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Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
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auch zwischen Zivilisation und Wildnis Leben verleiht.
    Ebenso originell ist der Held der neuen Serie – in den USA erscheint im Juli 2001 der dritte Roman – in der Verbindung von Genretradition und glaubwürdiger Innovation, die er verkörpert. Raymond Chandler hatte auf den ersten Seiten seines Erstlings »The Big Sleep« seinen Helden Marlowe gleich symbolisch mit dem Glasgemälde eines Ritters konfrontiert, dem der Privatdetektiv gerne bei der Befreiung einer Jungfrau geholfen hätte – was Marlowe, bei aller modernen Gebrochenheit, letztlich auch tut. Hamilton ist nun so ehrlich, seinen Helden auch mit einem doppelten Heldennamen auszustaffieren: Alexander McKnight; das englische ›knight‹ = ›Ritter‹ erscheint also direkt in seinem Namen.
    Dieser ›Ritter‹ ist jedoch von seinem Schöpfer von vornherein bewusst mit ›Furcht und Tadel‹ ausgerüstet worden: In seiner Brust steckt eine Kugel, immerwährende Erinnerung an das Ende seiner Dienstzeit als Polizist in Detroit, bei dem er selbst niedergeschossen und sein Partner getötet wurde. Körperlich versehrt – er bezieht seitdem eine Invalidenrente –, ist er auch innerlich beschädigt. Nicht nur verfolgen ihn Selbstvorwürfe ob des damaligen unprofessionellen Versagens, auch heute noch kann ihn jederzeit die Erinnerung an das damalige Blutbad einholen und in seinen Aktivitäten lähmen: Was diesen Superman sympathisch macht, ist sein – wie die wortwörtliche Kugel! – tiefsitzendes Trauma, sein grünes Kryptonit ist das Versagen vor vierzehn Jahren.
    Neben der für seine bescheidenen Ansprüche hinlänglichen Rente sind Blockhütten, die sein Vater in einem großen, von ihm gekauften Waldstück selbst gebaut hat und die der Held jetzt an Jäger und Sportler vermietet, Grundlage seiner Existenz. Zu seiner Tätigkeit als lizensierter Privatdetektiv hat ihn ein – fast schon: der – Anwalt aus Sault Ste. Marie überredet. Neben einem reichen Klienten, dessen Privatgeschäfte er regelt, McKnights Freund Edwin Fulton III., sind es Schadensersatzfälle, mit denen er seine mittelprächtige Existenz fristet – »chasing ambulances« nennt der Anwalt Uttley selbst spöttisch seine hauptsächliche Tätigkeit: In Amerika kennzeichnet man so verächtlich Feld-, Wald- und Wiesen-Anwälte, die hinter den Opfern herlaufen, um noch die windigsten Schadensersatzansprüche gegen Erfolgsbeteiligung geltend zu machen. Für Ermittlungen in solchen Fällen braucht er einen privaten Ermittler wie in Deutschland Dr.   Renz seinen Matula, und Alex McKnight lässt sich, mehr aus sportlichem Ehrgeiz, überreden. Angewiesen auf die Honorare ist er nicht.
    Zum für den Durchschnittsamerikaner und erst recht für den Europäer exotischen Milieu des nördlichsten Teils der großen Seen und zum glaubwürdigen Helden tritt ein außergewöhnlich gut und dicht konstruierter Plot, der den Leser in seinen Bann schlägt – hart und blutig im Wortsinne, und dennoch weit entfernt von der ›violence is fun‹-, der ›Gewalt-macht-Spaß‹-Schule. Nicht das Meer von Blut, mit dem der Roman beginnt, macht die Faszination aus, sondern das leise Grauen, das von einer vor der Hüttentür oder in einem Ruderboot liegenden roten Rose ausgehen kann. Und dieser Plot ist – und das wird auch ein Merkmal der weiteren Hamilton-McKnight-Romane sein – mehr als doppelbödig. Wenn der Held – und mit ihm der Leser – die Lösung gefunden zu haben glaubt, tut sich dahinter ein neues Rätsel auf, ein leises der Unstimmigkeiten und der subtilen Widersprüche, das auch der Leser selbst gemäß dem Fairness-Gebot des klassischen Detektivromans lösen kann.
    Nur in einem Punkt verlässt der Debütant Hamilton die strenge Hammett-Schule, wie Chandler und Macdonald sie vermittelt haben – er gestattet seinem Helden minimale Erzählerkommentare und Vorgriffe, die für den genauen Leser die Erzählsituation nach den Ereignissen situieren.
    Mit den Romanen des eingangs zitierten William L.   DeAndrea, mit Conor Daly (»Mord an Loch acht«, »Tod eines Caddie«, »Schwarzes Loch siebzehn«) und jetzt mit der neuen Serie Hamiltons, die bei uns fast zeitgleich mit den Originalen in den USA erscheint, präsentieren wir drei herausragende Vertreter einer aktuellen Variante des Genres Kriminalroman: originelle zeitgenössische Milieus, glaubwürdige Helden und exzellent konstruierte Plots, die den besten Vertretern des Golden Age in nichts nachstehen.
    Volker Neuhaus
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