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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Autoren: Milly Johnson
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aber sie war zu klein dafür.
    »Aus dem Weg, Knirps!« Ben schob sie sanft zur Seite. Er streckte einen langen, muskulösen Arm aus und drückte mit einem breiten Daumen auf den Ausschaltknopf. »Gott, schon besser, das war ja nicht zum Aushalten!«
    »Sieh mal, so schlimm ist es gar nicht, Ben.« Raychel begutachtete den Schaden. »Es ist nur hier oben ein bisschen verbrannt. Das kann ich abschneiden.«
    »Würdest du das wirklich tun? Für mich?« Er sank auf die Knie und tat, als würde er Gott danken.
    Raychel gab ihm zum Spaß einen leichten Klaps. »Dir kann man so leicht eine Freude machen.«
    Er umschlang ihre Beine und zog sie an sich, und sie kreischte auf. Er war auf den Knien fast genauso groß wie sie.
    »Das stimmt doch gar nicht. Ich würde eher sagen, ich bin ganz schön wählerisch.«
    Raychel sah hinunter in sein süßes, entzückendes, lächelndes Gesicht. Die Bartstoppeln wuchsen schon wieder nach, obwohl er sich erst heute Morgen gründlich rasiert hatte. Seine dunklen, männlichen Arme hielten sie fest umklammert. Sie spürte seine Muskeln hart an ihrem Körper. Sie liebte ihn über alles.
    »Dann werde ich jetzt mal die Pasta servieren, oder?«
    »Augenblick noch.« Er wollte sie noch ein bisschen länger halten, wollte sie spüren, während er sich ein paar Strähnen ihres langen schwarzen Haars um den Finger wickelte und ihr Parfüm, das sich noch lange nicht verflüchtigt hatte, tief in sich einatmete. Er hätte sie stundenlang so einatmen können.
    »Bin ich denn genug für dich?«, fragte sie schließlich. Es war eine Frage, die er schon so oft gehört hatte, und er beantwortete sie so wie immer.
    »Ray, du bist alles, was ich mir je wünschen könnte.«

Drittes Kapitel
    A m nächsten Morgen stand Grace um halb sechs auf und sah sich mit der vierjährigen Sable zweieinhalb geisttötende Stunden lang die Teletubbies, Bob der Baumeister und Thomas die Lokomotive an. Die Energie eines Kleinkinds, so früh am Morgen nach einer schlaflosen Nacht, sorgte dafür, dass sie sich weitaus älter als ihre fünfundfünfzig Jahre fühlte. Gordon lag natürlich noch im Bett. Aufzustehen und sich um die Kinder zu kümmern war Sache der Frauen. So war es für Grace schon immer gewesen – erst zuhause bei Mum und Dad, und dann später, als sie den Witwer mit den vier von ihm finanziell abhängigen Angehörigen heiratete: Laura, sechs, Paul, fünf, Sarah, drei, und Rose, vierundfünfzig. Es kam ihr seltsam vor, dass sie inzwischen selbst älter war als ihre Schwiegermutter, als diese starb. Rose war in ihren Augen immer eine richtig alte Frau gewesen.
    Sarah kam um elf mit ihrem üblichen »Entschuldigt die Verspätung. Danke, dass sie über Nacht bleiben durfte. Ich weiß, es war in letzter Minute.«
    »Ist schon gut, Liebes.« Gordon war inzwischen auf den Beinen, in seinen Gartenklamotten, das dichte, stahlgraue Haar noch nass von einer ausgiebigen Dusche.
    »Ihr könntet wohl nicht noch eine Stunde oder so auf sie aufpassen?«, flötete Sarah mit ihrer besten, schmeichlerischen Kleinmädchenstimme. »Nur damit ich noch schnell zum Supermarkt kann?«
    »Natürlich kann sie noch bleiben.« Gordons fröhliche Stimme übertönte alles, was Grace zu dem Thema vielleicht zu sagen gehabt hätte. Er gab Sable einen Stups unters Kinn. »Sie kann mit in den Garten kommen und ihrem Opa zusehen, wie er ein paar Pflanzen sät.«
    »Draußen ist es viel zu kalt für sie.« Allein schon bei dem Gedanken wickelte sich Sarah etwas fester in ihren pelzbesetzten Umstandsmantel.
    »Na ja, sie kann ja auch bei ihrer Oma im Haus bleiben«, sagte Gordon. Oma . Das Wort zerrte an Grace’ Nerven wie ein Fingernagel, der über eine Tafel gekratzt wurde. Nana war ihr lieber, und das wusste Gordon genau. Es war, als würde er das Wort absichtlich benutzen – eine chinesische Wasserfolter, schön langsam, Tropfen für Tropfen: »Du wirst alt sein.«
    »In spätestens zwei Stunden bin ich zurück, versprochen«, strahlte Sarah, froh über diese Ausweitung ihrer Freiheit. »Allerhöchstens drei.«
    Sie versuchte zu ignorieren, wie erschöpft ihre Mutter aussah, und konzentrierte sich stattdessen lieber auf die gut gelaunte Miene ihres Vaters. Gordon verschwand nach draußen in seinen Schrebergarten. Grace überlegte angestrengt, wie sie es unter einen Hut bringen sollte, die Wäsche zu erledigen, die Betten abzuziehen und nebenbei auch noch eine hyperaktive Sable zu unterhalten. Sie hatte selbst Einkäufe zu erledigen, aber sie
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