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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom
Autoren: Val McDermid
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unakzeptabler Gegenwert im Vergleich dazu ist, dass Radecki gefasst wurde und seine Geschäfte eingestellt werden konnten, würde ich sagen müssen, nein.«
    »Sie Dreckskerl«, sagte sie leise.
    Er hob den Blick und sah sie an. »Sie sind Polizistin, Carol. Es ist Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen, genauso wie mir. Wären unsere Rollen vertauscht gewesen, hätten Sie genau das Gleiche getan. Und das ist es, was Sie jetzt fast umbringt. Es ist nicht die Tatsache, dass ich Sie verraten habe, sondern dass Sie wissen, Sie hätten auch nichts anderes getan, wenn es an Ihnen gewesen wäre, die Befehle zu erteilen.«

Kapitel 40
    M it jedem Tag wurde er stärker. Tony spürte die Kraft in seinen Körper zurückkehren, als Knochen und Muskeln nach und nach heilten. Er war noch lange nicht ganz wiederhergestellt, aber nicht mehr so schwach wie in den ersten beiden Tagen, nachdem er von Radecki und Krasic zusammengeschlagen worden war. Seine Bewegungen waren noch steif und ungelenk, aber zumindest konnte er gehen ohne das Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen.
    Und er musste zugeben, dass es irgendwie wohltuend war, auf dem Wasser zu sein, besonders nach der unsanften Begegnung, die er über sich hatte ergehen lassen müssen. Er hatte darauf bestanden, Marijke zu dem Treffen in Köln zu begleiten, um sich dafür stark zu machen, dass sie Mann konfrontieren sollten. Aber obwohl die deutsche Polizei dankbar für seinen Rat als Profiler gewesen war, lehnte sie eine solch unorthodoxe Vorgehensweise strikt ab. Die höheren Beamten hatten argumentiert, dass es von ihren Gerichten als Falle angesehen werden könnte, und wollten das eventuelle Risiko nicht eingehen, wegen Tonys Vorschlag einen Prozess am Bein zu haben. Er hatte so überzeugend argumentiert, wie er konnte, aber sie waren hartnäckig geblieben. Schließlich erklärten sie sich lediglich dazu bereit, Mann von einem Boot aus zu observieren.
    Nach dem Treffen hatte ihn Marijke schnell in ein ruhiges Lokal in der Nähe des Polizeipräsidiums geschleppt. »Ich war zuerst nicht deiner Meinung«, gab sie zu. »Aber ich habe dir heute zugehört und glaube, vielleicht ist dein Weg die einzige Möglichkeit, die Sache zu Ende zu bringen.«
    Tony sah auf den Tisch hinunter und dachte daran, dass Marijke ihre Unterstützung zurückziehen würde, wenn sie wüsste, warum er so sehr darauf bestand, Mann zu stellen. Bei einer Operation der Polizei gab es nichts Gefährlicheres, als wenn persönliche Gefühle bei beruflichen Aktionen eine Rolle spielten. Er hatte das Gefühl, dass er seit seiner Ankunft in Deutschland lediglich erreicht hatte, der Frau, die er liebte, Schaden zuzufügen, und musste unbedingt etwas tun, um dieses Gefühl zu beschwichtigen. Aber er behielt diese Gedanken für sich und antwortete nur, sie bräuchten jetzt einen Plan. »In den akademischen Kreisen wird die Gerüchteküche brodeln«, fügte er hinzu. »Wie ich schon bei der Besprechung sagte, wird er entweder untertauchen, bis es wieder ruhig wird, oder jedes potentielle Opfer, das er jetzt aufs Korn nimmt, wird höchstwahrscheinlich den Kontakt mit ihm ablehnen. Man weiß nicht, was er tun wird, wenn ihm so ein Strich durch die Rechnung gemacht wird. Ich weiß, es ist heute darüber gesprochen worden, eine Täuschungsaktion zu starten, aber es gibt einfach zu viele mögliche Zielpersonen, als dass dies durchführbar wäre, besonders wenn er seine Art der Kontaktaufnahme mit den Opfern ändert. Ich verstehe, warum die Polizei nicht erlauben will, dass ich mir Mann unter vier Augen vornehme, aber es gibt keine andere Möglichkeit. Wie können wir also deine Leute überreden, mich zu unterstützen?«
    So hatten sie Vorschläge gemacht und verworfen, bis sie endlich etwas fanden, das eine Möglichkeit zu versprechen schien. Marijke, die neuerdings bei Maartens einen Stein im Brett hatte, war es gelungen, ihren Chef zu überzeugen, dass sie an der Verfolgung teilnehmen sollte. Sie hatte eine zehn Meter lange Motorjacht mit zwei Kajüten, einer winzigen Kombüse und einer penetrant riechenden Chemie-Toilette gemietet. Der Gedanke war, von dort in Sichtkontakt mit der
Wilhelmina Rosen
zu bleiben, während sie rheinabwärts nach Holland fuhr. Wenn Mann es unterwegs auf ein weiteres Opfer abgesehen zu haben schien, würde die deutsche Polizei das Nötige tun. Aber wenn sie es ohne Zwischenfall über die holländische Grenze schafften, würde Tony versuchen, Mann entgegenzutreten und ihm Beweise zu entlocken,
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