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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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bis zum Ende der A 95.
    Als er die steile Straße zum Kloster Ettal erreichte, war es drei Uhr. Er war zufrieden mit sich und seiner Leistung, er fühlte sich nicht im Geringsten müde oder erschöpft. Im Graswangtal lag dichter Nebel, und Müller schaukelte sich Meter um Meter vorwärts. Die Sicht lag unter fünfzig Metern.
    Dann sah er rechts einen schweren BMW am Straßenrand stehen. Münchner Kennzeichen, drei Männer. Vielleicht ein Bundesermittlungsrichter, dachte er, vielleicht die Bundesanwaltschaft.
    Er suchte den zweiten Wagen und fand ihn nur tausend Meter weiter in entgegengesetzter Richtung stehen. Ebenfalls mit drei Männern.
    Irgendwo zwischen den Autos musste die Einfahrt zu Breidscheids Anwesen sein, er hatte sie nicht gesehen.
    Müller fuhr einige hundert Meter weiter und hielt dann an einem Feldweg, der nach links zum Wald hin führte. Dort parkte er und schaltete die Standheizung ein. Er suchte nach einem Sender mit Dudelfunk, fand einen, wurde aber konfrontiert mit der Nachricht, dass die Bild an diesem Tag mit der Zeile aufgemacht hatte: »Wer ist der Nackte?« Resigniert dachte er: Ich werde mir die Haare färben und einen Bauch anfressen. Dann wird mir Krause einen Schreibtischjob verschaffen, und einmal im Jahr werde ich vierzehn Tage auf Sylt verbringen.
    Irgendwann schlief er ein, war aber noch aufmerksam genug, sich den Wecker auf sechs Uhr zu stellen.

NEUNTER TAG
     
    Müller blinzelte in einen freundlichen Tag, die Sonne strahlte, das Gras flimmerte nass. Einen Augenblick lang erschrak er, weil er fürchtete, irgendetwas verpasst zu haben. Aber die beiden schweren Autos standen immer noch am Straßenrand, und wahrscheinlich hatten sich die Insassen nicht den Luxus gegönnt, zwei Stunden zu schlafen.
    Er rief Goldhändchen an.
    »Müller hier. Habt ihr Neuigkeiten?«
    »Keine. Ist es indiskret, dich zu fragen, ob du gerade das Haus von Breidscheid siehst?«
    »Das ist nicht indiskret«, antwortete er.
    »Du hättest mich mitnehmen können«, sagte Goldhändchen vorwurfsvoll. »Dann sehe ich endlich mal jemanden, hinter dem ich her bin wie der Teufel hinter der armen Seele. Er wird gleich abhauen, nicht wahr?«
    »Ja. Und eigentlich weiß ich nicht, was ich hier soll.«
    »Du musstest dich abreagieren«, sagte Goldhändchen. »Das kann ich gut begreifen. Weißt du, wen ich gerade im Fernsehen sehe?«
    »Einen armen nackten Mann in Unterhosen«, erwiderte Müller.
    Dann hörte er den Hubschrauber und sagte hastig: »Bis später.«
    Er fuhr aus dem Feldweg hinaus auf die Straße.
    Der Hubschrauber schwenkte in das Tal ein, so perfekt, als habe er das geübt.
    »Wir sind Idioten!«, schrie Müller. »Natürlich lässt er sich vom Hubschrauber holen. Natürlich!« Dann setzte er hinzu: »Und wir hocken hier in unseren muffigen Blechkisten und warten darauf, dass er mit einem Scheißauto abhaut.«
    Der Hubschrauber ging nieder, legte sich dann quer zum Tal und beschrieb einen engen Bogen, ehe er sich aufrichtete und ein paar Meter durchsackte. Endlich setzte er neben den großen Gebäuden auf.
    Es kamen Menschen aus dem Haus, die Koffer schleppten, viele Koffer. Dann kam ein Schwarzer, der einen silbern blinkenden Koffer trug, gefolgt von Breidscheid, der sich umwandte und seinen Leuten zuwinkte. Neben ihm stand ein schmaler, kleiner Mann.
    Müller dachte: der Priester, der Beichtvater, der was weiß ich.
    Dann war er unmittelbar hinter einem der schweren BMW, stieg aus und ging die wenigen Schritte nach vorn.
    »Wir haben keine Beweise mehr«, sagte er. »Sie können also nach München zurückkehren.«
    »Hä?«, entgegnete der Fahrer. »Wer sind Sie überhaupt?« Der Hubschrauber in der Wiese wurde schriller, hob sich langsam in die Höhe, drehte sich und senkte seine Schnauze, um Fahrt aufzunehmen.
    »Das war’s«, murmelte Müller. »Ich wünsche einen schönen Tag.«

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100
Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte
Papier München Super liefert Mochenwangen.
     
     
     
     
    2. Auflage
Vollständige Taschenbuchausgabe 03/2007
    Copyright © 2005 by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
    Printed in Germany 2007
Umschlagillustration: © Kat Menschik, Berlin
    eISBN : 978-3-641-02636-3
     
    www.heyne.de
    www.randomhouse.de
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