein, und ich setzte mich auf den Kofferraum eines der parkenden Autos. Vor mir marschierten zwei Frauen auf und ab. Die Luft war mild und roch verhältnismäßig sauber; wenigstens für eine Nacht hatte das Unwetter Abgase und Männergerüche in den Rinnstein gespült. Aus einem Fenster drang türkische Musik. Ich nahm eine Zigarette und stellte fest, daß meine Streichhölzer alle waren.
    »Feuer, Schätzchen?« Eine der Frauen baute sich breitbeinig vor mir auf und lächelte. Sie war um die Dreißig und hatte ein hübsches, etwas zu volles Gesicht. Ihre weiße Lackledermontur reichte knapp über den Hintern, und die Beine verschwanden in ebenfalls weißen, nadelspitz zulaufenden Schaftstiefeln.
    Ich nickte, und sie ließ ein Feuerzeug aufschnappen.
    »Oben hätt ich auch ’n Aschenbecher.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, ich warte auf jemand.«
    Sie musterte mich von oben bis unten. »Stehst mehr auf exotisch? Ich wohn mit ’ner Freundin zusammen, die zarteste Versuchung seit’s Schokolade gibt.«
    Wieder schüttelte ich den Kopf. »Ich sag doch, ich warte auf jemand.«
    »Auf den Kerl, mit dem du gekommen bist? Charlys Kläffer? Da kannst du lange warten.«
    »Wieso?«
    »Weil er ’n Arsch vollkriegt.«
    Ich nahm einen Zug, stieß den Rauch durch die Nase und zuckte die Schultern. »Geht mich nichts an.«
    »Warum sitzt ’n dann hier?«
    »Wir wollen was trinken.«
    »’n Kumpel von dir?« Ihre Lippen kräuselten sich verständnislos. Dann sah sie an mir herunter und fragte verächtlich: »Was bist ’n du für einer?«
    Kopfschüttelnd stiefelte sie zurück an ihren Platz. Ich schaute ihr nach, schnippte die Zigarette weg und sprang vom Kofferraum. Der Laden war gerammelt voll. Über den Köpfen hingen Rauchschwaden, und die Gesichter der Kellner glänzten vor Schweiß. Ich zwängte mich zur Theke und stieß unter schlagartig einsetzendem Gezeter der Frau am Zapfhahn die Büro-Tür auf: Schlumpi, der Mann, den ich nicht kannte, und Slibulsky. Seine rechte Wange war gerötet; jetzt rötete sich auch die linke.
    »Kayankaya! Verdammte Scheiße,
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