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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
Autoren: Aufbau
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häßlichen Windstößen zu schützen suchte, wußte, daß es seit dem Nachmittag auf den Bergen schneite. Auch über Cashel und das umliegende Land hatte sich eine dünne Schneedecke gebreitet. Lange würde sich das Weiß bei dem Schneeregen nicht halten, und das mißfiel dem Alten.
    Der fromme Mann fröstelte, und er drückte sich gegen die Mauer, als er mit zusammengekniffenen Augen in den dunklen Himmel über sich blinzelte. Er war Astrologe und führte gleichzeitig die Burgapotheke. Um die Position der Himmelskörper zu bestimmen, brauchte er keinen klaren Himmel. Er wußte, daß abnehmender Mond war, daß er im Haus von
an Partán,
im Zeichen des Krebses stand, daß er sich gegenüber dem kriegerischen Planeten
an Cosnaighe,
dem Angreifer befand. Betrübt schüttelte Bruder Conchobhar den Kopf.
    »Ach, Fidelma, Fidelma«, flüsterte er. »Habe ich dich nicht eines Besseren gelehrt? Habe ich dich nicht in der alten Kunst des
nemgnacht,
der Himmelsdeutung unterwiesen? Warum hast du dich nur entschieden, zum Imbolc-Fest deine Hochzeit zu feiern, wenn doch nur wenige Tage später der junge Mond höher steigt und die bösen Zeichen an Kraft verlieren?« Er zog den Mantel fester um die gebeugten Schultern. »Es liegt Böses in der Luft, ich kann es beschwören. Sei auf der Hut, Fidelma von Cashel. Sei auf der Hut.«

KAPITEL 2
    Es ging schon auf Mittag zu, und doch war es dunkel und kalt. Die ohnehin niedrighängenden Wolken waren von einem düsteren Grau, und hier und da trieben Wolkenfetzen tief über dem Erdboden, Vorboten von Regen. Wohl fühlte sich Bruder Eadulf nicht im Sattel seines dahintrottenden Pferdes, und nichts Gutes ahnend, schaute er zum Himmel. Neben ihm ritt Caol, der Befehlshaber der Leibwache des Königs von Muman. Eadulf sah, daß etliche Winterblüten, die eigentlich ihr zartblasses Farbenspiel hätten zeigen müssen, sich bereits schlossen, um gegen das zu erwartende Unwetter gewappnet zu sein. Wieder sah er fröstelnd zum Himmel und entdeckte ein, zwei Wolken in Amboßform, und die kündigten Sturm an.
    »Ist es noch weit?« rief er dem jugendlichen Wegführer zu, der vor ihnen ritt.
    Mitfühlend lächelte ihm Caol zu. Er wußte, daß Eadulf nicht versessen aufs Reiten war und jede andere Art der Fortbewegung vorgezogen hätte. Doch an starkem Willen und Ausdauer mangelte es dem Angelsachsen nicht. Seit Tagesanbruch waren sie unterwegs, und Eadulf hatte, ohne zu murren, durchgehalten. Dabei hätte Caol die Pferde gern auf den leichter zu bewältigenden Strecken im Trab gehen lassen. Sie rit-ten westwärts auf den angeschwollenen Siúr zu, überquerten ihn an der Eselsfurt und zogen durch die harmloseren Flüsse Fidgachta und Ara dem sich öffnenden breiten Tal entgegen.
    »Nein, nicht mehr weit«, tröstete ihn der junge Führer. »Hinter dem Wald dort fließt der Eatharlaí, und dort, wo die Baumgruppe ansteigt, ist schon der Hügel, zu dem wir wollen. ›Kleine Anhöhe‹ heißt er bei uns.«
    Eadulf versuchte die Entfernung abzuschätzen. »Und dort wohnt der Anführer der Uí Cuileann?«
    »Nein, seine Hügelfestung steht auf dem Nordhang am Anfang des Taleinschnitts.«
    »Weshalb sind wir dann hier mit ihm verabredet? Ardane, nanntest du den Ort wohl? Auf der Kleinen Anhöhe?«
    Der junge Mann zuckte mit den Schultern. »Ich bin nur ein Bote, Bruder Eadulf. Von dem, was im Kopf meines Herrn vorgeht, habe ich keine Ahnung. Ich weiß nur, was ich dir schon gesagt habe. Miach, der Gebieter der Uí Cuileann, hat mich nach Cashel gesandt, mit der Bitte, du möchtest hierher nach Ardane kommen und dich mit ihm um die Mittagszeit treffen, weil er in einer wichtigen Angelegenheit deinen Rat braucht.«
    Eadulf war beunruhigt. Das Anliegen hatte viele Fragen in ihm aufgeworfen. In zwei Tagen sollten er und Fidelma in Cashel getraut werden, die Feierlichkeiten waren offiziell angesetzt. Er wußte, daß viele nicht damit einverstanden waren, daß eine Prinzessin von Muman einen Angelsachsen ehelichte. Zuerst hatte er gedacht, es könnte sich um eine Verschwörung handeln, ihn vom Ort des Geschehens fortzulocken. Doch Fidelma hatte sich für Miach, den Stammesfürsten der Uí Cuileann, verbürgt. Seine Leute waren ein wichtiger Nebenzweig der Eóghanacht Áine, eng verwandt mit ihrem eigenen Haus der Eóghanacht von Cashel. Die Uí Cuileann wohnten in der großen Talaue, durch die der Eatharlaí strömte. Sein Name bedeutete so viel wie Fluß zwischen den beiden Hochländern, und die wiederum
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