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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition)
Autoren: Petra Oelker
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werden schreiben, da habe ihm einer die Kehle durchgeschnitten, weil die sich was anderes nicht vorstellen können. Hier ist die Kehle, die bekanntlich vorne im Hals sitzt, aber nicht mal angekratzt. Wenn einer einem anderen ‹die Kehle durchschneidet›, meint das im Prinzip einen Schnitt von rechts nach links oder umgekehrt. Das klassische Verfahren: Der Mörder steht hinter dem Opfer, umfasst es und zieht die Klinge ruck, zuck von links nach rechts durch den Hals, oder umgekehrt, wenn er ein Linkshänder ist. Klar. Wenn er hübsch tief ansetzt, geht es auch durch die Kehle.»
    «Wenn nicht Hemdkragen und Krawatte im Weg sind?»
    «Stimmt. Das macht die Sache natürlich schwieriger. Erst recht, wenn der Kragen tüchtig gestärkt ist oder aus Pappe – schwierig, schwierig. Solche Kragen sind im Leben manchmal unbequem, dafür können sie sich bei Mordanschlägen dieser Art als lebensrettend erweisen. Unbedingt. Unser Opfer hier hat einen weichen und niedrigen Hemdkragen, ich dachte immer, so was tragen vor allem Künstler. Bohemiens, sozusagen. Hätte er einen höheren oder so einen Pappkragen getragen, hätte er den Anschlag wahrscheinlich überlebt. Jedenfalls wenn er dann schnell gerannt wäre. Einer, der es auf diese Weise mit dem Messer versucht, gibt nicht einfach auf und lässt sein Opfer davonkommen, oder? Messermörder sind besondere Leute. Andererseits – wenn der Überfallene um Hilfe schreit und eines der vielen Fenster hier aufgeht, wenn dann einer noch ‹Ruhe, verdammt noch mal!› oder gleich nach der Polizei schreit …»
    Ekhoff hüstelte vernehmlich, und der Arzt schlug sich an die Stirn. «Ich kann die Maschine da oben einfach nicht abstellen. Das reinste Perpetuum mobile. Meine Frau sagt, ich soll lieber medizinische Detektivgeschichten aufschreiben, Fortsetzungsromane für Zeitungen, dann komme endlich genug Geld in die Haushaltskasse. Was ich übrigens bezweifele. Aber wenn Sie mal beim Grübeln über einen Fall feststecken, klopfen Sie bei mir. Auch nach Mitternacht, ich bin immer gern zu Diensten. Wo waren wir gerade, als mein Geist auf Abwege geriet?»
    «Sie wollten erklären, warum dies kein Schnitt durch die Kehle ist, obwohl die Journalisten es so nennen werden. Was daran besonders ist.»
    «Ach ja.»
    «Herr Kriminalkommissar.» Ein Schupo stand in respektvollem Abstand von zwei Schritten hinter Ekhoff. «Wenn ich mir erlauben darf, daran zu erinnern: Heute ist Markttag. Die Leute stehen mit ihren Gemüsekörben hinter der Absperrung, noch mehr sitzen unten in ihren Booten und wollen auf den Platz. Sie fragen, ob es noch lange dauert und wer ihren Verdienstausfall bezahlt.»
    Dr. Winkler lachte. «Verdienstausfall. Hat man so was schon von Bauern gehört? Die lernen schnell von den Arbeitern, was? Demnächst streiken auch noch die Bauern und lassen die Rüben in der Erde verfaulen.»
    Ekhoff fehlte meistens der Sinn für solche Scherze, heute Morgen ganz besonders. «Es dauert so lange, wie es dauert», erklärte er dem Schupo, «wie immer. Sagen Sie das den Leuten. Natürlich trödeln wir nicht rum.» Er sah sich auf dem Platz um, sah die Menschen, die sich stauenden Fuhrwerke, dahinter eine Straßenbahn – alle warteten. Erstaunlich, dass nicht längst die ersten Straßenhändler die gute Gelegenheit nutzten und ihre Bauchläden aufklappten. Sein Blick glitt über die Häuserreihe, da war kaum noch ein Fenster, aus dem das Geschehen auf dem Meßbergmarkt nicht verfolgt wurde.
    «Also mich kurzfassen, ich werd’s versuchen», erklärte Dr. Winkler. «Was ich sagen wollte: Die Kehle ist nicht mal angekratzt, nur die Halsschlagader an der linken Seite ist durchtrennt. Hier war ein Könner am Werk, Ekhoff. Der mit dem Messer, für einen solchen Schnitt muss es scharf wie ein Rasiermesser sein, ja, also, der mit dem Messer steht vor seinem Opfer», Dr. Winkler stellte sich dem Kommissar gegenüber in Positur, «machen Sie mal das Opfer, Ekhoff, dann zeige ich Ihnen, was ich meine. Also, er steht vor Ihnen, etwas seitlich wohl, vielleicht kommt er Ihnen auch entgegen, geht schnell vorbei – nun treten Sie doch mal zur Seite, Dolfhaus», herrschte er seinen Gehilfen an. «Sie stehen dem Mörder im Weg! Er geht an seinem Opfer vorbei, dabei hebt er blitzschnell den Arm, und – ratsch! – schlitzt er Ihnen seitlich den Hals auf, durchtrennt die Schlagader – und ein paar Sekunden, höchstens Minuten später – Exitus.»
    Dr. Winkler ließ aufschnaufend den Arm sinken. Der
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