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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
Autoren: Aufbau
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dann erst wieder, als sie tot war. Kann er wirklich so tief empfunden haben, daß er ihretwegen all die Jahre nach Vergeltung getrachtet hat?«
    »Liebe und Haß sind starke Gemütsbewegungen, deren Pendel in unterschiedliche Richtungen ausschlagen kann. Ein Gedanke wird geboren und setzt sich fest. Manchmal ist man seiner nicht mehr Herr, man wird ihn nicht mehr los. Er läßt sich nicht unterdrücken. Man ist wie besessen, der Wahn begleitet einen auf Schritt und Tritt. Augaire hatte sich in einen Schatten verliebt. Für uns schlecht vorstellbar, für ihn aber nicht. Die Zwangsvorstellung dieser Liebe beherrschte sein ganzes Leben. Für dich und mich ist das schlechthin eine Sinnestäuschung. Und sind nicht doch, wenn wir ehrlich sind, manche unserer voreiligen Handlungen unseren Träumen oder Wunschvorstellungen entsprungen? Vielleicht hatten das die Kirchenväter im Sinn, wenn sie von Verdammnis sprachen? Ich finde, hin und wieder sollten wir in uns gehen und ein Gebet für die Verdammten sprechen.«
    Vollends überzeugt war Eadulf von ihrer Argumentation nicht.
    »Was Liebe und Haß angeht, meinst du nicht auch, daßMarga und Fergus Fanat wieder zueinander finden? Selbst jetzt noch beteuert er seine Liebe zu ihr.«
    Fidelma wandte sich wieder dem Fenster zu.
    »Er glaubt, daß er sie liebt«, erwiderte sie. »Doch ich bin nicht sicher, ob das Marga genügt. In einem entscheidenden Moment, als sie das, was Liebe ausmacht, bitter nötig hatte – nämlich Vertrauen in die Schuldlosigkeit der Geliebten und Unterstützung in aller Not und Pein –, hat er versagt. Wie kannst du jemand lieben, von dem du glaubst, er sei ein Lügner und Mörder? Marga mußte die bittere Erfahrung machen, daß der Mann, der sie wortreich liebte, ihr nicht glaubte, sie sogar anzuprangern gedachte und behauptete, es würde nur zu ihrem Guten sein. Wie soll Marga diesem Mann je wieder ihr Vertrauen schenken können?«
    »Erwartest du blinde Liebe?«
    »Liebe ist keine oberflächliche Gefühlsregung. Liebe heißt, den anderen gut zu kennen, seine guten und schlechten Seiten, und vor allen Dingen, ihn zu verstehen. Fergus Fanat kannte Marga nicht gut genug. Und Marga, wie du dich erinnern wirst, ist das letztendlich bewußt geworden. Keine Beziehung kann sich auf Mißtrauen gründen.«
    »Man darf ihm also nicht verzeihen?«
    »Ich finde nicht.« Fidelma blickte auf den Hof. »Außerdem hat Fergus Fanat seine Gelegenheit verspielt.«
    »Du klingst sehr überzeugt.«
    »Komm her, du brauchst nur aus dem Fenster zu schauen.«
    Eadulf durchquerte das Zimmer und trat zu ihr. Unten im Hof stand Schwester Marga mit einem großen, breitschultrigen Krieger. Der dunkelhaarige Mann mußte eine scherzhafte Bemerkung gemacht haben, denn Marga lachte ihn belustigt an. »Gormán?« staunte Eadulf.
    »Wieso nicht?« fragte Fidelma harmlos zurück. »DasMädchen wird überlegen, wie es für sie weitergeht, und einstweilen bei Della wohnen. Ich kann mir vorstellen, daß Gormán sie davon überzeugt, daß man sie in Cashel gut brauchen könnte. In unserer Bibliothek würde man sich über eine zusätzliche Schreiberin freuen, und Marga hat eine schöne Handschrift und kennt sich in mehreren Sprachen aus.«
    Das junge Paar unten im Hof ging zu den Ställen. Ihre fröhlichen Stimmen waren bis oben zu hören.
    Ein kräftiges Klopfen riß Eadulf und Fidelma aus ihren Betrachtungen. Sie hätten gern eine Minute für sich gehabt. Auf Fidelmas »Ja, bitte« steckte Bruder Conchobhar den Kopf durch die Tür. Als er sie gemeinsam am Fenster stehen sah, strahlte der Alte über das ganze Gesicht.
    »Die Planeten standen ungünstig«, sagte er fast schuldbewußt. »Deshalb gab es all den Ärger in den letzten Tagen. Doch stets in Wandlung ist der Himmelsbogen. Nichts mehr ist feindlich euch gesinnt. Alles ist im Lot. Jetzt ist die rechte Zeit, ihr solltet sie nutzen. Das war, was ich euch sagen wollte; ich dachte, es freut euch.«
    Erleichtert lächelten ihn beide an.
    »Für uns war es stets die rechte Zeit, und genutzt haben wir sie immer«, versicherte ihm Eadulf.

Informationen zum Buch
    Mord an Fidelmas Hochzeitstag
     
    Irland, Februar 668: Schwester Fidelma und Bruder Eadulf haben beschlossen zu heiraten. Aus diesem Anlaß sind weltliche und geistliche Würdenträger aus ganz Irland nach Cashel gekommen. Da wird Abt Ultán, ein entschiedener Anhänger des Zölibats, ermordet. Für Fidelma und Eadulf ist jetzt keine Zeit zum Feiern.
     
    "Das beste an diesem Buch
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