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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse
Autoren: Ann Granger
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später am Nachmittag anberaumt war. Sie durften auf keinen Fall zu spät kommen – das hätte eine Erklärung erfordert und die Situation komplizierter gemacht. Sie sahen sich hastig im Wohnzimmer um, gingen ins Schlafzimmer und durchsuchten es oberflächlich. Sie fanden nichts, doch Sie waren noch nicht zufrieden. Sie brauchten mehr Zeit. Auf einem Tablett auf dem Nachttisch lag ein Schlüssel, der aussah, als könnte er zur Haustür passen. Perfekt! Sie nahmen ihn und steckten ihn in Ihre Tasche in der Absicht, sich damit bei Ihrer Rückkehr Einlass zu verschaffen. Anschließend verließen Sie das Haus auf dem gleichen Weg, auf dem Sie es betreten hatten.
    Doch dann überschlugen sich die Ereignisse, wie Ihnen schnell klar wurde, als Sie bereits in der Abendzeitung von dem Mord an Ihrem Cousin lasen. Sie mussten ihren Plan aufgeben, in das Haus zurückzukehren … wenigstens für eine Weile. Doch der Schlüssel blieb in Ihrer Tasche. Vielleicht, weil Sie glaubten, es wäre der sicherste Platz dafür. Niemand würde ihn dort finden.«
    »Wenn Sie glauben …«, sagte Tapley in gemessenem Ton und blickte mich herausfordernd an, »… wenn Sie allen Ernstes glauben, dass das der Schlüssel zu Mrs. Jamesons Haus ist, dann schlage ich vor, Sie nehmen ihn und schließen damit die Tür auf.«
    Ich war darauf gefasst gewesen, und zum zweiten Mal erlaubte ich mir ein dünnes Lächeln. »Sie schlagen vor, dass ich es versuchen soll, weil Sie wissen, dass er nicht mehr passt. Das Schloss wurde ausgetauscht, gleich am nächsten Morgen, auf meine Empfehlung hin. Andererseits haben Sie soeben offenbart, dass Ihnen das durchaus bekannt ist, Sir. Also sind Sie tatsächlich noch einmal zum Haus der Witwe Jameson zurückgekehrt, habe ich Recht? Und Sie konnten nicht hinein. Sie wollten nicht riskieren, noch einmal durch den Hintereingang zu gehen – oder vielleicht haben Sie es an der Küchentür probiert und festgestellt, dass das Dienstmädchen sie abgesperrt hatte. Kein Wunder angesichts der Tatsache, dass sich im Haus ein Mord ereignet hatte, als die Tür das letzte Mal unverschlossen geblieben war. Alle waren übervorsichtig.«
    »Wenn das Schloss der Haustür ausgewechselt wurde«, sagte Tapley, »wie wollen Sie dann beweisen, dass dieser Schlüssel zum alten Schloss gepasst hat?«
    »Ach, wissen Sie, Mr. Tapley«, entgegnete ich. »Ich habe im Verlauf meiner Ermittlungen eine Reihe von sehr interessanten Leuten kennengelernt. Einer von ihnen war ein Tierpräparator.«
    Tapley sah mich erstaunt an. »Was zum Teufel hat ein Tierpräparator mit alledem zu tun?«
    »Genau genommen nichts. Bis auf die Tatsache, dass er einen riesigen Schlüsselbund mit sich herumtrug mit viel mehr Schlüsseln daran, als er eigentlich benötigte. Ich fragte ihn danach, und er antwortete, dass er niemals einen Schlüssel wegwarf, weil man nie wissen konnte, ob er nicht noch einmal nützlich werden würde. Es gibt viele Menschen, Mr. Tapley, die wie der Präparator sind und alte Schlüssel horten. Sie haben eine Schachtel oder eine Schublade in der Küche oder in einem Schreibtisch, in der sie sie aufbewahren, oder einen großen Ring wie der Taxidermist. Wenn der Schlüssel zu irgendetwas verloren geht, öffnet der eine oder andere alte Schlüssel gelegentlich ein widerspenstiges Schloss. Ich selbst habe ein paar Schlüssel zu Hause herumliegen, die ich nicht mehr benötige. Vielleicht war es das, was mich inspirierte, das alte Schloss von Mrs. Jamesons Haustür sicherzustellen, nachdem der Schlosser es ausgewechselt hatte, zusammen mit Mrs. Jamesons eigenem Schlüssel. Vielleicht war es jene Unwilligkeit, sich von einem Schlüssel zu trennen, der vielleicht noch einmal nützlich werden konnte. Ganz besonders in diesem Fall, weil ein Haustürschlüssel verschwunden war – der Schlüssel, von dem wir wussten, dass Thomas Tapley ihn in seinem Besitz gehabt hatte. Wir hatten gehofft, dass wir ihn irgendwann finden würden. Und falls er auftauchte, war es wichtig, dass wir über jeden Zweifel hinweg nachweisen konnten, dass es der Schlüssel Ihres Cousins war. Constable, seien Sie doch bitte so freundlich und gehen die Tasche mit dem Schloss aus der Haustür der Witwe Jameson holen.«
    Biddle legte seinen Notizblock und den Stift beiseite und huschte nach draußen. Wir warteten in unruhigem Schweigen. Ich denke, ich war genauso nervös wie Jonathan Tapley. Er ließ sich nichts anmerken. Ich muss gestehen, ich bewunderte seine Weigerung,
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