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Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Ein guter Mann: Roman (German Edition)

Titel: Ein guter Mann: Roman (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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helfen können. Sie sollten vielleicht ein Sprechgerät bei sich haben.«
    »Kein Sprechgerät. Pjotr ist doch nicht dumm. Holen Sie nur die Schlüssel.«
    Schück verschwand erneut in Richtung Straße.
    Müller begann sich auszuziehen und legte seine Kleidung auf einen Haufen.
    Schück kehrte zurück und gab Müller die Schlüssel. »Sollen wir ihm Bescheid sagen?«
    Müller nickte und nahm das Handy. Dann stellte er sich ein wenig breitbeinig in die Toreinfahrt: »Okay. Kannst du mich sehen?«
    »Ich sehe dich. Nackt siehst du noch hübscher aus.« Pjotr lachte.
    »In welchem Keller ist Achmed?«
    »Erster Keller links«, sagte Pjotr. »Du hast zehn Minuten, nicht mehr.«
    Müller starrte verkrampft auf den Bau, konnte aber Pjotr nicht sehen, weil die Glasscheiben im vierten Stock die Sonne reflektierten. Er reichte Schück das Handy zurück und sagte lapidar: »Bis später.«
    Dann ging er los, und während der ersten Schritte tat ihm die kühle Abendluft gut. Er dachte wütend: Verdammt noch mal, Achmed, du hast keine Ahnung, was du angerichtet hast. Er hatte nicht die geringste Furcht, dass Pjotr ihn erschießen würde. Pjotr konnte froh sein, wenn er noch ein paar Stunden lebte. Die Frage war, ob er das wusste.
    Er erreichte die Haustür auf der linken Seite, er war für Pjotr und seine Leute jetzt unsichtbar.
    Es handelte sich um ein Bürohaus, einen Zweckbau. Müller sah eine große Tafel mit allen Firmen, die hier residierten, dann den Zugang zum Lift. Es gab drei große Töpfe mit Grünpflanzen, die das Ganze eher noch trister machten. Dann gab es eine Tür ohne Aufschrift. Müller drückte sie auf, er war in einem Treppenhaus.
    Irgendwo über ihm sagte Pjotr: »You are welcome!«
    »Ich gehe in den Keller«, sagte Müller.
    »Und nirgendwo sonst hin.«
    »Richtig.«
    Er konnte Pjotr nicht sehen, begriff aber sofort, dass Schück einen gewaltigen Planungsfehler machte, wenn er annahm, dass die Gruppe im vierten Stock verharrte. Pjotr und seine Leute konnten überall sein, sogar im Keller.
    »Hast du dir ein Walkie-Talkie unter die Eier gebunden?«, fragte Pjotr.
    »Nein«, antwortete Müller. »Du kannst nachsehen, wenn du willst.«
    Pjotr lachte wieder, er schien eine Frohnatur zu sein.
    »Das tue ich sogar.«
    Er kam die letzte Treppe vom ersten Stock herunter. Seine Augen waren dunkel und gingen unaufhörlich hin und her, seine Kinnbacken mahlten, er stand unter hohem Stress. Aber eines war vollkommen klar: Er war eine beeindruckende Figur.
    Er sagte: »Okay, lass die Hosen runter.«
    Seine Bewaffnung war eine tschechische Maschinenpistole. Außerdem trug er eine schwere Faustfeuerwaffe in einem Seitenhalfter und eine weitere Waffe in seinem Gürtel vor dem Bauch. Die vor dem Bauch war eine silbern schimmernde Glock.
    Müller schob seine Unterhose bis auf die Knie und sagte: »Willst du mir etwa auch in den Arsch sehen?«
    »Nein, danke.«
    »Ich muss durch diese Tür da?« Müller zog die Unterhose wieder hoch und deutete auf die Tür rechts von ihm. Da war ein Schild befestigt: »Tür bitte schließen!«
    Pjotr nickte. »Du gehst vor mir her. Und zwar langsam, Stufe für Stufe, okay?«
    »Mache ich.« Müller zog die Tür auf. Vor ihm war eine kurze Treppe. Vier Stufen nur. Dann ein betongrauer Gang.
    »Langsam«, sagte Pjotr. »Und jetzt links.«
    Es war ein schmaler Verschlag, vielleicht zwei Meter breit. Eine Tür aus Dachlatten, abgesichert mit einem Vorhängeschloss. Das war geöffnet. Dahinter große Pappkartons.
    »Wo ist Achmed?«, fragte Müller.
    »Dahinten«, sagte Pjotr. »Geh nur.«
    Müller schob die Tür auf und bewegte sich auf den dreißig Zentimetern, die zwischen den Pappwänden freigelassen waren.
    Es stank entsetzlich nach Urin und Exkrementen, es stank nach Tod.
    »Ihr habt ihn hier unten verrecken lassen«, sagte Müller heiser.
    »Nein, wir haben ihm sogar zu essen gebracht. Du wirst sehen.«
    Müller stieß an einen Karton und spürte, dass er leer war. Dann erreichte er Achmed.
    Sie hatten ihm ein paar Kartons gefaltet und eine Unterlage geschaffen. Dann hatte er wohl die Wolldecke darauf ausgebreitet und sich hingelegt. Daneben stand eine Blechdose, Aufschrift »Linsensuppe«, mit einem Löffel darin.
    »Achmed«, sagte Müller erschüttert.
    »Charlie«, hauchte er. Sein Gesicht war weiß wie die Wand, er hatte ganz hohle Wangen, die Augen wirkten riesig. Seine Hände bewegten sich unruhig wie fremde Wesen, die mit seinem Körper nichts zu tun hatten.
    »Du hast mich
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