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Lord Garrows widerspenstige Braut

Lord Garrows widerspenstige Braut

Titel: Lord Garrows widerspenstige Braut
Autoren: Lyn Stone
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1. Kapitel
     
    Edinburgh, 1856
     
    Gedankenverloren spielte James mit seinem Krug Ale, während er im Kopf zusammenrechnete, was er in der letzten Woche verdient hatte. Es war nur ein Bruchteil dessen, was nötig sein würde, um die Angehörigen seines Clans durch den nächsten Sommer zu bringen. Steinmetzarbeiten wurden nicht sonderlich gut bezahlt. Dennoch hatte er mehr eingenommen, als er erwartet hatte. In Edinburgh wurde noch immer viel gebaut, so dass seine Auftragslage gut war.
    Er hob die Augen und ließ seinen Blick durch die Gaststube schweifen. Im Hog and Truffle Inn wurden trotz des rustikalen Namens anständige Mahlzeiten und ordentliches Bier serviert. Die Preise waren angemessen und die Bettlaken sauber. Ja, er hatte es gut getroffen. Sein Logierzimmer war zwar winzig, kleiner noch als das Ankleidezimmer daheim, aber er hatte es für sich allein. Und dennoch – wie sehr sehnte er sich nach den Highlands, nach seinem Zuhause. Noch bevor die erste Schneeflocke fällt, werde ich dort sein, schwor er sich.
    Als plötzlich irgendwo hinter ihm halblaut der Name "Eastonby" fiel, wurde James hellhörig. Eastonby? Dass in dieser Umgebung vom Earl of Eastonby gesprochen wurde, war verwunderlich. Interessiert lehnte er sich in seinen Stuhl zurück, nippte am Bier und lauschte.
    "Er hat wirklich seine Tochter dabei", flüsterte jemand mit rauer Stimme.
    "Wie erfreulich", antwortete ein anderer Mann, der ohne Akzent sprach. Im Hog and Truffle Inn ein derart reines Englisch zu hören, überraschte James.
    "Wir sollten bedenken, dass das Ärger geben könnte! Ihn zu töten, ist die eine Sache, aber sie …", meinte der erste Sprecher bedächtig. Er klang wie ein Schotte.
    "Ich bezahle Sie nicht fürs Denken. Wenn Sie an dem Auftrag interessiert sind, tun Sie einfach, was ich Ihnen sage!"
    Für einen Moment herrschte Stille.
    "In Ordnung. Auf der Straße nach York bei Solly's Copse soll es also sein?"
    "Jawohl. Sobald sie morgen Abend die Stadt verlassen. Und es wird keine Überlebenden geben. Haben Sie mich verstanden?" Mit fast unhörbar leiser Stimme präzisierte der Engländer, wo der Anschlag stattfinden sollte.
    Die beiden sind sturzbetrunken , war James erster Gedanke. In aller Öffentlichkeit Mordpläne zu schmieden – dazu muss man entweder betrunken oder wahnsinnig sein! Allerdings waren die übrigen Gäste mit dem Inhalt ihrer Krüge beschäftigt und saßen nicht in unmittelbarer Nähe zu den Attentätern. Er selbst hatte ein ausgezeichnetes Gehör. Anders hätte auch er kaum verstehen können, was die beiden getuschelt hatten.
    Nachdem das Attentat nun im Detail geplant war, würden die Männer sicher bald aufbrechen. Er musste vorher unbedingt noch einen Blick auf die beiden erhaschen. Sich umdrehen oder einfach aufstehen – das konnte er natürlich nicht. Damit würde er den beiden zu verstehen zu geben, dass er jedes Wort gehört hatte. Nein, er würde den Betrunkenen mimen. Langsam sackte er in sich zusammen und ließ sein Bierglas nach hinten fallen. Mit lautem Klirren zersprang es auf dem Boden. Ale spritzte in alle Richtungen, während James sich vom Stuhl gleiten ließ.
    Wie er erwartet hatte, drehten sich die beiden Männer mit einem Laut des Unwillens ruckartig zu ihm um. James lag auf dem Fußboden und blinzelte zu ihnen hoch, während sie ihn mit ein paar groben Worten beschimpften. Er grinste sie so lange an, bis er sich ihre Gesichter eingeprägt hatte. Dann seufzte er laut auf und täuschte Bewusstlosigkeit vor. Der kleinere der beiden Männer trat heftig gegen sein Bein, aber James blieb regungslos liegen. Immer noch aufgebracht beglichen die beiden ihre Rechnung und stampften aus dem Gasthof.
    Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, rollte James vorsichtig weg von den Scherben, erhob sich umständlich und torkelte zur Hintertür. Alle Anwesenden mussten annehmen, dass ihn ein menschliches Bedürfnis plage. Doch James hatte andere Pläne. Sobald er draußen war, eilte er um den Gasthof herum. Er hielt sich im Schatten und sah noch, wie die beiden Männer sich vor dem Wirtshaus trennten. Dem gut gekleideten Engländer folgte er. Er würde Eastonby warnen müssen.
     
    Zeitig stand James am nächsten Morgen auf, um den Aufenthaltsort des Earls of Eastonby ausfindig zu machen.
    Nachdem er im Royal Arms eingetroffen war, wartete er darauf, zu Eastonby vorgelassen zu werden. Es blieb ihm genug Zeit, in der pompösen Eingangshalle des Grandhotels auf einem Polstersessel
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