Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friß Vogel - oder stirb

Friß Vogel - oder stirb

Titel: Friß Vogel - oder stirb
Autoren: A. A. Fair
Vom Netzwerk:
1

    Der Vormittag war eine einzige Tretmühle gewesen, und nach der Mittagspause ließ es sich kaum besser an.
    Ich hatte einen komplizierten Fall bearbeitet, Unfall mit Versicherungsansprüchen und so weiter. Deshalb war ich fast eine volle Woche draußen in den Schützengräben rumgekrochen. Nun saß ich über den Berichten. Sie ins Stenogramm zu diktieren, reichte die Zeit nicht, und deshalb hatte Elsie Brand, meine Sekretärin, die Sache direkt in die Schreibmaschine aufnehmen müssen. Das Mädchen hatte sich blendend aus der Affäre gezogen, aber sogar die beste Sekretärin gerät ins Schwitzen, wenn sie so eine komplizierte Materie in die Maschine diktiert bekommt, mit einem Original und vier Kopien.
    Um drei Uhr war die Sache aber geritzt. Meinen Lippen entrang sich ein Seufzer der Erleichterung. Unser Klient wollte um fünf kommen und den Bericht von Bertha Cool entgegennehmen. Bertha Cool ist meine Partnerin in der Detektei.
    Sie hat eine Figur wie ein Sack Zement, aber ihre ausgekochte Art imponiert den Klienten. Ich erledige bei uns die Laufereien. Bertha leitet das Büro, setzt die Honorare fest — meistens jedenfalls — und kontrolliert die Ausgaben.
    Elsie riß die letzte Seite aus der Maschine. »Damit hat sich der Fall. Mit dem Material, das Sie ausgegraben haben, muß die Versicherung klein beigeben. Sie wird sich geradezu bei Ihnen bedanken, daß sie zahlen darf.«
    Ich nickte. »Wir werden Bertha die Berichte zum Lesen geben,
    S
    ehe der Klient auftaucht. Dann weiß sie, was sie ihm abknöpfen kann. Und wir machen erst mal Kaffeepause.«
    »Ich brauche jetzt mindestens zwei Tassen«, gab Elsie zu.
    Ich sammelte die Berichte ein und ging damit in Bertha Cools Allerheiligstes.
    Bertha saß in ihrem wackligen Drehstuhl hinter dem Schreibtisch, der die Narben vieler Finanzschlachten trug.
    »Fertig?« fragte sie.
    »Fertig.«
    Die Brillanten an ihrer Hand blitzten wie kaltes Feuer, als sie nach den Berichten langte.
    »Den ganzen Stuß soll ich bis fünf Uhr lesen?«
    »Er schließt den Fall ab«, erklärte ich.
    »Zu unseren Gunsten?«
    »Zugunsten unseres Klienten.«
    Bertha grunzte und setzte ihre Lesebrille auf. Dann machte sie sich über die Berichte her.
    »Setz dich.«
    »Nein danke, ich bin kaputt. Elsie und ich gehen Kaffee trinken.«
    Bertha sah nicht auf. »Ihr beide?« schnaubte sie.
    »Ganz recht, wir beide.« Ich marschierte hinaus.
    Elsie wartete schon. »Okay?«
    »Okay.«
    »Weiß sie, wohin wir gehen?«
    »Ja.«
    »Was hat sie gesagt?«
    Ich grinste nur.
    »Druckreif?«
    »Druckreif.«
    »Donnerwetter.«
    »Bertha war beschäftigt«, erklärte ich ihr, »sie las. Das beeinträchtigt ihre verbale Potenz. Kommen Sie, wir gehen.«
    Wir gingen in das Restaurant unten im Haus und fanden eine stille Ecke.
    »Eine große Kanne Kaffee«, bestellte ich, »getoastete Crackers und eine doppelte Portion Camembert.«
    »Donald!« rief Elsie entsetzt. »Meine Figur...«
    »... ist wunderbar!«
    Die Kellnerin enteilte. Ich setzte mich bequem zurück und entspannte mich. Es war eine verflucht anstrengende Geschichte gewesen. Und dann noch das Diktieren. Schließlich hatte ich genau mit Elsies Tipperei Schritt halten müssen, um sie nicht aus dem Konzept zu bringen.
    Die Kellnerin kam mit dem Kaffee. »Ich dachte mir, Sie wollen ihn bestimmt gleich haben«, meinte sie. »Der Käse kommt in ein paar Minuten, und wir toasten gerade die Crackers.«
    »Prima«, erwiderte ich.
    Der Mann, der in diesem Augenblick eintrat, blieb zögernd stehen und sah sich um. Er schien jemand zu suchen.
    Seine Augen streiften unsere Sitzecke und huschten gleich noch einmal zurück. Dann sah er schnell weg.
    Der Mann setzte sich an einen Tisch in der Mitte des Raumes. Von dort konnte er uns bequem im Auge behalten.
    »Elsie«, sagte ich, »sehen Sie jetzt nicht hin, aber ich glaube, wir werden beschattet.«
    »Aber um Himmels willen, warum denn?«
    »Keine Ahnung.«
    »Der Mann, der eben reinkam?«
    »Ja.«
    »Was, in aller Welt, kann der wollen?«
    »Na, zunächst wird er wahrscheinlich Kaffee und Kuchen bestellen. Aber in Wahrheit ist er gekommen, weil ihm jemand erzählt hat, daß wir hier sitzen.«
    »Wahrscheinlich kam er ins Büro, um Sie zu sprechen, und Bertha hat ihm gesagt, wo wir sind.«
    »Wohl kaum«, erwiderte ich. »Er sieht aus, als hätte er Geld. Und wenn ein potentieller Klient käme und nach Geld aussähe, würde Bertha ganz anders reagieren. Sie würde ihm sagen: Nehmen Sie nur Platz, mein Herr, er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher