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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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Schande genügt dir also nicht, die du bereitsüber uns gebracht hast? Du bist noch nicht zufrieden?« gab Arnold zurück.
    »Oh,« erwiderte Wyncott mit grimmigem Haß gegen sich selbst, »ich bin zufrieden, wenn ihr es seid!« Er stand auf und schritt in sein Schlafzimmer. Prickett sah ihm aufmerksam nach. Einen Augenblick blieb alles still, dann rief Wyncott mit vernehmlich zitternder Stimme: »Lebt wohl!« Fast gleichzeitig vernahm man ein Geräusch, wie beim Explodieren eines Zündhütchens – dann noch einmal und noch einmal.
    Prickett stürzte in das Schlafzimmer und Arnold folgte ihm; ein heftiges Ringen entstand in dem Halbdunkel, und dann trugen die beiden Wyncott ans Licht zurück. Er blutete aus einer leichten Schramme im Gesicht.
    »Das ist Ihr Werk,« schrie er wütend, indem er sein verzweifeltes Gesicht Prickett zuwandte.
    »Freilich ist das mein Werk,« ich habe das Pulver aus den Patronen nehmen lassen. Nun seien Sie vernünftig und fassen Sie es auf, wie es gemeint ist – es will Ihnen niemand wehthun.«
    Wyncott machte einen verzweifelten Versuch, sich loszureißen, aber Prickett packte ihn mit Blitzesschnelle an den Füßen, und wenn ihn Arnold nicht gepackt hätte, wäre er der Länge nach hingestürzt, so aber verrenkte er sich nur den Arm und der heftige Schmerz beruhigte ihn.
    »Nun bleiben Sie gefälligst sitzen, Herr Esden,« sagte Prickett, ihn auf das Sofa niederdrückend. »Wahrhaftig, ich schäme mich! So wenig Mut haben Sie? Da habe ich doch eine andre Meinung von Ihnen gehabt! Nehmen Sie denn gar keine Rücksicht auf Ihren eignen guten Namen? Haben Sie kein Mitleid mit Ihren Freunden? Es ist geradezu widerlich. Wenn dieser Herr noch mit Ihnen sprechen will, mag er's – ich habe keine Lust mehr dazu nach diesem unmännlichen Vorgehen.«
    Er warf Arnold einen bedeutungsvollen Blick zu und flüsterte ihm im Vorbeigehen ins Ohr: »Ich will nach seinen Rasiermessern sehen – er ist reif für alles!«
    Damit ging er in Wyncotts Schlafzimmer, zündete dortdas Gas an, suchte das Rasierzeug und steckte es ein; dann ging er ins Wohnzimmer zurück, und als er dort Arnold neben seinem Vetter sitzen und dessen schlaffe rechte Hand in der seinen halten sah, nickte er ihm beifällig und ermutigend zu und zog sich wieder ins Schlafzimmer zurück.
    »Nimm nun dies Geld, Wyncott,« sagte Arnold, nachdem sie geraume Zeit schweigend nebeneinander gesessen hatten. »Nimm diese Demütigung auf dich um derer willen, die du gekränkt und in Schande gebracht hast. Geh fort von hier und benütze nach Kräften die Talente, die dir Gott verliehen hat. Versuche die Vergangenheit zu sühnen, und wenn die Zeit kommt, in der du diese Last von deinen Schultern werfen kannst, so wird die Rückzahlung mit Stolz und Freude angenommen werden. Du aber nimm es jetzt als erstes Zeichen deiner wahren Reue. Durch Untersinken kannst du uns nicht für unsern Schmerz entschädigen – thue es dadurch, daß du dich über Wasser hältst.«
    Arnold fühlte die Hand, die er hielt, zuckend nach der seinen greifen und Arnold erwiderte diese Bewegung mit einem kräftigen Druck. Einem jüngeren, weniger gebildeten Mann gegenüber würde er noch manches gesprochen haben, wozu ihn sein geistlicher Beruf berechtigt hätte; jedenfalls büßte er aber als Priester nichts ein, weil ihn in diesem Fall sein Zartgefühl davon abhielt.
    Nach langem, schweigendem Sinnen fragte er wieder: »Du willst also auswandern und versuchen, neu anzufangen?« Ein Druck der Hand war die einzige Antwort. »Und thun, was wir wollen?« Darauf folgte eine Pause, und er mußte die Frage widerholen, aber endlich kam wieder der bejahende Händedruck. »Du gibst mir dein Ehrenwort auf all dies?«
    »Ja,« erwiderte Wyncott mit kaum vernehmlicher Stimme: »ich werde dich nicht wiedersehen. Lebe wohl!«
    »Lebe wohl, Wyncott. Gott sei mit dir! Gott helfe dir!«
    So schieden sie voneinander. Arnold trat in das Schlafzimmer und flüsterte Prickett zu: »Bleiben Sie noch ein wenig bei ihm.« Der Detectiv nickte. »Sie haben ein gutes Herz, Prickett. Ihre Hand! Gute Nacht.«
    Es mag dahingestellt bleiben, ob ein Geistlicher voneinem Sünder besser denken sollte, weil dieser einen Selbstmordversuch gemacht hat, aber das steht fest, daß durch Wyncotts verzweifelten Entschluß die Gefühle seines Vetters gegen ihn andre geworden waren. Durch diese That hatte er wenigstens gezeigt, wie tief seine Verzweiflung war, und es ist etwas so Entsetzliches um die Verzweiflung, daß
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