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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Autoren: Milly Johnson
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trat.
    »Sie glaubt wohl, sie ist in Paris, nicht in unserem beschissenen Barnsley!« Muriel lachte noch auf der Türschwelle lauthals auf. »Zweiundzwanzig Pfund für eine Strumpfhose? Eine Strumpfhose, hast du das gesehen?«
    Auf dem Weg zurück nach Barnsley über das kleine, malerische Dorf Maltstone bremste Dawn gegenüber der Kirche auf einmal scharf ab, sodass Muriel fast durch die Windschutzscheibe geschleudert wurde.
    »Ich wusste gar nicht, dass es hier ein Brautmodengeschäft gibt, und du, Mu?«
    »Woher sollte ich das wissen?«, schnaubte Muriel. »Ich habe keinen Grund, nach Maltstone zu fahren. Hier habe ich nichts verloren.« Muriel hatte mit Gartencentern und ländlichen Teestuben nicht viel am Hut.
    Vor einem Geschäft mit einem Erkerfenster, in dem ein paar wunderschöne Brautkleider ausgestellt waren, fuhr Dawn rückwärts in eine Parklücke. Über der Tür hing ein Schild, auf dem in romantisch verschnörkelter Schrift schlicht »Weiße Hochzeit« stand.
    Die Türklingel bimmelte leise, als Dawn und Muriel eintraten.
    »Großer Gott, das ist ja die reinste Tardis!«, sagte Muriel etwas zu laut. Das schmale Geschäft schien sich nach hinten bis ins Unendliche zu erstrecken. Volle Kleiderständer säumten die Wände, und Vitrinen mit Brautkrönchen und Schuhen erstreckten sich vom Boden bis zu der niedrigen Decke. Dawns Mund öffnete sich zu einem entzückten, runden O. Das war schon besser!
    Eine gertenschlanke, elegante Verkäuferin begrüßte sie mit einem breiten Lächeln. An ihrem schlichten, schwarzen, maßgeschneiderten Kleid trug sie ein Namensschild, auf dem »Freya« stand. Sie musste etwa in Muriels Alter sein, dachte Dawn, auch wenn sie mit ihrem hübsch frisierten Haar und den nicht abgekauten Fingernägeln bestimmt fünfzehn Jahre jünger aussah.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte Freya Dawn höflich.
    »Ich werde heiraten, und ich, äh … brauche ein Kleid dafür«, sagte Dawn verlegen.
    »Na, dann sehen Sie sich ruhig um«, sagte Freya. »Lassen Sie mich nur sagen, beurteilen Sie ein Kleid nicht, bevor Sie es anprobiert haben. Sie würden sich wundern, wie viele Bräute nach einem ganz bestimmten Stil suchen, nur um dann festzustellen, dass er ihnen überhaupt nicht steht.«
    »Danke.« Dawn fühlte sich sehr wohl in diesem Geschäft. Sie und Muriel sahen sich kurz um, aber Dawn begriff bald, dass sie vielleicht doch professionelle Hilfe benötigte.
    »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, es sind einfach so viele«, sagte sie. Sie wollte nichts falsch machen, denn was, wenn sie hier ein Kleid fand, es kaufte und dann ein anderes entdeckte, das noch hübscher war? Dieser Gedanke hatte sie schon ein paarmal beunruhigt.
    »Na ja, dann fangen wir doch am besten mit der Farbe an«, sagte die Verkäuferin. Sie musterte Dawns blasse, sommersprossige Haut und ihr schulterlanges, kupferfarbenes Haar. »Wenn Sie gestatten, würde ich Ihnen eher elfenbeinfarben als weiß empfehlen. Weiß ist nicht immer schmeichelhaft, vor allem nicht für Leute mit blasser Haut, so wie Sie. Größe 38, würde ich schätzen?«
    »Stimmt genau«, erwiderte Dawn. Freya ging zu dem Ständer mit Größe 38, während Muriel Kleider in Größe 52 von den Bügeln nahm und sie sich anhielt.
    »Werden Sie denn eine Sommer- oder eine Winterbraut sein?«, fragte Freya.
    »Juni«, sagte Dawn.
    »Ich könnte eigentlich auch eins anprobieren«, sagte Muriel. »Ich sollte Ronnie überreden, sein Ehegelübde zu erneuern. Schließlich bin ich jetzt so viel dünner als damals, als wir das erste Mal vor den Traualtar getreten sind.«
    Freya zuckte nicht mit der Wimper, obwohl Muriel jetzt über hundertfünfzig Kilo auf die Waage brachte.
    »Wir werden eine Doppelhochzeit feiern«, lachte Dawn.
    Freya zog ein langes, wallendes Kleid hervor und schüttelte es glatt.
    »Das hier ist aus Seide, elfenbeinfarben, wie Sie sehen, hinten mit einer Schleife, und das Oberteil ist vorn mit Perlen besetzt. Sehr schmeichelhaft für Damen mit eher kleiner Oberweite.«
    »Also nichts für mich«, schnaubte Muriel und lachte so schallend auf, dass ihre üppigen, notdürftig eingeschnürten Brüste wogten wie zwei riesige Baiserhauben. Der BH , der Muriels Brüste ohne ein Industriegerüst in Schach halten konnte, musste erst noch erfunden werden.
    »Es ist wunderschön«, sagte Dawn, aber sie schüttelte den Kopf. »Aber es springt mir nicht wirklich ins Auge.«
    »Okay.« Freya zog die Plastikschutzhülle rasch wieder darüber.
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