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Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens
Autoren: Christian Knieps
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Geschwister liebte, auch wenn die Zwillinge Annika zum gerne benachteiligten Sandwich-Kind machten, einer Theorie, die ihre Mutter wie auch sie selbst gerne nutzte, um ihre schwere Zeit zu beschreiben. Auch wenn sich ihre Beziehung heute zu einem weitaus besseren gewendet hatte, waren sie beide jedoch niemals fähig, so etwas wie beste Freundinnen zu sein, wie es Tammy mit ihrer Mutter war, die beide zudem noch im selben Haus wohnten. Nach ihrem Auszug von zu Hause war Tammys Mutter so etwas wie ihre Ersatzmutter geworden, denn es vergingen einige Nachmittage und Abende, die Annika bei Tammy verbrachte, ehe die beiden Freundinnen merkten, wie vorteilhaft es war, dass Annika bereits eine eigene Wohnung besaß, deren Einzugsgebiet die Innenstadt mitsamt ihren Diskotheken war.
Annikas Gedanken an ihre Zeit der Rebellion gegenüber ihrem Elternhaus wurden abrupt in die Gegenwart gezwungen, als Nele in ihr Büro kam und sie unvermittelt ansprach. Nele war ihre andere Bürofreundin und das komplette Gegenteil von Ariane: wenn am dünnsten eine weitere Steigerung kennen würde, dann wäre es Nele. Außerdem besaß sie wohl jeden Nagellack in jeder Farbe, den es jemals gegeben hatte. Sie war die Freundin, die Annika brauchte, um ihre modischen Themen zu besprechen oder über die Männer im Büro zu lästern. Bei diesen Gesprächen drehte sich Ariane des Öfteren weg oder verließ sogar das Büro, weil sie nicht einsah, dass man über Kollegen in dieser Form tratschte, wenn diese nicht anwesend waren.
Doch Nele war in diesem Moment nicht vorbeigekommen, um über ihre Kollegen zu reden, sondern weil ihr Ariane gesteckt hatte, dass es ihrer Freundin nicht gut ginge und sie vielleicht etwas Aufmunterung gebrauchen könnte. Annika empfand das Vorbeikommen und das Kümmern ihrer beiden besten Kolleginnen als Wohltat und ließ ihre Arbeit trotz der Vielzahl an offenen Fragestellungen sofort liegen und wandte sich der inzwischen sitzenden Nele zu.
Annika erzählte auch ihr die Geschehnisse vom gestrigen Morgen nach, wie sie am Bahnhof Marco verabschiedete und sich danach unendlich leer fühlte. Nele antwortete, dass sie eine wahre Expertin in solchen Gefühlen sei, und es war Annika klar, dass sie damit meinte, dass es wohl kaum eine weibliche Person in diesem Unternehmen gab, die so viele Beziehungen hinter sich hatte wie Nele. In Annikas Augen war Nele einfach nur beziehungsunfähig, und wenn es dazu kam, dass ein Mann mehr als ein paar Monate mit ihr aushielt, war es Nele, die den Typen entweder zu langweilig oder zu fordernd empfand, und als Konsequenz abservierte.
Das sei ein klassischer Fall, kommentierte Nele Annikas Geschichte. Ein klassischer Fall, in dem man eines Tages erwacht und merkt, dass die Liebe fort ist, die man die ganze Zeit zu spüren geglaubt hatte.
Ihre Liebe sei nicht weg, widersprach Annika. Es sei nur merkwürdig, wie kalt Marco sie behandelt hatte, und die Frage sei doch wohl eher, ob seine Liebe nicht weg sei und er sich nicht getraut habe, ihr den Laufpass zu geben. Und dass er den Ausweg Afrika gewählt hat, um die quasi vorbestimmten Wege der beiden zu verlassen.
Das wäre durchaus denkbar, schwenkte Nele auf Annikas Meinung ein, als wäre ihre vorherige Meinung nichts weiter als heiße Luft. Das würde auch erklären, warum Marco ihr nichts gesagt hat, bevor das Jahr nicht unter Dach und Fach war. Aber warum habe sie dann nicht wenigstens nach der Ankündigung, dass er für ein Jahr nach Afrika ging, den wahren Grund von ihm verlangt, wollte Nele wissen.
Weil sie Angst hatte, dass er ihr den Laufpass gab, erwiderte Annika als Versuch einer Erklärung und sah das Mienenspiel in Neles Gesicht, das zwischen Abscheu und War-ja-klar-bei-dir alles ausdrücken konnte.
Annika kannte Nele nicht anders. Sie war schon immer eine Frau der klaren Worte gewesen, die es nicht vertragen konnte, wenn die Männer nicht frei heraus erklärten, was denn mit ihnen los sei. Dazu sagte Nele noch einige Dinge, die sie mit Marco gemacht hätte, wenn es ihr Lebensgefährte gewesen wäre, und Annika war augenblicklich klar, dass Nele wohl die falsche war, mit der sie dieses Thema besprechen wollte. Doch ganz im Gegenteil ließ Nele nicht locker und fragte Annika, was sie denn nun machen wollte, denn es wäre ja wohl keine Möglichkeit, ein Jahr auf eine Antwort zu warten. Um dann vielleicht den Laufpass zu bekommen!
Vor dieser Möglichkeit hatte sich Annika seit Marcos Eröffnung gefürchtet und immer, wenn sie
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