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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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nur wenig Menschen ihr unbewegt ins Auge blicken können.

Achtzehntes Kapitel.
    Unterdessen hatte sich Gale als den glücklichsten Menschen unter der Sonne betrachtet. Wenn er daran dachte, welche Früchte ihm seine Dankbarkeit gegen Esden getragen hatte, so fühlte er sich halb und halb geneigt, tugendhaft zu werden, denn Dankbarkeit war eine Tugend, und Dankbarkeit hatte ihm diesen reichen Fischzug eingebracht. Ja, er wollte auch andre Tugenden pflegen – wenn er sich dies leisten konnte.
    Die Zeit dazu war aber noch nicht gekommen. Er hatte natürlich nie beabsichtigt, eine so kostbare Ware wie seine Verschwiegenheit um weniger zu verkaufen, als aus ihr zu lösen war. Bei einem Mann einzubrechen, der sich nicht darüber beklagen konnte, und diesem die That auch noch unbefangen einzugestehen, – das waren Genüsse, die den Reiz der Neuheit für ihn hatten. Allein Gale war anständig erzogen worden und träumte sich in seiner nächsten Zukunft – wenn er und Fräulein Pharrs Juwelen glücklich in New York angelangt waren – als einen äußerst ehrbaren, wohlhabenden Bürger, der viel Interesse für Kirchenzucht haben und die Gnadenmittel häufig benützen würde.
    Diese Aussicht war lockend, und er gab sich alle Mühe, sie zu erreichen. Was konnte sich denn ein Mensch Besseres wünschen, als hier auf Erden in Wohlstand und Ueppigkeit leben und daneben für das Heil seiner unsterblichen Seele wirken zu können?
    Unter seiner sehr ausgebreiteten und sehr eigentümlich zusammengesetzten Bekanntschaft in London befand sich auch ein gewisser verkommener, am Hungertuch nagender Schurke, der einst als Steinschleifer einen bedeutenden Ruf gehabt hatte. Er war ein geschickter Arbeiter und auch als Kenner von Edelsteinen sehr angesehen, allein er ließ sich eine Veruntreuung zu Schulden kommen und fand, nachdem er sechs Jahre im Zuchthaus gesessen hatte, keine Beschäftigung mehr. Gale hatte diesen Mann ganz in der Hand und ihn so lange Jahre stets in Furcht und Zittern erhalten, daß er sich auf dessen Dienste verlassen konnte.
    Diesen Mann fand Gate in noch elenderen Umständen, als er gedacht hatte; er versah ihn mit einem anständigen Anzuge, versprach ihm freie Ueberfahrt nach New York und nahm es auf sich, ihm dort Beschäftigung zu verschaffen. All diese Umstände hatte der wachsame James White in Erfahrung gebracht und Prickett sofort mitgeteilt.
    Ein andrer von dem wachsamen White berichteter Umstand war die Bestellung einer ungewöhnlich großen, mit inneren Abteilungen versehenen Geldtasche zum Umschnallen. Dieser Gegenstand mußte besonders angefertigt werden und sollte zuverlässig am Nachmittag des zu der nächtlichen Zusammenkunft Reubens mit Wyncott Esden bestimmten Tages fertig sein.
    Die letzte Nachricht, die Prickett von White erhielt, ging dahin, daß die Geldtasche fertig und von Gale abgeholt und mit nach Hause genommen worden sei.
    So schlau und erfahren Gale auch war, hatte er sich doch völlig überlisten lassen, und als er sich – die gestohlenen Edelsteine fest um den Leib geschnallt und eine kleine Tasche mit dem Nötigsten für die Reise in der Hand – auf den Weg nach dem leeren Hause machte, ging er dem einen seiner Häscher entgegen, während der andre ihm auf den Fersen folgte.
    Es war beinahe neun Uhr: es war früher dunkel geworden als sonst, weil der Himmel voll schwerer Wolken hing. Hier und dort flimmerte eine Gasflamme und beleuchtete große Massen Bauholzes und die Ueberreste vonHäusern, deren langjährige Gefährten kürzlich abgebrochen worden waren. Teilweise war der Weg gefährlich und beschwerlich, aber Gale kannte ihn und der Spion folgte ihm behutsam und still.
    Die beiden befanden sich inmitten dieser Wildnis von zerstörten Heimstätten, als das drohende Unwetter ausbrach. Erst waren nur ein paar große Tropfen gefallen, dann aber verwandelte sich der ganze Horizont in zuckendes Feuer und der Donner rollte und krachte in nächster Nähe; und nun erhob sich auch der Sturm und der Regen goß in Strömen herab. Mit gesenktem Kopf rannte Gale weiter und der Wächter folgte ihm, ohne mehr auf seine Schritte zu achten, denn der heulende Wind und der klatschende Regen verschlangen jedes andre Geräusch.
    Vor einem Hause, das ziemlich weit hinten inmitten einer Wüste von Schutt- und Trümmerhaufen stand, machte der Einbrecher Halt; er stieß die Thür auf und blieb einen Augenblick stehen, um sich den Regen aus dem Gesicht zu wischen. Offenbar hier bekannt, stieg er sichern
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