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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
Autoren: Aufbau
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geritten, bis steiniger Untergrund kam, hast Dúnchads Gaul an einen Ginsterstrauch gebunden und dem Schecken von Muirchertach einen Klaps versetzt, so daß er losgaloppierte, bis Drón ihn später fand. Dann hast du wieder dein eigenes Pferd bestiegen und bist gerade zur rechten Zeit fortgeritten, denn du trafst auf Muirchertachs Frau Aíbnat und konntest sie von dem Tatort wegführen. Auf dem Rückweg mit ihr bist du Eadulf und Gormán begegnet. Das brauchte dich nicht weiter zu stören. Deine Rache war vollbracht.«
    Bei ihrem letzten Satz ging ein befriedigtes Lächeln über Augaires Gesicht.
    Brehon Barrán beugte sich vor und fragte: »Rache? Wofür? Das verstehe ich nun ganz und gar nicht.«
    Erwartungsvoll blickte Fidelma zu Augaire. »Soll ich fortfahren?«
    Gleichgültig zuckte er die Achseln, und Fidelma wandte sich wieder dem Obersten Richter zu.
    »Rache für den Tod von Searc, der Dichterin.«
    »Augaire kannte doch aber Searc, die Dichterin, überhaupt nicht«, warf Dúnchad Muirisci ein. »Er war lediglich Zeuge ihres Todes. Nur deswegen hatte er mit Muirchertach zu tun und wurde sein Beauftragter, um von Ultán Wiedergutmachung einzufordern. Persönliche Bindungen gab es nicht.«
    »Augaire war Mitglied einer kleinen Bruderschaft nahe Rinn Carna in Connacht«, begann Fidelma zu erzählen. »Eines Tages saß er beim Angeln und wurde Zeuge, wie sich das verzweifelte Mädchen in den Tod stürzte. Es war Selbstmord …«
    »In den man sie getrieben hatte«, ging Abt Augaire wütend dazwischen. Es war die erste Bemerkung, die er seit Fidelmas langer Rede machte.
    »Das ist richtig«, stimmte ihm Fidelma zu. »Bekanntlich hatte sich Searc unsterblich in den jungen Mönch Senach aus Cill Ria verliebt. Abt Ultán untersagte die Beziehung und schickte Senach über das Meer, wo er unterwegs umkam. Searc war untröstlich.«
    »Daß Ultán zur Rechenschaft gezogen wurde, weil er eine Mitschuld an dem Tod des Mädchens auf sich geladen hatte, versteh ich ja«, sagte Brehon Barrán. »Aber weshalb sollte jemand Grund gehabt haben, an Muirchertach Nár Rache zu verüben? Schließlich war Searc die jüngere Schwester seiner Frau, und Muirchertach konnte mit Fug und Recht bei Ultán vorstellig werden und Wiedergutmachung für ihren Tod einfordern.«
    »Muirchertach Nár war dafür bekannt, ein Frauenheld und Schwerenöter zu sein. Aíbnat wußte davon und verabscheute ihn. Auch Dúnchad Muirisci hatte natürlich davon Kenntnis und machte mancherlei Andeutungen, die ihren Niederschlag in Gerüchten fanden und selbst Abt Laisran in Durrow erreichten. Selbstverständlich habe ich mir die Frage gestellt,weshalb Augaire, als er mir Muirchertachs Bild in den schwärzesten Farben malte, um mich davon zu überzeugen, daß er Ultán ermordet hätte, diesen Punkt so gut wie ausgelassen hat. Den Punkt nämlich, daß Muirchertach Nár Searc mit seinen Annäherungsversuchen verfolgte, als sie völlig verzweifelt auf seine Burg kam und sich vor Kummer um den Verlust ihres Senach verzehrte. Muirchertach vergewaltigte sie. Voller Entsetzen und Scham flüchtete sie an die Küste und stürzte sich von den Klippen. Muirchertachs Tat hatte sie zum Selbstmord getrieben. Augaire aber liebte Searc so sehr, daß er glaubte, ihren Ruf zu beschmutzen, wenn er enthüllte, was man ihr angetan hatte.«
    Eine befriedigende Erklärung war das für Brehon Barrán nicht. Er sah eher noch verwirrter aus als zuvor. »Wir haben doch aber gehört, daß Augaire das Mädchen vorher gar nicht gekannt hatte. Wie konnte er sie da lieben?«
    »Weil er sich in ein Bild verliebt hatte«, erwiderte Fidelma traurig. »Die Gefühle, die einen Mann oder eine Frau in den Zustand versetzen, den wir als Liebe bezeichnen, sind schwer zu erklären. Augaire hatte Searc einmal lebend und dann tot gesehen und wurde das Bild nicht mehr los. Er wußte nicht, wer sie war. Aber er war von ihrem Bild wie besessen. Er bekam heraus, wen er da erblickt hatte, und trachtete nur noch danach, hinter die Gründe ihres Selbstmordes zu kommen. Ultáns Anteil daran war ziemlich klar. Doch dann enthüllte sich ihm, welchen Ruf Muirchertach Nár hatte …«
    »Er erfuhr es von mir.« Es war Aíbnats Stimme. Sie klang ruhig und ohne innere Anteilnahme. »Bevor wir uns hierher auf die Reise begaben, habe ich Augaire alles erzählt. Ich wußte von dem Ruf meines Mannes, aber eines Abends, als ihn mal wieder die Wut auf mich packte, brüstete er sich damit, was er meiner Schwester angetan
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