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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
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aufgewachsen und erzogen waren, die ursprünglich das Wort Christi in unseren Königreichen verbreitet hatten. In vielen Klöstern und Kirchen kam es zu Auseinandersetzungen, und mancherorts wurde im Eifer des Gefechts auch Blut vergossen.«
    Eadulf nickte bedächtig. »Daß Oswy mit seinem Beschluß bei den Glaubensbrüdern und im Volk auf wenig Verständnis stieß, war mir bekannt, aber daß es auch zu blutigen Zusammenstößen kam, höre ich zum ersten Mal.«
    Berrihert verzog das Gesicht. »In diesem Zusammenhang von ›wenig Verständnis‹ zu sprechen, wird dem Problem nicht gerecht, Eadulf. Abt Colmán erklärte, er könne nicht länger Lindisfarne vorstehen und Oswys Kirchen dienen. Er würde in sein Heimatland zurückkehren und dort seinen Glauben auf die Art und Weise praktizieren, wie man es ihn von Kindesbeinen an gelehrt hatte. Viele waren gewillt, ihm zu folgen. Colmán bat Oswy, einen Nachfolger für Lindisfarne zu bestimmen. Der König entschied sich für Tuda aus dem Königreich Laigin. Der gehörte zu denjenigen, die die Reformen aus Rom begrüßten, obwohl er seine Ausbildung in Lindisfarne beim heiligen Aidan genossen hatte. Als Tuda sich damit einverstanden erklärte, die Nachfolge anzutreten, verließ Colmán das Königreich. Viele zogen mit ihm, auch an die dreißig Leute aus der frommen Gemeinde von Lindisfarne.«
    »Ich dachte immer, Eata, der Abt von Melrose, wäre Abt von Lindisfarne geworden«, warf Eadulf ein.
    »Tuda starb noch im gleichen Jahr an der Gelben Pest, undEata kam nach ihm. Meine Brüder und ich, ja, auch mein Vater und meine Mutter, hatten sich Colmán angeschlossen. Zunächst zogen wir nach Norden durch Rheged und dann weiter Richtung Westen nach Iona. Von der kleinen Gemeinschaft auf Colmcilles Insel, der wir viel verdanken, sind wir dann übers Meer hierher gesegelt. Colmán stammt aus dem Königreich Connacht und hat beim Fürsten der Uí Briúin darum ersucht, sich auf Inis Bó Finne, der Insel der weißen Kuh, niederlassen zu dürfen. Das wurde ihm gestattet, und wir begründeten dort unsere kleine Gemeinde.«
    »Von der Gemeinde habe ich verschiedentlich gehört. Sie soll es zu Wohlstand gebracht haben.«
    Traurig schüttelt Bruder Berrihert den Kopf. »Das erste Jahr ging es gut voran, aber dann tauchte ein Sendbote von Ard Macha auf.«
    »Ard Macha?« fragte Eadulf erstaunt. Er wußte, daß die Abtei im nördlichen Königreich von Ulaidh lag. »Was hatte Ard Macha in Connacht zu suchen?«
    »Der Abgesandte war ein Abt. Er verlangte, daß Colmán und unsere Gemeinde Ard Macha als das Zentrum des Glaubens anerkennen wie alle Königreiche dieses Landes. Seine Arroganz und sein ganzes Auftreten haben mich ungemein an Wilfrid erinnert.«
    »Meinst du Wilfrid, den glühenden Verfechter von Rom in Whitby?«
    »Genau den. Ich kannte ihn schon, da war er noch ein Grünschnabel. Königin Eanflaed hatte ihn nach Lindisfarne geschickt, damit er im christlichen Glauben unterwiesen werde. Wilfrid war und ist von Ehrgeiz besessen. Er ging nach Rom und dann nach Canterbury; ich glaube, er rechnete damit, das Oberhaupt aller Kirchen der Angeln und Sachsen zu werden. Als nichts daraus wurde, war er außer sich vorWut. Jedenfalls versucht er, anderen seinen Willen aufzuzwingen. Einzig und allein er wandelt auf dem rechten Weg; daß es auch andere Auffassungen in der Religion gibt, wird er nie dulden.«
    »Und eben diese Charaktereigenschaften fandest du in dem Abt von Ard Macha wieder?«
    »Er und Wilfrid hätten dem gleichen Schoß entsprungen sein können. Der Abt kam, wie gesagt, als Gesandter vom Abt und Bischof von Ard Macha. Colmán, der sich schon einmal den Ideen von Rom widersetzt hatte, scheute sich nicht, es bei ähnlich gearteten Forderungen erneut zu tun. Jener Mensch aber war heuchlerisch und redegewandt. Auch dieses Mal kam es unter den Glaubensbrüdern zu Meinungsverschiedenheiten. Einige schlossen sich der vom Gesandten gepredigten Auffassung an. Ein gewisser Bruder Gerald von den Ostsachsen wurde ihr Anführer. Mit ihm und seinen Anhängern in Eintracht zu leben erwies sich als unmöglich. Letztendlich verließen sie unsere Insel und begründeten auf dem Festland ein neues Kloster, meines Wissens mit dem Namen Maigh Éo …«
    »Der Eibenhain? Ja, den gibt es.«
    »Meine Brüder und ich verfolgten mit Betroffenheit, wie sich die Dinge entwickelten. Wir mußten miterleben, wie dieser Mann unsere harmonische Gemeinschaft zerstörte, und uns war klar, daß er keine Ruhe
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