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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Autoren: Milly Johnson
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den Schleifen oder Pailletten. Sie blieben unbehelligt von der Verkäuferin, die mit einem Ohr am Telefon hing.
    »… es kann gar nicht zu kurz sein, Sie waren doch dabei, als wir bei Ihnen Maß genommen haben. Ich habe Sie gefragt, ob Ihnen diese Länge recht sei, und Sie haben Ja gesagt. Na ja, Sie hätten eben die Schuhe tragen sollen, die Sie zu Ihrer Hochzeit tragen wollen. Wenn Sie in flachen Schuhen hierherkommen, um Maß nehmen zu lassen, und an Ihrem Hochzeitstag hohe Absätze tragen, wie kann das dann unsere Schuld sein?«
    Dawn nahm an, dass die Goldsterne für Kundenfreundlichkeit in diesem Laden eher dünn gesät waren.
    Muriel schnitt eine Grimasse, über die Dawn kichern musste. Sie schlüpften rasch aus dem Geschäft, und Dawn holte einmal tief Luft.
    »Wenn ich die Kundin dort am Telefon gewesen wäre, dann hätte ich den Hörer einfach aufgeknallt, mir ein Taxi hierher genommen und dieser verdammten Frau ihre eingebildete Fratze eingeschlagen«, sagte Muriel.
    Dawn musste so schallend lachen, dass sie es erst beim vierten Anlauf schaffte, die Wagentür zu öffnen. Sie wusste, dass Muriel den anderen erzählen würde, wie der Tag gelaufen war, mitsamt ihren witzigen Ausschmückungen. Sie hoffte, sie würde damit warten, bis Dawn dabei war, um es zu hören.
    Sie fuhren durch Penistone und weiter zu ihrem zweiten Stopp, »Liebe und Ehe«, einem weitaus exklusiveren Geschäft an der Holmfirth Road. Die Schaufensterauslage war hinreißend: ein elfenbeinfarbenes Kleid über einem Drahtgestell, das eine übertrieben kurvenreiche Figur darstellte, umgeben von Handtaschen und Schuhen mit teuren Designernamen. Es war ein himmelweiter Unterschied zu dem Geschäft davor. Beängstigend weit, wenn man nach diesen Namen hier ging: Choo, Prada, Chloé, Louboutin …
    Sie hatten kaum einen Fuß in das Geschäft gesetzt, als schon eine Verkäuferin auf sie zusteuerte und ihre Hilfe anbot.
    »Wir sehen uns nur um, danke«, sagte Dawn.
    »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«, hakte die Verkäuferin nach, während sie Muriel verstohlen von Kopf bis Fuß musterte. Es entging Muriel nicht, und sie kräuselte instinktiv die Lippe über den Zähnen.
    »Ich weiß nicht.« Dawn wünschte, sie könnte einfach unbehelligt ein bisschen umherschlendern.
    »Das hier ist doch ganz nett, Dawn.« Muriel nahm ein langes, cremefarbenes Kleid in die Hand. »Aber ich kann nirgends ein Preisschild sehen.«
    »Neuntausend«, sagte die Verkäuferin patzig.
    »Pfund?«, stöhnte Muriel. »Das soll wohl ein Witz sein?«
    »Nein, es ist von Vladimir Darq. Es ist so billig, weil es gebraucht ist.«
    Muriel klappte der Kiefer herunter. Von billig konnte bei dem Kleid nun wirklich keine Rede sein. Es verschlug ihr die Sprache bei der Vorstellung, dass jemand so viel Geld nur für ein Kleid hinblättern könnte.
    »Er ist ein berühmter Designer«, sagte die Verkäuferin. »Sie haben doch sicher schon von ihm gehört?«
    »So berühmt kann er ja nicht sein, wenn ich noch nie von ihm gehört habe!«, sagte Muriel naserümpfend. Es machte ihr Spaß, diese patzige Zicke auf die Palme zu bringen.
    »Ich schon.« Dawn nickte. »Aber mir war nicht klar, dass er ein Brautkleid-Designer ist.«
    »Er macht keine Hochzeitsgewänder mehr«, sagte die Verkäuferin. »Dieses Kleid stammt aus seiner allerletzten Kollektion … sehr gefragt.«
    »Vor allem von Leuten mit mehr Geld als Verstand.« Muriel schnalzte einmal laut mit der Zunge.
    »Ich suche eigentlich gar nichts so … Ausgefallenes«, sagte Dawn. Natürlich wusste die Verkäuferin, dass sie mit »ausgefallen« »teuer« meinte. Sie hatte nur einen Blick auf dieses Gespann werfen müssen, um zu wissen, dass die beiden unverrichteter Dinge wieder abziehen würden. Die Mutter, nahm sie an, dachte vermutlich, Vera Wang sei etwas, das es zu gebratenem Reis und Garnelencrackern gab.
    »Unsere Preisklasse beginnt bei fünftausend für dieses Teil hier«, sagte die Verkäuferin und zeigte ihnen ein schlichtes weißes Satinkleid unter einer dicken Polyäthylenschicht.
    »Oh.« Dawn tat aus Höflichkeit, als wäre sie entzückt von dem Kleid, aber alle Beteiligten wussten, dass sie hier mit Sicherheit nicht ins Geschäft kommen würden. Dawn nuschelte irgendetwas davon, »vielleicht erst einmal nachhause zu fahren und sich ein paar Zeitschriften anzusehen«, um das Geschäft wenigstens mit etwas Würde zu verlassen. Zwei Minuten später stieß sie einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als sie auf die Straße
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