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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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als das Vierfache ihrer Monatsmiete war. Sie hauste sicher in einer versifften Bruchbude, durch deren Wände der Regen drang und die über einer billigen Kneipe lag. Und sie schleppte garantiert irgendeinen unrasierten und versoffenen Typen durchs Leben.
    »Hast du eine Uhr?«, fragte er noch.
    »Na, sicher«, sagte sie noch immer misstrauisch. Dann nahm sie den Geldschein. »In einer Stunde hier.«
    »Das ist schön«, sagte Basie und ging weiter.
    Er wurde nicht schneller, im Gegenteil, er verfiel in eine geradezu träge Gangart und wirkte wie jemand, der auf einen zufällig herumstehenden Stuhl wartet.
    Nach zwanzig Minuten war er wieder beim alten Billy, der sich einen großen Plastikbecher voller Fusel besorgt hatte und laut schlürfte, wenn er davon trank.
    »Was sagt dieser Tragger?«
    »Tragger gibt dir den Toyota. Er sagt, zwei Hunderter wären gut.«
    »Hundert kann er haben«, erwiderte Basie. »Die Kiste wird doch sowieso nur vom Rost zusammengehalten.«
    »Ich frage ihn«, murmelte der Alte und verschwand. Nach einigen Minuten kam er zurück und ließ einen Schlüssel an einem Ledermäppchen um den Zeigefinger kreisen. »Tragger sagt, das geht in Ordnung. Und du sollst die Kiste auf ewig verschwinden lassen.«
    »Und das Geld gebe ich dir?«
    »Das Geld kriege ich.« Billy nickte. »Wir sind alte Kumpel, Tragger und ich.«
    »Na, denn«, sagte Basie. »Mach’s gut.«
    Er streifte sich dünne, schwarze Lederhandschuhe über. Im Innenraum des Autos stank es, das ganze Auto stank widerlich, und Basie warf erst einmal zwei dreckige kleine Kissen hinaus. Jemand hatte eine Marienfigur aus Plastik auf das Armaturenbrett geklebt, und Basie sagte spöttisch: »Hi, Maria!« Er brach die Plastikfigur ab und warf sie ebenfalls auf die Straße. Als er den Motor startete, hörte er, dass er einen Diesel gekauft hatte. Und der ratterte unregelmäßig und stank ebenfalls enorm. Aber er lief. Basie schaltete den Motor wieder aus und trabte zu einem Restaurant. Er setzte sich an einen kleinen Tisch in einer schmalen, kopfsteingepflasterten Gasse und ließ sich ein halbes Dutzend Austern bringen. Das war sündhaft teuer, aber er wusste, dass der Chef alle Spesen wortlos genehmigte, wenn es um eine Eva ging. Dann aß er noch eine kleine Portion Spaghetti aglio e olio, ehe er zahlte und zum Auto zurückging.
    Er steuerte wieder die Straße der Nutten an. Da stand sie schon, und sie hatte sich etwas verändert, was vermutlich auf den Hundertdollarschein zurückzuführen war. Sie trug neue Jeans und ein neues weißes Hemd. Und sie war schrecklich geschminkt und roch aufdringlich nach einem billigen Parfüm.
    Als sie sich neben ihn setzte, fragte sie aggressiv: »Also, wohin geht es, Onkelchen?«
    »In das Haus meines Freundes«, antwortete Basie. »Wie heißt du eigentlich?«
    »Selma. Und der Freund hat Kohle, he?«
    »Das kann man so sagen.«
    »Und du? Hast du auch Kohle?«
    »Es reicht ganz gut zum Leben.«
    »Und wieso fährst du so eine alte Karre?«
    »Sie läuft, und das reicht.«
    »Und wieso … und wieso trägst du Handschuhe? Also, das ist ja irre.« Ihre Stimme war plötzlich grell vor Misstrauen.
    »Es ist das Auto von einem Hausdiener«, sagte er entschuldigend. »Von meinem Freund war gerade keines frei. Und Handschuhe trage ich oft. Wegen der Hygiene.«
    »Wie viele Karren stehen denn da, wenn alle frei sind?« Es schien ihr Spaß zu machen, ihn auszufragen.
    »Na ja, vier oder fünf, nein, sechs.«
    »Oh Mann, reich müsste man sein.«
    »Das stimmt.« Basie nickte ohne einen weiteren Kommentar.
    Dann schwieg sie, zündete sich eine Zigarette an, drückte sie sofort im überfüllten Aschenbecher aus, zog ein Spray aus der kleinen, bunten Handtasche und machte ihren Atem frisch.
    Als Basie in die schmale Zufahrt einbog und das niedrige, schneeweiße Haus sichtbar wurde, war sie etwas nervös und fragte: »Wie ist er denn so, dein Freund?«
    »Er braucht es hart.«
    Sie sah ihn mit einem schnellen Seitenblick an. »Dann wird Mami ihn bestrafen«, stellte sie fest. Darin kannte sie sich aus.
    Basie fuhr vor die Garagen, und sie stiegen aus.
    »Das ist ja ein Märchenschloss«, rief sie. »Wie bei Elvis in Memphis.«
    »Warst du mal in Memphis?«, fragte Basie.
    »Ja klar, ich war damals mit einem aus Vegas zusammen. Der war ein Elvis-Fan, und manchmal dudelte er von morgens bis abends ›In the Ghetto‹ … War ganz furchtbar, der Kerl. Und außerdem ein Schwein, wenn du verstehst, was ich meine.« Sie stakste
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