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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten
Autoren: Aufbau
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anders sein? Wir von Imleach erkennen die Ansprüche von Ard Macha nicht an, es bleibt dabei. Selbst in deinen nördlichen Königreichen gibt es viele fromme Häuser, die sich weigern, Ard Macha als den Mittelpunkt der
parochia Patricii
zu betrachten. Warum also sollten wir es tun, wenn es nicht einmal die Klöster von Ulaidh machen?« Er hob die Hand zum Zeichen, daß er nicht unterbrochen zu werden wünschte. »Ich spreche von Tatsachen, mein lieber Bruder in Christo.«
    »Dann nenn sie bei Namen!« forderte Bruder Drón gereizt. »Nenn uns die religiösen Häuser des Nordens, die Ard Macha das Recht verwehren, unter den fünf Königreichen eine Vorrangstellung einzunehmen.«
    Abt Ultán preßte die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und warf einen verärgerten Blick auf seinen Schreiber. Er hatte offensichtlich begriffen, daß er mit Abt Ségdae jemanden vor sich hatte, der nicht Dinge behauptete, ohne sich in den Fakten auszukennen. Bruder Drón hoffte vielleicht, ihn der Großsprecherei zu überführen, aber Ultán glaubte eher, daß sein Gegner wußte, wovon er redete.
    Abt Ségdae blieb die Freundlichkeit in Person und gab die gewünschte Auskunft.
    »Die Abtei von Ard Sratha, im Gebiet der Uí Fiachracha gelegen, verweigert sich euren Ansprüchen. War es nicht der heilige Eógan, der vor über hundert Jahren mit eigenen Händen jene Steinkirche errichtete und noch davor eins der wichtigsten Zentren der Gelehrsamkeit im Norden schuf?«
    Bruder Madagan, sein Verwalter, nickte eifrig. »Der heilige Patrick höchstpersönlich begründete das Haus in Dumnach hUa nAilello und ließ drei seiner Schüler da, die die Einrichtung leiten und dort wirksam werden sollten – Macet, Cétgenund Rodan«, wußte er zu berichten. »Überall in den fünf Königreichen sind ihre Werke bekannt, und die Bischöfe von dort lassen es nicht gelten, daß Ard Macha wichtiger sei als ihre Abtei. Im Königreich von Laigin erhebt das Haus von Brigid in Cill Dara im Land der Uí Faéláin den Anspruch darauf, das oberste Glaubenshaus der fünf Königreiche zu sein. Und Cogitosus bezeichnet in der Tat Cill Dara als die
principalis ecclesia
. Warum also sollten wir nicht Cill Dara statt Ard Macha den Vorzug geben?«
    Ein weiteres Mal erhob Abt Ségdae die Hand und gebot somit Bruder Madagan, der in seiner Aufzählung fortfahren wollte, zu schweigen. Mit herausforderndem Lächeln sah er Abt Ultán direkt ins Gesicht.
    »Gewiß legst du nicht Wert darauf, daß wir dir alle Einrichtungen auflisten, die nicht gewillt sind, Abt Ségéne als
archiepiscopus
anzuerkennen?«
    Abt Ultán wurde hochrot und fühlte sich außerstande, zu antworten.
    »Wir mögen ja hier im Süden wohnen«, fuhr Abt Ségdae fort, und sein Ton entbehrte nicht einer Spur Schadenfreude, »aber wir haben dennoch Augen zu sehen und Ohren zu hören. Wir sind in all diesen Fragen durchaus bewandert.«
    Verärgert räusperte sich sein Gast. Abt Ségdae stand auf und führte die Hände zu den Ohren, als wollte er sie sich zuhalten. »Hören wir auf damit«, sagte er ernst. »Soll Ard Macha tun und lassen, was es für richtig hält. Wir werden hier keine Übereinstimmung finden, also lassen wir den Streit. Übermorgen ist auf unseres Königs Burg von Cashel ein großes Fest angesagt. Die Schwester unseres Königs wird heiraten. Morgen früh reiten mein Verwalter und ich nach Cashel, wo ich den Vorsitz bei den religiösen Zeremonienführen werde. Friede und Freude sollen herrschen. Wie ich höre, haben viele Könige, auch die aus dem Norden, ihr Kommen zugesagt. Also sollten auch wir, lieber Bruder in Christo, diesen Tag ausklingen lassen, wie es wahren Brüdern im Glauben geziemt – in Frieden und Brüderlichkeit. Vergessen wir fürs erste unsere strittigen Auffassungen, machen wir uns lieber gemeinsam auf den Weg nach Cashel.«
    Abt Ultán blieb mißgelaunt. »Ich hatte durchaus die Absicht, nach Cashel zu reisen, aber nicht, um fröhlich zu feiern«, tat er mürrisch kund.
    Abt Ségdae stöhnte innerlich, sagte aber nichts. Er setzte sich auch nicht wieder, obwohl Abt Ultán keine Anstalten machte, sich zu erheben. Seine Begleiter waren alle drei aufgestanden, das verlangte der Anstand. Es gehörte sich nicht, sitzen zu bleiben, wenn der Gastgeber, selbst Abt und Bischof, stand. Nur zögernd und umständlich löste sich Abt Ultán von seinem Sitz.
    »Meine Reise nach Cashel dient einzig und allein dem Zweck, Einspruch gegen diese Eheschließung zu erheben«, erklärte
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