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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse
Autoren: Ann Granger
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genaue Uhrzeit nicht sagen, nur dass es ›kurz nach drei‹ gewesen sein muss – ich gehe davon aus, dass sie damit ›vor halb vier‹ meint. Er ist auf und ab gelaufen, hat sich wieder entfernt, abgewartet und ist um Viertel vor vier zurückgekehrt. Er schlüpft ins Haus, die Hintertreppe hoch, schlägt seinen Cousin nieder und verschwindet. Wahrscheinlich geht er zum Bahnhof und steigt dort wieder in eine Droschke. Um halb fünf betritt er schließlich seine Kanzlei in der Gray’s Inn Road, als wäre nichts gewesen.«
    »Es ist ein enger Zeitplan, Sir«, warnte Morris.
    »Aber nicht unmöglich. Ich muss mit dem Superintendent reden.«
    »Gute Idee, Sir.« Morris sah erleichtert drein. »Besser, wenn wir Mr. Dunn auf unserer Seite haben, wenn ich mir erlauben darf, das zu sagen, Sir.«
    »Also gut«, sagte Dunn, nachdem er mich angehört hatte. »Ich muss mit dem stellvertretenden Commissioner reden, angesichts der Tatsache, wer Tapley ist. Aber ich schlage vor, Sie fangen schon einmal an und warten nicht auf meine Rückkehr. Ich kümmere mich um die Einwände, die von oben sicher kommen werden. Ich übernehme die Verantwortung. Gehen Sie, Mann! Schmieden Sie das Eisen, solange es heiß ist!«
    Ich hastete zu Morris zurück. »Alles in Ordnung, Sergeant! Ich denke, wir werden Mr. Tapley eine Einladung schicken. Er soll uns doch bitte hier im Scotland Yard besuchen.«

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
    »Nun, Inspector, ich bin auf Ihre Bitte hergekommen …« Jonathan Tapley nahm vor meinem Schreibtisch Platz und verschränkte die Hände über dem elfenbeinernen Schädelknauf seines Gehstocks und sah mich an. »Ich nehme an, Sie haben mir etwas zu sagen? Da Sie die Missetäter sicher in Gewahrsam haben, kann ich mir nicht vorstellen, was das sein soll, das mein Herkommen mit solcher Dringlichkeit erforderlich macht.«
    Morris postierte sich diskret hinter unserem Besucher, und der junge Constable Biddle schlüpfte noch diskreter in das Zimmer und setzte sich mit Block und Bleistift in der Hand in eine Ecke. Ich war sicher, dass Jonathan Tapley ihn nicht bemerkt hatte – er hätte sonst ganz sicher einen diesbezüglichen Einwand erhoben.
    »Ich habe Ihnen in der Tat etwas Interessantes mitzuteilen, Sir«, begann ich höflich. »Wir haben neue Informationen erhalten.«
    »Wie? Woher? Von der französischen Polizei?«
    »Nein, Mr. Tapley. Eine Zeugin hat sich zu Wort gemeldet.«
    Er versteifte sich unmerklich. »Eine Zeugin? Eine Zeugin für was?«
    »Die Zeugin hat sich gemeldet – zugegebenermaßen ein wenig verspätet –, um auszusagen, das sie Sie am Nachmittag der Ermordung Ihres Cousins kurz nach drei Uhr gesehen hat. Sie sind in der Straße vor dem Haus auf und ab gegangen, in dem der Mord stattgefunden hat. Sie wurden beobachtet, wie Sie zum Fenster Ihres Cousins nach oben gesehen haben, als suchten Sie etwas.«
    »Ich habe Ihnen lückenlos belegt, wo ich mich am Todestag meines Cousins aufgehalten habe«, sagte er kalt. »Ich habe Ihnen eine Liste mit den Namen von Zeugen überlassen.«
    »Sie haben uns eine Liste mit Namen von Zeugen überlassen für den Zeitraum ab half fünf.«
    Er blickte verärgert drein. »Da sehen Sie! Das reicht doch wohl aus! Der Pathologe hat festgestellt, dass mein Cousin am fraglichen Nachmittag nach siebzehn Uhr verstarb.« Er klopfte ungeduldig mit der Stockspitze auf den Boden. »Hören Sie, was soll das alles?«
    »Der Pathologe hat den Todeszeitpunkt noch einmal überdacht. Er ist der Ansicht, dass der Tod bereits um vier oder sogar noch früher eingetreten ist, möglicherweise um halb vier.« Ich wartete, um zu sehen, wie er diesen Schlag verdauen würde.
    Jeder andere Mann mit schlechtem Gewissen hätte Schock oder Panik gezeigt. Tapley hingegen war an die Finten und das Taktieren vor Gericht gewöhnt. Es war sein tägliches Brot – bis hin zu überraschenden Zeugen, die unerwartete Aussagen machten.
    »Tatsächlich?«, fragte er trocken. »Und was hat diesen Pathologen veranlasst, seine ärztliche Meinung zu ändern, die er ursprünglich mit meinem toten Cousin zu seinen Füßen gefasst hat?«
    »Ich erinnere mich nicht, Ihnen erzählt zu haben, dass der Leichnam auf dem Boden lag«, entgegnete ich. »Wie ich bereits sagte, ich bin überzeugt, dass der Mörder von hinten kam und Ihren Cousin erschlug, als dieser lesend in seinem Sessel saß.«
    »Pah!«, sagte Tapley wegwerfend. »Sessel, Boden … Wenn er in einem Sessel saß, als er erschlagen wurde, dann ist er
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